ERFURT (dpa) — In Thürin­gen zeich­net sich ein politi­scher Umbruch ab: Die AfD gewinnt an Boden. Die Zufrie­den­heit mit der Landes­re­gie­rung sinkt weiter.

Die AfD in Thürin­gen kommt einer Umfra­ge des Mittel­deut­schen Rundfunks (MDR) zufol­ge aktuell auf 34 Prozent. Das sind neun Prozent­punk­te mehr als bei der letzten Befra­gung vor rund einem Jahr.

Laut dem «Thürin­gen­trend», den Infra­test dimap im Auftrag des MDR erhoben hat, kommen die Partei­en der aktuel­len Koali­ti­on — Linke, SPD und Grüne — zusam­men auf fast die gleiche Prozent­zahl wie die AfD allein.

De CDU liegt mit 21 Prozent (minus 1 Prozent­punkt) auf dem zweiten Platz — knapp vor der Linken, für die 20 Prozent der Befrag­ten (minus 2) stimmen würden. Auch die anderen Landtags­par­tei­en verlie­ren im Vergleich zur letzten Umfra­ge. Die SPD kommt aktuell auf zehn Prozent (minus 1). Die Grünen würden mit fünf Prozent (minus 2) knapp den Einzug in den Landtag schaf­fen. Die FDP wäre mit vier Prozent (minus 1) nicht mehr im Landes­par­la­ment vertreten.

Keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün

Die Regie­rungs­bil­dung bliebe bei einem solchen Wahler­geb­nis schwie­rig: Weder Rot-Rot-Grün noch eine andere derzeit in Deutsch­land prakti­zier­te Koali­ti­on hätten eine Mehrheit. Die nächs­te Landtags­wahl in Thürin­gen findet voraus­sicht­lich im Herbst 2024 statt. Als mögli­cher Termin wurde zuletzt der 1. Septem­ber genannt.

Die Zufrie­den­heit mit der Landes­re­gie­rung ist der Umfra­ge zufol­ge weiter gesun­ken. Aktuell sind demnach nur noch 37 Prozent der Befrag­ten mit der Regie­rung zufrie­den. Das sind drei Prozent­punk­te weniger als vor einem Jahr — und den Angaben zufol­ge der schlech­tes­te Wert, den Infra­test dimap jemals für Rot-Rot-Grün ermit­telt hat.

«In vielen Bundes­län­dern gibt es eine ähnli­che Tendenz»

Thürin­gens Minis­ter­prä­si­dent Bodo Ramelow hat davor gewarnt, das Umfra­ge­hoch der AfD als ostdeut­sches Phäno­men zu stigma­ti­sie­ren. «In vielen Bundes­län­dern gibt es eine ähnli­che Tendenz, in West und Ost», sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur. Empörung und Alarmis­mus würden da wenig helfen — «das führt nicht dazu, zu reflek­tie­ren, was gesell­schaft­lich falsch läuft». Die Thürin­ger AfD zeigt nach Auffas­sung von Ramelow, «wie sich die AfD zu einer moder­nen faschis­ti­schen Partei wandelt».

Der AfD-Umfra­ge­wert sollte Anlass sein, über Ängste und Anzei­chen einer perma­nen­ten Überfor­de­rung vieler Menschen — begin­nend mit der Corona-Pande­mie — nachzu­den­ken, sagte Thürin­gens Regie­rungs­chef. Das gelte auch für Fehler «wie wir politisch kommu­ni­zie­ren». Dafür sei die Debat­te über das Heizungs­ge­setz der Bundes­re­gie­rung nur ein Beispiel.

Der Regie­rungs­chef räumte aber auch Fehler seiner rot-rot-grünen Koali­ti­on in den vergan­ge­nen Monaten ein. Zu den 37 Prozent, die mit der Landes­re­gie­rung zufrie­den sind, sagte er: «Ich nehme diesen Wert persön­lich sehr ernst und werde das auch in der Koali­ti­on bespre­chen in den nächs­ten Tagen.» Es müsste künftig schnel­ler umgesetzt werden, was beschlos­sen sei. Viel zu schlep­pend sei das bei der Zusage erfolgt, dass das Land die Kosten für Flücht­lings­un­ter­künf­te übernimmt, die die Kommu­nen vorhalten.

Ramelow belieb­tes­ter Politiker

Die Liste der belieb­tes­ten Politi­ker wird weiter von Ramelow angeführt. Mit der Arbeit des einzi­gen linken Regie­rungs­chefs sind 51 Prozent der Befrag­ten zufrie­den — zwei Prozent­punk­te weniger als vor einem Jahr. Mit deutli­chem Abstand folgt FDP-Landes­chef Thomas Kemme­rich mit 21 Prozent Zustim­mung (plus 2) auf dem zweiten Platz. Knapp dahin­ter liegt der AfD-Landes­vor­sit­zen­de Björn Höcke mit 19 Prozent (plus 3).

Gefragt nach einer künfti­gen Regie­rungs­ko­ali­ti­on sprachen sich 31 Prozent für ein Bündnis von AfD und CDU aus. 78 Prozent der AfD-Anhän­ger sind für eine solche Koali­ti­on — und 13 Prozent der CDU-Anhän­ger. Jeweils 27 Prozent der Befrag­ten wären für eine Neuauf­la­ge von Rot-Rot-Grün oder eine Koali­ti­on aus CDU, SPD und FDP. 26 Prozent befür­wor­ten ein Bündnis von Linke und CDU, 21 Prozent eine Koali­ti­on aus CDU, SPD und Grünen und 13 Prozent ein Vierer­bünd­nis aus CDU, SPD, Grünen und FDP.

Bei der Landtags­wahl 2019 hatte die Linke 31 Prozent erreicht, dahin­ter lag die AfD mit 23,4 Prozent. Die CDU kam auf 21,7 Prozent, die SPD auf 8,2 Prozent, die Grünen auf 5,2 und die FDP auf 5,0. Ramelow führt eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung.