FRIEDRICHSHAFEN/HAGNAU — Mit festli­chen und teils sehr persön­li­chen Anspra­chen sowie einem Großen Zapfen­streich ist Landrat Lothar Wölfle am Freitag­abend, 12. Mai 2023 nach 16 Jahren und zwei vollen Amtspe­ri­oden feier­lich aus dem Amt verab­schie­det worden. 

Der stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­dent, Minis­ter Thomas Strobl, und der Präsi­dent des Landreis­ta­ges Baden-Württem­berg, Landrat Joachim Walter, und weite­re Festred­ner waren ins Hagnau­er Gwand­haus gekom­men, um die Verdiens­te Wölfles als obers­ter Reprä­sen­tant des Boden­see­krei­ses zu würdi­gen. An der Abschieds­fei­er nahmen rund 240 Gäste teil, darun­ter Abgeord­ne­te, Kreis­rä­te, Wegbe­glei­ter, Mitar­bei­ten­de der Kreis­be­hör­de, Angehö­ri­ge und Freun­de Wölfles sowie der im Febru­ar vom Kreis­tag gewähl­te, designier­te Landrat des Boden­see­krei­ses, Luca Wilhelm Prayon. 

In seiner Festan­spra­che beton­te der stell­ver­tre­ten­de Minis­ter­prä­si­dent Thomas Strobl, dass Landrat Wölfle sehr viel im Boden­see­kreis bewegt habe. Als Beispie­le nannte er die Inves­ti­tio­nen in die Bildung und die Verkehrs­in­fra­struk­tur, das Engage­ment Wölfles für die Entwick­lungs­chan­cen junger Menschen und nicht zuletzt das Krisen­ma­nage­ment des Landkrei­ses sowohl bei der Versor­gung geflüch­te­ter Menschen als auch in der Pande­mie. Der Boden­see­kreis als führen­des Technologie‑, Wirtschafts- und touris­ti­sches Zentrum würde ohne den unermüd­li­chen Einsatz seines Landrats gemein­sam mit den Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­te­rin­nen der Kreis­ver­wal­tung heute nicht so gut daste­hen, stell­te der Spitzen­po­li­ti­ker fest. 

„Sie waren Landrat mit Leib und Seele und Kommu­nal­po­li­ti­ker aus Überzeu­gung. Für Ihre Arbeit haben Sie viel Wertschät­zung erfah­ren, auch aus der Bevöl­ke­rung,“ wandte sich Minis­ter Strobl anerken­nend direkt an Lothar Wölfle. Er benann­te Charak­ter­ei­gen­schaf­ten Wölfles, die diesen für ihn persön­lich zu einem vertrau­ens­vol­len politi­schen Partner und persön­li­chen Wegbe­glei­ter gemacht hätten: Fleiß, Pflicht­be­wusst­sein, Sachkun­de, Verläss­lich­keit und Klarheit.

Als stell­ver­tre­ten­der Vorsit­zen­der des Kreis­tags hob Markdorfs Bürger­meis­ter Georg Riedmann unter anderem das lösungs­ori­en­tier­te Mitein­an­der und die trans­pa­ren­te Arbeits­wei­se im politi­schen Gremi­um des Landkrei­ses als Verdiens­te Wölfles hervor. Der Präsi­dent des Landkreis­tags Baden-Württem­berg, Landrat Joachim Walter, brach­te ebenfalls seine Wertschät­zung für Wölfles Wirken für die kommu­na­le Seite zum Ausdruck. Für die Oberbür­ger­meis­ter, Bürger­meis­te­rin und Bürger­meis­ter der Städte und Gemein­den des Boden­see­krei­ses sprach Neukirchs Bürger­meis­ter Reinhold Schnell als hiesi­ger Kreis­ver­bands­vor­sit­zen­der des Gemein­de­tags. Die rund 1.350 Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter des Landrats­amts wurden durch dessen Perso­nal­rats­vor­sit­zen­den Uwe Achil­les vertre­ten. Er beton­te, dass Wölfle immer hinter bezie­hungs­wei­se vor „seinen Leuten“ stand. „Sie waren ein guter Chef“, fasste das Achil­les zusammen.

Lothar Wölfle wollte in seiner Abschieds­an­spra­che auf einen aktuel­len politi­schen Querver­weis nicht verzich­ten: Die Landkrei­se, Städte und Gemein­den hätten in den Krisen der zurück­lie­gen­den Jahre ihre Leistungs­fä­hig­keit unter Beweis gestellt und wesent­lich zu deren Bewäl­ti­gung beigetra­gen. Der Trend, immer mehr Aufga­ben und immer komple­xe­re gesetz­li­che Vorga­ben auf die kommu­na­le Seite zu verla­gern, dürfe nicht so weiter­ge­hen. Die Politik müsse lernen, dass weniger mehr ist und Standards nicht stetig wachsen könnten. Verspre­chun­gen zu machen und Erwar­tun­gen zu wecken, die faktisch nicht erfüll­bar sind, führe zu Frust und Politikverdrossenheit.

