Mit wider­sprüch­li­chen Aussa­gen zum Nutzen von Alltags­mas­ken hat Ärzte­kam­mer-Chef Klaus Reinhardt auf sich aufmerk­sam gemacht. Zwar bekräf­tig­te er auch ihre Wirkung, doch es gibt Kritik — für verschie­de­ne Aussagen.

Er sei von den Alltags­mas­ken nicht überzeugt, «weil es auch keine tatsäch­li­che wissen­schaft­li­che Evidenz darüber gibt, dass die tatsäch­lich hilfreich sind», sagte er in der ZDF-Talkshow «Markus Lanz» vom Mittwoch­abend. «Schon gar nicht im Selbst­schutz und wahrschein­lich auch nur ganz wenig im Schutz, andere anzuste­cken.» Dennoch befür­wor­te­te er das Tragen in manchen Situa­tio­nen. Die Ärzte­ge­werk­schaft kriti­sier­te ihn und beton­te, die Aussa­gen stünden im Wider­spruch zur Studienlage.

Reinhardt sagte in der Talkshow, er glaube, dass man den Mund-Nasen-Schutz tragen könne, wo man den Abstand nicht wahren könne, etwa im öffent­li­chen Nahver­kehr oder in Räumlich­kei­ten, wo man notwen­di­ger­wei­se eng beiein­an­der sei. Zum Tragen an der frischen Luft sagte er: «Ich glaube, dass das wenig bringen wird.» An einigen Orten ist die Masken­pflicht auf viel frequen­tier­ten öffent­li­chen Straßen und Plätzen angeord­net, an denen es nicht genug Raum zum Abstand­hal­ten für alle gibt. Reinhardt sprach an einer Stelle auch von einem «Vermum­mungs­ge­bot».

Am Donners­tag bekräf­tig­te er in einer gemein­sa­men Mittei­lung der Ärzte­kam­mer-Spitze, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schut­zes in bestimm­ten Situa­tio­nen sinnvoll ist: «Dieser ist zwar kein siche­rer Schutz vor einer eigenen Infek­ti­on, hilft aber, durch eine mecha­ni­sche Reduk­ti­on der Aerosol-Verbrei­tung andere zu schützen.»

Auch am Mittwoch­abend hatte er trotz seiner Zweifel in der Talkshow gesagt: «Die Maske hat eine Wirkung, ja. Punkt.» Ob sie in der Form wirke, «wie wir sie tragen», als Alltags­mas­ke oder halbfeucht und eine Woche nicht gewaschen, sei etwas anderes.

Die Vorsit­zen­de der Ärzte­ge­werk­schaft Marbur­ger Bund, Susan­ne Johna, kriti­sier­te, gerade in der jetzi­gen Phase der Pande­mie komme es darauf an, mit klaren Botschaf­ten die Bevöl­ke­rung über den notwen­di­gen Infek­ti­ons­schutz aufzu­klä­ren. Leider habe Reinhardt den Eindruck erweckt, «dass für ihn Alltags­mas­ken zum Schutz vor einer Anste­ckung mit dem Corona­vi­rus nur von gerin­gem Wert sind. Diese persön­li­che Auffas­sung des Bundes­ärz­te­kam­mer-Präsi­den­ten steht im Wider­spruch zur aktuel­len Studi­en­la­ge und ist geeig­net, das seit Monaten wirksa­me und evidenz­ge­stütz­te Konzept zur Minimie­rung von Infek­tio­nen zu diskre­di­tie­ren.» Für den Verband stehe außer Frage, dass Alltags­mas­ken das Risiko einer Übertra­gung reduzierten.

Das Robert Koch Insti­tut (RKI) empfiehlt das Tragen von Alltags­mas­ken in bestimm­ten Situa­tio­nen als Baustein, um Risiko­grup­pen zu schüt­zen und die Ausbrei­tungs­ge­schwin­dig­keit zu reduzieren.

Der SPD-Gesund­heits­po­li­ti­ker Karl Lauter­bach bezeich­ne­te Reinhardts Wortwahl «Vermum­mungs­ge­bot» auf Twitter als «unent­schuld­bar» für den «ranghöchs­ten deutschen Ärzte­funk­tio­när». «Aus meiner Sicht ein Rücktritts­grund, wenn er das nicht sofort zurück­nimmt», schrieb er. Dazu äußer­te sich Reinhardt am Donners­tag nicht.