KÖLN (dpa) — Zwei Aposto­li­sche Visita­to­ren — Gesand­te des Papstes — sind am Montag in Köln angekom­men. Sie sind katho­li­sche Oberhir­ten wie Kardi­nal Woelki. Aber sonst haben sie eher wenig mit ihm gemein.

Zur Überprü­fung des umstrit­te­nen Kardi­nals Rainer Maria Woelki sind am Montag die Aposto­li­schen Visita­to­ren Anders Arbore­li­us und Hans van den Hende in Köln eingetroffen.

Der Stock­hol­mer Kardi­nal und der Rotter­da­mer Bischof sollen als Gesand­te des Papstes «eventu­el­le Fehler Seiner Eminenz Kardi­nal Woelkis» unter­su­chen, wie die Aposto­li­sche Nuntia­tur in Berlin mitge­teilt hatte.

Sie haben bereits mehre­re Gesprächs­ter­mi­ne verein­bart, so wollen sie am Diens­tag mit Betrof­fe­nen von sexuel­lem Missbrauch sprechen. Aus der Aufar­bei­tung des Missbrauchs­skan­dals hatte sich die derzei­ti­ge Krise des größten deutschen Bistums entwi­ckelt. Unter­ge­bracht sind die Visita­to­ren während ihres Aufent­halts im Tagungs­zen­trum des Erzbis­tums, dem Mater­nus­haus. Es liegt direkt gegen­über dem Erzbi­schöf­li­chen Haus von Woelki, das rings­her­um von hohen Mauern, einem Gitter­tor und anderen Gebäu­den umgeben ist. 

Gerech­net wird damit, dass die Visita­to­ren eine gute Woche in Köln bleiben werden, um dann einen vertrau­li­chen Abschluss­be­richt für Papst Franzis­kus zu erstel­len. Sie legen großen Wert darauf, dass sie unabhän­gig vom Erzbis­tum arbeiten. 

Noch am Sonntag hatte Woelki in einer Reakti­on auf das Rücktritts­ge­such des Münch­ner Kardi­nals Reinhard Marx klarge­stellt, dass er weiter im Amt bleiben will. In einer Video­bot­schaft versi­cher­te er, es mache ihn «persön­lich fertig» zu sehen, was Pries­ter durch sexuel­len Missbrauch angerich­tet hätten. Deshalb betrach­te er es als seine Aufga­be, die Aufklä­rung voranzutreiben.

Am Mittwoch­abend will Woelki in Düssel­dorf auch eine umstrit­te­ne Firmung von Jugend­li­chen vorneh­men. Die Firmlin­ge selbst und deren Eltern hätten sich dafür ausge­spro­chen, sagte Woelkis Sprecher am Montag. Zuvor hatten 140 Gemein­de­mit­glie­der in einem Offenen Brief dagegen protes­tiert und bei einem Vorge­spräch mit Woelki auch eine Demons­tra­ti­on abgehal­ten. Sie wollten, dass Woelki einen anderen Pries­ter mit der Firmung beauf­tragt. Für Mittwoch sind mit Rücksicht auf die Firmlin­ge aber keine Protes­te geplant. Über die Entschei­dung Woelkis hatte zunächst die «Augsbur­ger Allge­mei­ne» berichtet. 

Arbore­li­us und van den Hende dürften von Papst Franzis­kus aus einer Reihe von Gründen für die schwie­ri­ge Missi­on ausge­wählt worden sein. Zum einen sprechen sie gut Deutsch. Zum anderen kommen sie beide aus Regio­nen, die ganz anders sind als die Katho­li­ken­hoch­burg Köln: In Schwe­den sind nur 1,1 Prozent der knapp zehn Millio­nen Einwoh­ner katho­lisch, in Rotter­dam gehen nur noch ein Prozent der Gläubi­gen sonntags zur Messe. Unter den wenigen prakti­zie­ren­den Katho­li­ken sind viele Migranten. 

Sowohl in Stock­holm als auch in Rotter­dam sind die Hierar­chien flacher als im Erzbis­tum Köln. Arbore­li­us (71) und van den Hende (57) gelten als beschei­den und zugäng­lich. Bei allen Gemein­sam­kei­ten ergän­zen sich die beiden Visita­to­ren aber auch: Van den Hende ist Kirchen­recht­ler und kann deshalb die recht­li­che Situa­ti­on sehr gut einschät­zen. Die Exper­ti­se von Arbore­li­us liegt eher in der Seelsorge.

Zudem ist Arbore­li­us als Mann des offenen Wortes bekannt: Als der Vatikan 2009 behaup­te­te, nichts davon gewusst zu haben, dass der erzkon­ser­va­ti­ve Geist­li­che Richard William­son den Holocaust geleug­net habe, stell­te Arbore­li­us klar, dass er dessen Äußerun­gen schon 2008 nach Rom gemel­det hatte. Gleich­wohl hatte der damali­ge Papst Benedikt XVI. die Exkom­mu­ni­ka­ti­on William­sons aufgehoben. 

Mit düste­ren Inqui­si­to­ren im Stil des Mittel­al­ter-Krimis «Der Name der Rose» haben die beiden Visita­to­ren also wenig gemein — auch wenn Arbore­li­us am Montag sogar eine Mönchs­kut­te trug. Auch Kardi­nal Woelki beteu­ert, mit ihrem Besuch voll und ganz einver­stan­den zu sein und sogar darum gebeten zu haben. Der «Blick von außen» sei jetzt wichtig, so Woelki. Aus Kirchen­krei­sen heißt es aller­dings: «Er weiß, dass es eng wird.»

Von Chris­toph Dries­sen, dpa