BERLIN/FRANKFURT (dpa/tmn) — Morgens und abends gründ­lich die Zähne putzen, das reicht schon. Oder? Leider nein, sagen Zahnärz­te. Denn zu manchen Stellen gelan­gen die Bürsten nicht — Bakte­ri­en aber schon.

Nach dem Essen Zähne­put­zen nicht verges­sen — den Spruch kennt jedes Kind. Geht es nach Profes­sor Dietmar Oester­reich, müsste dieser Vers noch mit einem Reim auf die Zahnzwi­schen­räu­me erwei­tert werden.

Also vielleicht so: «Vor dem Reich der Träume kommen die …» — na, Sie wissen schon.

Der Grund: «Es gibt bestimm­te Berei­che, die eine norma­le Zahnbürs­te nicht erreicht», erklärt der Vizeprä­si­dent der Bundes­zahn­ärz­te­kam­mer. Schwach­stel­len sind überall dort, wo sich Zahn an Zahn reiht. Also in dem kleinen Raum dazwi­schen, in dem sich durch­aus Bakte­ri­en ansie­deln und so Karies und Parodon­ti­tis verur­sa­chen können. Das gilt selbst für das schöns­te Gebiss, in dem die Zähne dicht an dicht stehen.

Der Zahnme­di­zi­ner Profes­sor Stefan Zimmer plädiert dafür, am besten immer abends nach dem Zähne­put­zen die Zahnzwi­schen­räu­me zu reini­gen. «Alles, was man täglich macht, vergisst man nicht», sagt der Sprecher der Infor­ma­ti­ons­stel­le für Kariesprophylaxe.

Für die abend­li­che Reini­gung spricht auch die Tatsa­che, dass der Speichel im Mund antibak­te­ri­el­le Stoffe enthält und er dadurch der Karies­ent­ste­hung entge­gen­wirkt. «In der Nacht ist der Speichel­fluss gerin­ger und damit der Schutz­me­cha­nis­mus reduziert», erläu­tert Oester­reich. Umso wichti­ger ist also, dass die Zähne und die Zwischen­räu­me beim Schla­fen schön sauber sind.

Zahnsei­de mit Vorsicht anwenden

Das bekann­tes­te Hilfs­mit­tel dafür ist die Zahnsei­de. Sie zu benut­zen, ist laut Oester­reich kein Hexen­werk. Bei falscher Anwen­dung kann das Zahnfleisch jedoch in Mitlei­den­schaft gezogen werden.

«Ziel bei der Reini­gung mit Zahnsei­de ist es, an den gekrümm­ten Zahnflä­chen entlang­zu­g­lei­ten», sagt der Exper­te. «Wenn man einfach hin und her scheu­ert, verletzt man das Zahnfleisch.» Insbe­son­de­re bei Jünge­ren und Menschen im mittle­ren Lebens­al­ter hält er den Einsatz der dünnen Fäden für sinnvoll. Gerade bei Jünge­ren liegt das Zahnfleisch im Zwischen­raum eng an den Zähnen an.

Für Ältere sind nach Ansicht des Zahnarzts hinge­gen Inter­den­tal­bürs­ten meist besser geeig­net. «Im Laufe des Lebens zieht sich das Zahnfleisch etwas zurück, auch Parodon­ti­tis kommt häufi­ger vor, so dass die Zahnzwi­schen­räu­me offener liegen», sagt er. Die kleinen Bürsten können dort effek­ti­ver reinigen.

Kraft dosie­ren bei Interdentalbürsten

Es gibt sie in unter­schied­lichs­ten Größen und Formen und von verschie­de­nen Anbie­tern. Am besten zeigt die behan­deln­de Zahnärz­tin oder ein Prophy­la­xe­as­sis­tent die richti­ge Anwen­dung. «Die Bürste sollte nicht mit zu extre­mem Druck, aber auch nicht zu leicht durch­ge­hen», beschreibt Oesterreich.

Wer es gründ­lich machen möchte, schiebt die kleine Bürste sowohl von außen als auch von innen in den Spalt zwischen den Zähnen. Das Gerät kann mehrmals benutzt werden, wie bei der Zahnbürs­te ist aber ein regel­mä­ßi­ger Wechsel ratsam.

Stefan Zimmer spricht sich für Inter­den­tal­sticks aus. «Das ist eine Art dünner Zahnsto­cher aus Kunst­stoff, von einer Silikon­schicht mit Noppen umman­telt.» Diese gibt es in unter­schied­li­chen Dicken.

Die Sticks kann man nach Gebrauch abspü­len und wieder­ver­wen­den. «Sie reini­gen genau­so wie eine Zahnsei­de, sind aber einfa­cher in der Handha­bung», sagt Zimmer. Entspre­chend gerin­ger ist die Verletzungsgefahr.

Keine Zahnpas­ta nutzen

Ein Tabu ist, bei der Reini­gung der Zwischen­räu­me Zahnpas­ta zu verwen­den. Die enthält Schleif­kör­per. «Wenn man dann noch zu feste schrubbt, kann man sich tatsäch­lich im Zwischen­raum Teile der Zahnwur­zel wegput­zen», warnt Zimmer.

Sein generel­ler Rat lautet: «Man sollte nie mit großer Kraft arbei­ten. Und wenn man einen Wider­stand spürt, darf man nicht versu­chen, ihn mit Gewalt zu besei­ti­gen.» Lieber fragt man bei seiner Zahnärz­tin nach, ob und wie diese Stelle zu reini­gen ist.

Zwischen­raum­ka­ri­es im Milchgebiss

Wenn ein Kind schon die Zahnputz­re­geln kennt, kann man doch auch bei ihm schon mit der Reini­gung der Zwischen­räu­me anfan­gen — oder? Durch­aus richtig, wenn man Stefan Zimmer folgt. «Man sollte anfan­gen, sobald Backen­zäh­ne in nachbar­schaft­li­chem Kontakt stehen», rät er. «Bereits im Milch­ge­biss gibt es Karies im Zahnzwischenraum.»

Er sieht es aller­dings realis­tisch: Die wenigs­ten Eltern reini­gen ihren Vorschul­kin­dern die Zahnzwi­schen­räu­me. «Aber versu­chen sollte man es», ermutigt Zimmer. Auf kleine Halter aufge­spann­te Zahnsei­den können helfen, damit das gelingt.

Von Chris­ti­na Bachmann, dpa