In der Corona-Krise haben sich viele Menschen einen Hund angeschafft. Das hat Folgen: Der illega­le Handel nimmt zu. Das Nürnber­ger Tierheim päppelt gerade 101 geschmug­gel­te Welpen auf.

NÜRNBERG (dpa) — Das Schick­sal von 101 geschmug­gel­ten Hunde­wel­pen in Nürnberg berührt viele Menschen: Das Tierheim bekommt jede Menge Spenden wie Bettwä­sche zum Kuscheln und Futter, worüber sich Leite­rin Tanja Schna­bel sehr freut.

Doch das große Inter­es­se hat auch eine Kehrsei­te: Seit Tagen riefen ständig Menschen an, die einen der Hunde abholen oder reser­vie­ren wollten — und reagier­ten zum Teil sauer, wenn Schna­bel das ablehne.

«Die Hunde stehen nicht zur Vermitt­lung», betont Schna­bel. «Die müssen jetzt erstmal zur Ruhe kommen und fit werden. Viele haben Durch­fall.» Darauf weist das Tierheim auch ausdrück­lich auf seiner Facebook-Seite hin. Doch es gebe Menschen, die dafür kein Verständ­nis haben, klagt Schnabel.

Die Polizei hatte Mitte März in Nürnberg einen Trans­por­ter mit ungari­schen Kennzeich­nen kontrol­liert und dabei die 101 Welpen entdeckt. Diese sollten den Papie­ren zufol­ge in Belgi­en in den Handel kommen. Die völlig erschöpf­ten Hündchen, darun­ter unter­schied­lichs­te Rassen wie Bernhar­di­ner und Dackel, kamen ins Tierheim. Zurzeit sind sie dort in Tollwut-Quaran­tä­ne. «Einige sind unter acht Wochen alt. Die hätten von der Mutter nicht getrennt werden dürfen», sagt Schnabel.

In der Corona-Krise haben sich viele Menschen einen Hund angeschafft. Nach Angaben des Deutschen Tierschutz­bunds haben dadurch auch die unseriö­sen Angebo­te im vergan­ge­nen Jahr deutlich zugenom­men. Die Zahl der illegal gehan­del­ten Hunde hat sich nach einer Auswer­tung der Tierschüt­zer im vergan­ge­nen Jahr im Vergleich zu 2019 mehr als verdop­pelt. Demnach wurden 2020 rund 1000 solcher Hunde entdeckt. Doch die Dunkel­zif­fer ist nach Einschät­zung des Tierschutz­bun­des noch viel höher.

Ende Febru­ar befrei­te die Düssel­dor­fer Polizei 34 geschwäch­te Welpen aus einem Klein­trans­por­ter und nahm zwei mutmaß­li­che illega­le Hunde­händ­ler vorläu­fig fest. Der Klein­trans­por­ter mit ungari­schem Kennzei­chen war einem Zeugen aufge­fal­len. Bei der Kontrol­le entdeck­ten die Beamten die apathisch wirken­den Welpen, die offen­kun­dig länge­re Zeit nicht gefüt­tert worden waren und auch kaum Frisch­luft bekamen.

Beamte der Bundes­po­li­zei entdeck­ten Anfang März in Sachsen an der Grenze zu Tsche­chi­en zehn Hunde­wel­pen im Koffer­raum eines Autos. Der Fahrer des Wagens habe keine Dokumen­te zum Beispiel über Impfun­gen der jungen Hunde vorwei­sen können, hatte die Bundes­po­li­zei mitge­teilt. Den Ermitt­lun­gen zufol­ge soll der Mann die Welpen von Rumäni­en aus nach Sachsen gebracht haben. Gegen den Fahrer leite­ten die Beamten ein Ermitt­lungs­ver­fah­ren wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutz­ge­setz ein.

Dass es sich auch bei den Nürnber­ger Hunden um einen illega­len Trans­port handelt, bestä­tigt das Ordnungs­amt. Hunde dürften frühes­tens im Alter von 15 Wochen aus dem Ausland einrei­sen, weil sie einen ausrei­chen­den Impfschutz gegen Tollwut haben müssten, sagt Leiter Robert Pollack. Eine Impfung sei erst bei 12 Wochen alten Hunden möglich. Danach muss sich noch der Impfschutz aufbau­en. Die Alters­an­ga­ben der Hunde seien deshalb alle gefälscht gewesen. Im Moment prüft das Ordnungs­amt, ob auch ein Verstoß gegen das Tierschutz­ge­setz vorliegt.

Wie es mit den Welpen weiter­geht, ist nach Pollacks Worten noch unklar. «Wir gehen davon aus, dass sie zunächst im Tierheim bleiben.» Für die Mitar­bei­ter dort bedeu­tet das jede Menge Arbeit — und Kosten. Jeder Hund koste pro Tag 25 Euro, sagt Pollack. Am Ende bleibe das wahrschein­lich bei der Stadt — und damit beim Steuer­zah­ler — hängen.

Die Stadt wird seinen Angaben nach versu­chen, den Züchter aus Ungarn oder die Empfän­ger in Belgi­en für die Kosten für Tierarzt, Impfung und Unter­brin­gung heran­zu­zie­hen. Doch Pollack macht sich keine großen Hoffnun­gen. «Solche Trans­por­te kommen leider ständig vor, und die Erfah­run­gen zeigen, dass man an das Geld nicht mehr herankommt.»

Viele der Trans­por­te kommen nach Angaben des Landes­tier­schutz­ver­bands Bayern aus Ungarn oder Rumäni­en. In Bayern greift die Polizei immer wieder illega­le Welpen auf, die zum Teil unter furcht­ba­ren Umstän­den geschmug­gelt werden. So habe ein Polizist auf der Autobahn 8 einen jungen Zwerg­spitz aus Ungarn in einem Koffer entdeckt, schil­dert die Präsi­den­tin des Landes­tier­schutz­ver­ban­des, Ilona Wojahn, auf der Website des Vereins einen beson­ders drasti­schen Fall. Der kleine Kerl habe vermut­lich über Stunden Todes­ängs­te ausge­stan­den, meint sie.

Dass sich jetzt so viele Menschen für die Welpen im Nürnber­ger Tierheim inter­es­sie­ren, sieht Schna­bel auch aus einem anderen Grund kritisch: Auf lange Sicht, meint sie, wird der aktuel­le Hunde-Boom wohl dazu führen, dass mehr Tiere im Tierheim landen. Erste Anfra­gen von überfor­der­ten Neu-Besit­zern seien bei ihr schon eingegangen.