Die zweite Corona-Welle ist deutlich schlim­mer als die im Frühjahr. Dass die derzei­ti­gen Beschrän­kun­gen Ende Novem­ber auslau­fen, erwar­tet kaum noch jemand. Doch wie geht es im Dezem­ber weiter?

Am Montag wollen ihre Chefs die Vorla­ge der Länder für die Beratun­gen am Mittwoch mit Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) festzur­ren. Und eines zeich­net sich seit Tagen schon ab: Eine Verlän­ge­rung des Teil-Lockdowns ist höchst­wahr­schein­lich. Bundes- ebenso wie Landes­po­li­ti­ker sehen keinen anderen Weg, Christ­de­mo­kra­ten ebenso wie Sozialdemokraten.

Vizekanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte der «Bild am Sonntag» («BamS»): «Alles spricht dafür, dass die aktuel­len Beschrän­kun­gen über den 30. Novem­ber hinaus noch eine Zeit lang fortge­setzt werden müssen.» Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) sagte der Zeitung: «Um ein schönes Weihnach­ten verbrin­gen zu können, müssen wir den Lockdown verlän­gern und sicher auch vertie­fen.» Der CSU-Chef fügte hinzu: «Mindes­tens so lange, bis wir wieder den Inzidenz­wert von 50 erreicht haben.»

Gemeint sind 50 Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen. Dieser Wert war bereits bei Erlass der verschärf­ten Beschrän­kun­gen Anfang Novem­ber als Zielmar­ke genannt worden, denn dann wird angenom­men, dass das Gesund­heits­sys­tem nicht dauer­haft überlas­tet wird. Derzeit liegt der Wert bei rund 140.

Söder sagte: «Wenn wir jetzt auf diesem hohen Niveau der Infek­ti­ons­zah­len den Lockdown abbre­chen und die Geduld verlie­ren, dann geht alles wieder von vorne los und wir landen am Ende bei noch härte­ren Maßnah­men als jetzt in Tsche­chi­en oder Öster­reich.» Und: «Lieber jetzt einen länge­ren Lockdown als eine komplet­te Ausgangs­be­schrän­kung über Weihnachten.»

Die Unions­län­der dringen daher auf eine Verlän­ge­rung der Corona-Beschrän­kun­gen bis mindes­tens Weihnach­ten, wie «Bild» (Online) aus einer Vorbe­spre­chung der unions­ge­führ­ten Bundes­län­der vor dem anste­hen­den Bund-Länder-Treffen berichtet.

Was bedeu­tet das …?

FÜR DIE NÄCHSTEN WOCHEN: Ohne eine Verlän­ge­rung müssten die Beschrän­kun­gen eigent­lich Ende Novem­ber auslau­fen. Wie lange sie darüber hinaus dauern sollen, scheint noch nicht sicher ausge­macht zu sein. «Auf jeden Fall zwei oder besser drei Wochen», sagt Söder. Drei Wochen — das wäre bis kurz vor Weihnach­ten. Das Wirtschafts­ma­ga­zin «Business Insider» hat unter Berufung auf Länder­krei­se das Datum 20. Dezem­ber genannt. Söder verbin­det seine Ansage aber mit der Erinne­rung an den Inzidenz­wert 50 als Zielmar­ke — auch das lässt einiges offen.

FÜR WEIHNACHTEN:

Einig sind sich «Bild» zufol­ge die Unions­län­der, dass Kontakt­be­schrän­kun­gen zumin­dest über die Weihnachts­fei­er­ta­ge gelockert werden sollten, damit Menschen ohne Familie das Fest mit Freun­den feiern können. Auch die SPD-regier­ten Länder wollen Locke­run­gen für die Festta­ge, wie die «BamS» weiter berich­tet. Die rhein­land-pfälzi­sche Minis­ter­prä­si­den­tin Malu Dreyer (SPD) sagte der Zeitung: «Weihnach­ten und Silves­ter sollen die Menschen ihre Liebs­ten treffen können.» Zuvor hatte schon Kanzler­amts­chef Helge Braun dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (Samstag) gesagt: «Es ist für mich nicht vorstell­bar, dass die Großel­tern an Weihnach­ten nicht mitfeiern.»

