BERLIN (dpa) — Ein harmo­ni­sches Mitein­an­der sieht anders aus: Wochen­lang hat die Ampel jetzt über das Heizungs­ge­setz, den Bundes­haus­halt und die Kinder­grund­si­che­rung gestritten.Das Gezer­re bleibt nicht ohne Folgen.

Der wochen­lan­ge Streit in der Ampel lässt die Zustim­mungs­wer­te zur Politik der Koali­ti­on weiter sinken. Nach einer Insa-Umfra­ge im Auftrag der «Bild am Sonntag» sind 70 Prozent der Menschen in Deutsch­land mit der Arbeit der Bundes­re­gie­rung unzufrie­den. Nur 23 Prozent der Befrag­ten zeigten sich zufrie­den. Grünen-Chef Omid Nouri­pour sagte der Zeitung selbst­kri­tisch: «Die letzten Wochen waren sicher kein Glanz­stück.» Die Ampel habe viel hinbe­kom­men, aber «manches war zuwei­len etwas anstren­gend und aufrei­bend für alle, da ist sicher­lich Luft nach oben».

FDP-Frakti­ons­chef Chris­ti­an Dürr sah die hefti­gen Debat­ten zwischen den Ampel-Partei­en gelas­se­ner. «Wir müssen vielleicht in Deutsch­land wieder ein Stück weit lernen, dass Parla­men­ta­ris­mus auch mit Ausein­an­der­set­zung zu tun hat», sagte er im Inter­view der Woche des Deutsch­land­funks. Sein Partei­freund Micha­el Theurer, FDP-Landes­chef in Baden-Württem­berg und Staats­se­kre­tär im Bundes­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um, argumen­tier­te bei einem Landes­par­tei­tag ähnlich: «Ich glaube, wir sind mittler­wei­le im Normal­zu­stand leben­di­ger Demokra­tie angekommen.»

Die Erste Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­re­rin der SPD-Frakti­on, Katja Mast, rief zu Mäßigung und Rückkehr zur Sachlich­keit auf — nahm dabei aber vor allem die Union in den Blick. «Es nützt uns demokra­ti­schen Kräften nichts, wenn sich die politi­sche Ausein­an­der­set­zung weiter verschärft. Nur denje­ni­gen, die unsere Demokra­tie verach­ten und zerset­zen wollen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zugleich warf sie CDU/C­SU-Frakti­ons­chef Fried­rich Merz (CDU) vor, es gehe ihm «offen­sicht­lich nur um populis­ti­schen Krawall».

Entschei­dung nach der Sommerpause

SPD, Grüne und FDP hatten monate­lang über das Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz (GEG) mit den Heizungs­re­ge­lun­gen gestrit­ten. Dessen Verab­schie­dung im Bundes­tag am vergan­ge­nen Freitag wurde vom Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt gestoppt. Nun soll in der ersten Sitzungs­wo­che nach der Sommer­pau­se am 8. Septem­ber darüber entschie­den werden. Weite­re aktuel­le Streit­the­men waren und sind der Haushalt 2024 wegen der Sparvor­ga­ben von Finanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner (FDP), die davon betrof­fe­ne Kinder­grund­si­che­rung und das Eltern­geld. Beides fällt in den Zustän­dig­keits­be­reich von Famili­en­mi­nis­te­rin Lisa Paus (Grüne).

Aus dem Streit um das GEG zog FDP-Frakti­ons­chef Dürr eine Lehre: «Um es auf den Punkt zu bringen, wir sollten von Anfang an besse­re Geset­ze machen, bevor wir sie in den Bundes­tag einbringen.»

Kritisch zum Koali­ti­ons­streit um das Heizungs­ge­setz äußer­te sich Mecklen­burg-Vorpom­merns Minis­ter­prä­si­den­tin Manue­la Schwe­sig. «Ich kann mich nicht erinnern, dass es ein Gesetz gab, wo man so viel Arbeit aufwen­den musste, um es überhaupt zu erklä­ren», sagte die SPD-Politi­ke­rin der «Süddeut­schen Zeitung». Viele Bürger hätten große Sorgen, was da auf sie zukom­me. «Es ist sehr unglück­lich, dass das ganze Thema Klima­schutz damit beschä­digt worden ist. Eine große Mehrheit möchte Klima­schutz, aber die Maßnah­men müssen machbar und gerecht sein.»

Baden-Württem­bergs Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) sagte der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Sonntags­zei­tung», das Hin und Her beim Heizungs­ge­setz und die teils überzo­ge­ne Debat­te hätten zur Verun­si­che­rung der Bevöl­ke­rung beigetra­gen. «Aber die Situa­ti­on ist für die Politik auch sehr schwie­rig, und dieses Verständ­nis für die Komple­xi­tät der Dinge fehlt mir bei aller berech­tig­ten Kritik oft.»