KARLSRUHE (dpa/lsw) — Viel Schnee im Winter, Hochwas­ser im Sommer, und nicht dauernd so schweiß­trei­ben­de Tempe­ra­tu­ren wie in den vergan­ge­nen Jahren. Auch mit Blick aufs Wetter war 2021 irgend­wie anders, dürfte mancher meinen. Und da ist auch was dran, wie Exper­ten mit Daten belegen.

Es ist nicht nur eine gefühl­te Wahrheit: Das zu Ende gehen­de Jahr war in Baden-Württem­berg kühler und deutlich feuch­ter als die Vorjah­re. Schon im Januar verzeich­ne­te die Landes­an­stalt für Umwelt Baden-Württem­berg (LUBW) erheb­lich mehr Nieder­schlag im Vergleich zum langjäh­ri­gen Mittel. Vieler­orts riesel­te der als Schnee herab. Aber gerade im Sommer erreich­ten die Nieder­schlags­men­gen Werte deutlich über den Vergleichs­wer­ten aus den vergan­ge­nen Jahrzehn­ten. Das Ergeb­nis: «Die Grund­was­ser­stän­de und Quell­schüt­tun­gen haben sich erholt und sind derzeit im Normal­be­reich», sagte die Leite­rin der Abtei­lung Nachhal­tig­keit und Natur­schutz, Svea Wiehe, der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe.

Gerade im Sommer haben Stark­re­gen­er­eig­nis­se auch in manchen Regio­nen im Südwes­ten ihre Spuren hinter­las­sen. Landes­weit gab es den Angaben nach 40 Prozent mehr Nieder­schlag als im Mittel der letzten 30 Jahre. So erreich­ten die Werte im Juni dieses Jahres 160 Milli­me­ter, im Mittel der Jahre 1991 bis 2020 waren es gerade einmal 90 Millimeter.

Das sei ein ähnli­cher Überschuss wie in Rhein­land-Pfalz, sagte Sabri­na Plegniè­re aus dem Kompe­tenz­zen­trum Klima­wan­del der LUBW unter Berufung auf Daten des Deutschen Wetter­diens­tes. In Nordrhein-Westfa­len habe die Nieder­schlags­sum­me im Sommer 25 Prozent über dem Schnitt gelegen. Beide Bundes­län­der waren von extre­men Hochwas­sern mit Dutzen­den Toten und immensen Schäden betrof­fen. Das zeigt aus Sicht von Plegniè­re, dass sich lokale Ereig­nis­se nicht anhand solcher gemit­tel­ten Daten ablesen lassen.

Sowohl der Frühling als auch die Monate seit Septem­ber liegen beim Nieder­schlag jedoch schon wieder deutlich unter den Vergleichs­wer­ten vergan­ge­ner Dekaden. Wie lange sich die Grund­was­ser­vor­rä­te im Südwes­ten daher im Normal­be­reich befin­den, bleibt abzuwarten.

Vergli­chen mit Vorjah­ren war 2021 aber nicht nur nasser, sondern auch kühler. An der Messsta­ti­on in Rhein­stet­ten bei Karls­ru­he zum Beispiel habe es nur acht heiße Tage mit Tempe­ra­tu­ren über 30 Grad gegeben, sagte Plegniè­re. Selbst im Zeitraum 1961 bis 1990 seien es mit durch­schnitt­lich 12 Tagen mehr gewesen, in der Vergleichs­pe­ri­ode 1991 bis 2020 waren es sogar 21 heiße Tage.

Während der Frühling eher kühler war, lag hinge­gen der Juni über den Mittel­wer­ten, wie Wiehe deutlich machte. Nach drei sehr heißen und trocke­nen Jahren habe die Natur wieder etwas aufat­men können.

Langfris­tig gesehen verzeich­nen die LUBW-Exper­tin­nen aller­dings starke Anstie­ge bei den Tempe­ra­tu­ren. Allein seit 2000 habe es 17 Jahre gegeben, die zu den 20 wärms­ten in Baden-Württem­berg zählten, sagte Wiehe. Die Tendenz verschie­de­ner Model­le für die kommen­den Jahre sei ebenfalls eindeu­tig: «Wir müssen uns auf trocke­ne­re, heiße­re Sommer und nasse­re, milde­re Winter einstel­len.» In der Konse­quenz kann das zum Beispiel heißen, dass künftig manche Winter ganz ohne Eis und Schnee auskom­men, wie Plegniè­re erklärte.

Schon jetzt liege die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur am Feldberg bei über 4 Grad, im Mittel der Jahre 1961 bis 1990 seien es noch 3 Grad gewesen. Das ist zwar gerade mal ein Anstieg von gut einem Grad. Tiere und Pflan­zen, die niedri­ge­re Tempe­ra­tu­ren gewohnt und daran angepasst sind, stellt das aber vor große Heraus­for­de­run­gen. In den kommen­den Jahren sei zudem damit zu rechnen, dass manche Pflan­zen früher blühen, dann aber von Spätfrös­ten erwischt werden.

In wärme­ren Regio­nen wie dem Oberrhein­gra­ben um Karls­ru­he wieder­um könnte es Plegniè­re zufol­ge sein, «dass wir in ferner Zukunft zwei Monate lang heiße Tage haben». Das einzi­ge, das laut Wiehe helfen kann: «Wir müssen ambitio­nier­ten Klima­schutz betrei­ben und uns mit geeig­ne­ten Maßnah­men an die unver­meid­ba­ren Folgen anpassen.»