HAMBURG (dpa) — «Sonder­zug nach Pankow», «Andrea Doria» und «Cello»: Mit seinen Songs hat Udo Linden­berg die deutschen Charts erobert. Jetzt ist der «Panik­prä­si­dent» auch Ehren­bür­ger seiner Wahlhei­mat Hamburg.

Viele Fans wollten, dass er einmal Bundes­prä­si­dent wird. Seit Mittwoch ist Panikro­cker Udo Linden­berg (76) immer­hin Hambur­ger Ehren­bür­ger — und das ist die höchs­te Auszeich­nung, die die Stadt Hamburg zu verge­ben hat. Der gebür­ti­ge Westfa­le aus Gronau, der seit Ende der 1960er Jahre in Hamburg lebt, reiht sich damit ein in eine illus­tre Schar von Persön­lich­kei­ten. Neben Politi­kern wie Altkanz­ler Helmut Schmidt (1918–2015) und Schrift­stel­lern wie Siegfried Lenz (1926–2014) gehören der kürzlich gestor­be­ne Fußbal­ler Uwe Seeler, Kinder­buch­au­to­rin Kirsten Boie und Unter­neh­mer Micha­el Otto zu den Hambur­ger Ehrenbürgern.

Seit der Verlei­hung der ersten Ehren­bür­ger­wür­de im Jahr 1813 an Fried­rich Karl Freiherr von Tetten­born ist Linden­berg der 37. Ehren­bür­ger der Stadt und nach Johan­nes Brahms die erste Persön­lich­keit aus der Welt der Musik. Bürger­meis­ter Peter Tschent­scher (SPD) hatte Linden­berg anläss­lich seines 75. Geburts­tags im Mai 2021 vorge­schla­gen. Wegen der langan­hal­ten­den Corona-Beschrän­kun­gen konnte die Auszeich­nung aber erst jetzt verlie­hen werden — was Linden­berg offen­sicht­lich sport­lich nahm.

Festakt im Großen Festsaal des Rathauses

Nachdem er zunächst vor dem Rathaus mit Passan­ten Selfies gemacht hatte, sagte er beim Festakt im Großen Festsaal vor rund 350 gelade­nen Gästen — wie gewohnt ausge­stat­tet mit Hut, Sonnen­bril­le und Nieten­gür­tel — er habe schon bei seinem ersten Hamburg­be­such am 13. Dezem­ber 1968 gewusst, dass er in die Hanse­stadt gehöre. Hamburg sei alles, was er immer gesucht habe, Weltof­fen­heit und reich­lich korrek­ten Rock’n’Roll, sein persön­li­ches Eldora­do. «Dass diese geile knalleb­un­te Musik- und Kultur­stadt mich jetzt zu ihrem Ehren-Paniker macht, ist natür­lich ein absolu­ter Hammer und eine Riesenehre.»

«Danke, dass ich jetzt Euer Ehren-Rock’n’Roller bin», sagte Linden­berg, um dann mit dem Hambur­ger Schul­chor Gospel Train sein Lied «Wozu sind Kriege da» zu singen. Ebenfalls musika­lisch beglei­ten wollten den Festakt Linden­bergs Freund Jan Delay und Johan­nes Oerding.

Linden­berg gehört zu Deutsch­lands erfolg­reichs­ten Musikern

Linden­berg wurde am 17. Mai 1946 in Gronau (Nordrhein-Westfa­len) geboren. Seit Ende der 1960er Jahre lebt er in Hamburg, seit den 1990er Jahren in einer Suite im Hotel «Atlan­tic». Mit mehr als fünf Millio­nen verkauf­ten Tonträ­gern und zahlrei­chen Gold- und Platin-Alben zählt Linden­berg zu den erfolg­reichs­ten deutschen Musikern der Gegen­wart. Heute engagiert er sich gegen Rechts­extre­mis­mus und unter­stützt nach Senats­an­ga­ben mit seiner eigenen Stiftung kultur­po­li­ti­sche, humani­tä­re und sozia­le Projek­te in Deutsch­land und Afrika. Inzwi­schen hat sich Linden­berg auch als Autor und Maler von Aquarel­len — einige hängen im Kanzler­amt — einen Namen gemacht.

In der dem Festakt voran­ge­gan­ge­nen Bürger­schafts­sit­zung hatten sich mit Ausnah­me der AfD alle Abgeord­ne­ten begeis­tert von der Idee einer Ehren­bür­ger­schaft für Linden­berg gezeigt, stimm­ten dem Antrag des Senats entspre­chend mit großer Mehrheit zu. «Udo Linden­berg ist eine heraus­ra­gen­de Persön­lich­keit unserer Stadt», beton­te Bürger­meis­ter Tschent­scher. Neben seinen musika­li­schen Leistun­gen würdig­te er vor allem Linden­bergs Bemühen um die inner­deut­sche Verstän­di­gung und sein Engage­ment gegen Gewalt, Rechts­extre­mis­mus und Diskri­mi­nie­rung. «Er ist Botschaf­ter für Toleranz, Frieden und Freiheit. Mit anderen Worten: Udo Linden­berg ist Hanse­at, nicht von Geburt, aber aus Überzeugung.»

Hamburgs Zweite Bürger­meis­te­rin Katha­ri­na Fegebank (Grüne) beton­te: «Wir sind wahnsin­nig stolz, dass er Hamburg zu seiner Heimat gemacht hat und zum Vorbild für viele Künst­le­rin­nen und Künst­ler gewor­den ist.» Hamburg trage seinen Namen und seinen Sound im Herzen, «für jetzt und immer». Opposi­ti­ons­füh­rer und CDU-Frakti­ons­chef Dennis Thering sagte, Linden­bergs Musik gehöre defini­tiv zur Geschich­te der deutschen Wieder­ver­ei­ni­gung. «Durch sein Wirken ist er Hamburg als Musiker und auch als grafi­scher Künst­ler, als Maler, seit Jahren verbunden.»

Beim Festakt beton­te Parla­ments­prä­si­den­tin Carola Veit: «Das Nusche­li­ge in der Stimme und die Mischung aus Rotzig­keit, Empathie, Sozial­kri­tik und Ironie machen Dich unver­wech­sel­bar.» Linden­berg sei ein Symbol für die weltof­fe­ne, bunte, libera­le Haltung der Stadt Hamburg gewor­den, «in der jeder sein Ding so leben darf wie er es denn möchte — solan­ge er dieses Recht auch allen anderen zugesteht».

Von Markus Klemm, dpa