Wichti­ger sei es ihm heute aber, „Danke“ zu sagen, so Wölfle. Sein Credo und seine Motiva­ti­on sei es immer gewesen, daran arbei­ten zu können, das Leben der Menschen im Landkreis „an der einen oder anderen Stelle etwas besser zu machen, als es am Tag zuvor war.“ 

Wölfle wörtlich:

„Das hat entschei­dend dazu beigetra­gen, dass ich am Ende meiner 16 Jahre als Landrat des Boden­see­krei­ses, am Ende von insge­samt 43 Jahren Kommu­nal­po­li­tik und am Ende von 37 Berufs­jah­ren als Rechts­an­walt, Bürger­meis­ter und Landrat vor allem eines empfin­de: Dankbar­keit. Ich bin dankbar, dass ich all die Jahre mit und für Menschen arbei­ten durfte. Ich bin dankbar, dass ich immer Kolle­gin­nen und Kolle­gen um mich hatte, die mit mir diese Arbeit gemacht haben. Ich bin dankbar, dass mich der Kreis­tag des Boden­see­krei­ses zweimal als Landrat gewählt hat. Ich bin froh, dass wir im Kreis­tag cum grano salis (latei­nisch: mit einem Korn Salz; sinnge­mäß: in den aller­meis­ten Fällen) in fast allen wichti­gen Punkten einen frakti­ons­über­grei­fen­den Konsens erzielt haben. Und ich bin dankbar, dass ich von dem Menschen im Landkreis viel Zuspruch für meine Arbeit erhal­ten habe. Aber auch berech­tig­te Kritik hilft. Auch dafür danke ich vor allem denen, die diese in sachli­cher und fairer Form vorge­bracht haben.“

Sicht­lich gerührt verab­schie­de­te sich Wölfle in seiner Rede auch persön­lich von engen Wegbe­glei­tern, Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­tern, seinen Vorgän­gern im Amt und allen, die ihm diesen Abschied berei­tet und ermög­licht haben.

Die Gäste brach­ten ihre Anerken­nung mit langem, herzli­chen Applaus zum Ausdruck.

Eine beson­de­re Freude war dem schei­den­den Landrat, dass an diesem Abend der neue und eigens für den Landkreis kompo­nier­te Kreis­marsch „Echt Boden­see“ urauf­ge­führt wurde. Das Musik­stück des in Mecken­beu­ren leben­denden Kompo­nis­ten Bernhard Wagner wurde von einem spezi­ell hierfür gebil­de­ten Projektorches­ter gespielt. Der Öffent­lich­keit wird der Kreis­marsch am 24. Mai beim Jubilä­ums­kon­zert im Rahmen des Boden­see­fes­ti­vals im Fried­richs­ha­fe­ner Graf-Zeppe­lin-Haus präsentiert.

Die Bürger­mi­liz Sipplin­gen ehrte Lothar Wölfle mit einem Großen Zapfen­streich, der im Hof vor dem Hagnau­er Rathaus aufge­führt wurde. Mehre­re Hundert Menschen waren der Einla­dung des Landrats gefolgt und sahen sich das Zeremo­ni­ell an. Stimmungs­vol­le und bewegen­de Momen­te waren dabei das Musik­stück „We are the world“, dass sich Wölfle gewünscht hatte, und die Natio­nal­hym­ne zum Abschluss.

Lothar Wölfe hatte am 14. Mai 2007 das Amt des Landrats des Boden­see­krei­ses angetre­ten. Nach einer sehr klaren Wieder­wahl durch den Kreis­tag im Febru­ar 2015 begann seine zweite Amtszeit am 14. Mai 2015. Diese endet nun mit Ablauf des 13. Mai 2023. Lothar Wölfle, der im Frühjahr 65 Jahre alt wurde, wechselt in den Ruhestand, seinen dritten Lebens­schnitt, wie er betont. Nach eigenem Bekun­den strebt er kein politi­sches Amt mehr an, sondern möchte seine Erfah­run­gen und Kennt­nis­se ehren­amt­lich im Rahmen des Senior Expert Service (engl., SES) für Entwicklungs‑, bürger­schaft­li­che oder Firmen­grün­dungs­pro­jek­te zur Verfü­gung stellen.