LONDON (dpa) — Per Notzu­las­sung hat Großbri­tan­ni­en dem sehnlich erwar­te­ten Corona-Impfstoff von Biontech und Pfizer die Freiga­be erteilt — nun geht es los. Und auch das Militär könnte dabei eine Rolle spielen.
 

Vor allen EU-Staaten will Großbri­tan­ni­en heute mit flächen­de­cken­den Impfun­gen gegen Corona begin­nen. Zuerst sollen über 80-Jähri­ge Mitar­bei­ter und Bewoh­ner in Pflege­hei­men sowie beson­ders gefähr­de­tes medizi­ni­sches Perso­nal das Mittel des Mainzer Herstel­lers Biontech und seines US-Partners Pfizer erhal­ten. Dabei handelt es sich um etwa sechs Millio­nen Menschen. Der briti­sche Premier­mi­nis­ter Boris Johnson sprach von einem «riesi­gen Schritt vorwärts».

50 Klini­ken sollen als Impfzen­tren dienen. Die Behör­den zeigten sich bereit: «Alle Teile des Verei­nig­ten König­reichs haben Dosen mit dem Corona-Impfstoff erhal­ten», schrieb Gesund­heits­mi­nis­ter Matt Hancock bei Twitter. Wie die Vizeche­fin des natio­na­len Gesund­heits­diensts NHS, Saffron Cordery, sagte, sollen bis zum Jahres­en­de vier Millio­nen Dosen mit dem Impfstoff ins Land kommen. Das würde Impfun­gen für zwei Millio­nen Menschen bedeu­ten, da pro Person zwei Dosen für den vollen Schutz notwen­dig sind. Insge­samt hat das Land 40 Millio­nen Dosen bestellt, damit können damit 20 Millio­nen Briten geimpft werden — das ist etwas weniger als ein Drittel der Bevölkerung.
 

Für die meisten Menschen werde es jedoch noch weit bis ins neue Jahr dauern, bis sie geimpft werden könnten, hieß es vom NHS. Ein Regie­rungs­spre­cher sagte, dass der Großteil der schutz­be­dürf­ti­gen Menschen im Januar oder Febru­ar geimpft werde. Die Behör­den beton­ten, der Impfstoff sei «sicher und effektiv».

Premier­mi­nis­ter Johnson rief alle Menschen, die Anspruch auf eine Impfung haben, dazu auf, sich auch wirklich impfen zu lassen. Thron­fol­ger Prinz Charles dankte allen, die an der Entwick­lung des Impfstof­fes betei­ligt waren. Dank des Mittels könnten die Menschen nun mit neuer Hoffnung nach vorne schau­en, sagte er.

Gesund­heits­exper­tin Helen Donovan sagte der BBC, das größte Risiko liege darin, dass Geimpf­te rund drei Wochen nach dem ersten Termin auch die zweite Dosis verab­reicht bekom­men müssten. Dabei soll eine Impfkar­te als Nachweis helfen, die gleich­zei­tig eine Erinne­rung an den zweiten Impfter­min ist. Größe­re Impfzen­tren — etwa in Fußball­sta­di­en — sollen erst öffnen, wenn mehr Impfstoff zur Verfü­gung steht.

Die logis­ti­sche Heraus­for­de­rung ist groß, weil das Mittel bei minus 70 Grad Celsi­us gekühlt werden muss. Die briti­sche Regie­rung will Medien­be­rich­ten zufol­ge das in Belgi­en produ­zier­te Präpa­rat notfalls mit Militär­flug­zeu­gen einflie­gen, damit es nicht im befürch­te­ten Brexit-Verkehrs­chaos stecken bleibt. Ein Regie­rungs­spre­cher wollte das nicht bestä­ti­gen, sagte aber: «Das Militär wird eine wichti­ge Rolle spielen bei der enormen logis­ti­schen Herausforderung.»

Großbri­tan­ni­en ist eines der am stärks­ten von Corona betrof­fe­nen Länder in Europa. Am Montag melde­te die Regie­rung 14.718 weite­re Corona-Fälle, 189 Menschen seien inner­halb von 28 Tagen nach einem Positiv­test gestor­ben. Insge­samt gab es bisher etwa 77.000 Todes­fäl­le, die mit Covid-19 in Verbin­dung stehen. Premier Johnson beton­te, die Massen­imp­fung werde einige Zeit dauern. Deshalb müssten weiter­hin alle Hygie­ne­re­geln einge­hal­ten werden .

In der vergan­ge­nen Woche war Großbri­tan­ni­en vorge­prescht und hatte früher als alle EU-Staaten per Notfall­zu­las­sung dem Impfstoff eine Freiga­be erteilt. Russland hatte am Wochen­en­de in seiner Haupt­stadt Moskau mit großan­ge­leg­ten Impfun­gen gegen das Corona­vi­rus begon­nen und gehört damit zu den ersten Ländern weltweit, die ihre Bevöl­ke­rung in größe­rem Stil gegen die Lungen­krank­heit Covid-19 impfen lassen. Auch in China wird bereits geimpft. Dabei werden zunächst jeweils Impfstof­fe heimi­scher Herstel­ler verwendet.

Von der Europäi­sche Arznei­mit­tel-Agentur Ema wird die wichti­ge Entschei­dung über eine Zulas­sung des Biontech/P­fi­zer-Impfstoffs noch im Dezem­ber erwar­tet. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn hatte betont, die EU habe sich für ein gemein­sa­mes Vorge­hen entschieden.