BERLIN (dpa) — Tierschüt­zer befürch­ten in Folge der «extre­men Nachfra­ge nach Haustie­ren» in Zeiten von Corona eine Abgabe­wel­le. Einige der mehr als 550 deutschen Tierhei­me berich­ten bereits jetzt davon.

In Anbetracht von Impffort­schrit­ten und niedri­ge­rer Infek­ti­ons­zah­len befürch­ten Tierschüt­zer hierzu­lan­de zahlrei­che Abgaben von in der Pande­mie angeschaff­ten Haustieren.

«Die Tierhei­me berich­ten bereits von einigen “Corona-Abgaben”», sagte Lea Schmitz, Spreche­rin des Deutschen Tierschutz­bun­des, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Eine größe­re Abgabe­wel­le gibt es aber zum Glück noch nicht. Dennoch ist die Sorge groß», sagte Schmitz.

Wegen der entspann­te­ren Corona-Lage gilt für Deutsch­land seit dieser Woche erstmals nach rund sechs Monaten wieder eine milde­re Risiko­be­wer­tung. Für Gastro­no­mie, Touris­mus und Kultur­le­ben werden gleich­zei­tig wieder Locke­run­gen möglich.

Solche Aussich­ten könnten bei Tierschüt­zern für Unruhe sorgen. «Wir sind uns leider sehr sicher, dass wir Ende des Jahres die Tierhei­me bis unters Dach mit abgege­be­nen Tieren voll haben werden», so Annet­te Rost vom Berli­ner Tierschutz­ver­ein. Das Tierheim in der Haupt­stadt gilt als das größte Europas.

Über eine Fläche von 16 Hektar werden dort im Schnitt 1300 Tiere täglich von 180 festan­ge­stell­ten Mitar­bei­tern und über 600 Ehren­amt­li­chen versorgt. «Wir haben Gekkos, Ponys, Riesen­wür­ge­schlan­gen, aber auch Hunde, Katzen, Hamster sowie Enten, Gänse und eine sehr große Vogel­sta­ti­on», sagte Rost.

Was passiert, wenn das Tier zur Last wird?

In den letzten Wochen seien bereits die ersten in der Pande­mie angeschaff­ten Hunde abgege­ben worden. «Wir haben einen Fall, da wurde ein Schäfer­hund-Husky-Mix abgege­ben, weil der Hund in der Puber­tät ein kleiner Drauf­gän­ger gewor­den ist», sagte Rost. Ein großes Problem sei auch der illega­le Welpenhandel.

Eine ähnli­che Entwick­lung wie in Berlin zeigt sich zum Beispiel in München. In den letzten Wochen habe man bereits einige Tiere aufneh­men müssen, «die von bishe­ri­gen Haltern erst während der letzten 12 bis 14 Monate, also während der Pande­mie, neu angeschafft wurden», sagte eine Spreche­rin des dorti­gen Tierschutzvereins.

Trotz der gestie­ge­nen Nachfra­ge in Zeiten von Corona verzeich­nen etwa die zustän­di­gen Stellen in Hamburg, Dresden oder Frank­furt am Main keine vermehr­ten Abgaben. «Da es aber in Deutsch­land jetzt erst zu leich­ten Locke­run­gen kommt, muss man hier noch abwar­ten, wie es sich entwi­ckelt», sagte eine Spreche­rin vom Tierschutz­ver­ein Frank­furt am Main.

Mehr als 550 Tierhei­me in Deutschland

Nach Infor­ma­tio­nen des Kölner Tierschutz­ver­eins ging dort zum Beispiel die Nachfra­ge nach Katzen und Hunden «stark zurück». Auf eine mögli­che Abgabe­wel­le können sich Einrich­tun­gen demnach meist «nur schlecht» vorbe­rei­ten. Sollten die Befürch­tun­gen eintref­fen, sei nicht auszu­schlie­ßen, dass einzel­ne der mehr als 550 Tierhei­me in Deutsch­land die Tiere nicht sofort aufneh­men könnten und mögli­cher­wei­se Hunde oder Katzen ausge­setzt würden.

Wenn sich Hunde­hal­ter mit ihrem Tier überfor­dert fühlen, empfiehlt die Stiftung Vier Pfoten, eine Hunde- oder Welpen­schu­le mit dem Schütz­ling zu besuchen. «Zur Überbrü­ckung voller Arbeits­ta­ge können zum Beispiel Hunde­ta­ges­stät­ten aushel­fen», ergänz­te eine Spreche­rin auf dpa-Anfrage.

Nach Einschät­zung der Tierschutz­stif­tung werden erfah­rungs­ge­mäß Hunde vermehrt zur Urlaubs­sai­son abgege­ben. Wer sich die Corona-Zeiten mit einem Welpen­kauf erträg­li­cher machen wollte, steht nun vor «unbedach­ten Heraus­for­de­run­gen», wie die Spreche­rin sagte. «Die Leidtra­gen­den sind stets die Tiere.»