FÜR SILVESTER:

Söder sagt, Weihnach­ten solle «freier» sein, «dafür Silves­ter wieder konse­quen­ter». Für Silves­ter wünscht er sich ein Böller- oder Alkohol­ver­bot auf größe­ren Plätzen. «Ein generel­les Böller­ver­bot braucht es aber nicht.»

FÜR SCHULEN:

Die Kultus­mi­nis­ter der Länder behar­ren darauf, sie grund­sätz­lich offen­zu­hal­ten, plädie­ren aber nach Infor­ma­tio­nen des Nachrich­ten­por­tals «ThePio­neer» (Samstag) und der Deutschen Presse-Agentur für Ausnah­men. Nach einem Beschluss vom Freitag sollen in Hotspot-Gebie­ten mit sehr vielen Infek­tio­nen beson­ders betrof­fe­ne Schulen ab der 11. Klasse auf einen «rollie­ren­den Präsenz­un­ter­richt» in verklei­ner­ten Lerngrup­pen umstel­len können, also einen Wechsel von Lernen in der Schule und zuhau­se. In einem zweiten Schritt ist das auch für untere Klassen­stu­fen weiter­füh­ren­der Schulen vorge­se­hen. Die Abschluss­klas­sen sollen in jedem Fall in der Schule bleiben. Die Unions­län­der wollen etwas Ähnli­ches: In Corona-Hotspots mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 200 soll es ab der 7. Klasse Wechsel­un­ter­richt geben.

Die bishe­ri­ge Haltung der Länder, dass Schulen generell keine Treiber der Pande­mie seien, sei «nicht mehr haltbar», sagt der Direk­tor des virolo­gi­schen Univer­si­täts­in­sti­tuts in Düssel­dorf, Jörg Timm, der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Sonntags­zei­tung». Kleine­re Kinder steck­ten sich zwar selte­ner mit dem Virus an, könnten es aber weiter­ge­ben. Kinder ab zwölf seien «genau­so anste­ckungs­fä­hig wie Erwach­se­ne»: «Daher spielen Schul­kin­der defini­tiv eine Rolle.»

An beson­ders coronabe­trof­fe­nen Schulen sollen nach dem Willen der Kultus­mi­nis­ter vermehrt Tests durch­ge­führt werden. Nach Zulas­sung eines Impfstof­fes soll das schuli­sche Perso­nal nach ihrer Forde­rung vorran­gig ein Impfan­ge­bot erhalten.

FÜR DIE EINZELNEN LÄNDER:

Nach dem Willen der Unions­län­der sollen laut «Bild» Länder und Landkrei­se mit weniger als 50 Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­nern inner­halb von sieben Tagen die Möglich­keit bekom­men, die Corona-Maßnah­men auszu­set­zen («Opt-Out-Regelung»). Davon könnten nach dem Stand von Samstag­abend nur Schles­wig-Holstein und Mecklen­burg-Vorpom­mern sowie rund zwei Dutzend Landkrei­se profitieren.

FÜR DEN HANDEL:

Der Einzel- und Großhan­del wollen die Unions­län­der weiter offen lassen. Verkaufs­of­fe­ne Advents­sonn­ta­ge sehen sie dem Bericht zufol­ge jedoch äußerst skeptisch.

FÜR UNTERNEHMER:

Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz will die Hilfen für Unter­neh­men, die wegen der Corona-Beschrän­kun­gen schlie­ßen müssen, gegebe­nen­falls auch im Dezem­ber weiter zahlen. «Wenn die Beschrän­kun­gen verlän­gert werden, ist für mich klar, dass die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung der direkt betrof­fe­nen Branchen dann ebenfalls weiter nötig ist», sagte der Vizekanz­ler und SPD-Kanzler­kan­di­dat der «Bild am Sonntag».