BAYREUTH (dpa) – Es ist ein sonni­ger Sommer­abend in Bayreuth — doch die begehr­tes­ten Plätze sind nicht im Biergar­ten oder in der Eisdie­le, sondern im Festspiel­haus. Vieles ist in diesem Jahr anders am Grünen Hügel.

Auftakt in Bayreuth: In der oberfrän­ki­schen Stadt haben die Richard-Wagner-Festspie­le begonnen.

Nach einem Jahr Zwangs­pau­se starte­te das weltbe­rühm­te Festi­val mit einer Neuin­sze­nie­rung der Oper «Der fliegen­de Hollän­der» – am Pult stand dabei erstmals in der Festspiel­ge­schich­te eine Frau, nämlich Oksana Lyniv aus der Ukraine.

Promi­nenz in Bayreuth

Promi­nen­tes­ter Premie­ren­gast war Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU), die kurz vor Beginn vorfuhr und mit ihrem Mann Joachim Sauer kam.

Im schwar­zen, langen Rock und im orange-farbe­nen Blazer schritt Merkel vor das Königs­por­tal, wo Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder sie erwar­te­te. Statt Hände­druck begrüß­ten sich die beiden Politi­ker corona-konform mit einer Verbeu­gung. Zugleich erklang vom Balkon oberhalb des Portals die erste Fanfa­re, die den baldi­gen Beginn der Auffüh­rung anzeigte. 

Es ist Merkels Abschieds­be­such als Kanzle­rin in Bayreuth. Merkels Amtszeit endet nach der Bundes­tags­wahl im Herbst. Die Kanzle­rin gilt als große Anhän­ge­rin von Wagners Werk und war regel­mä­ßig in Bayreuth zu Gast.

Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) kam mit seiner Frau Karin, die ein dunkel­blau­es Kleid aus Spitzen­stoff trug. Der rote Teppich, der sonst bei der Eröff­nung ausge­rollt wird, blieb in diesem Jahr im Depot, auch der Staats­emp­fang im Anschluss wurde abgesagt. Wegen der Corona-Einschrän­kun­gen dürfen in diesem Jahr 911 Menschen pro Vorstel­lung ins Haus, norma­ler­wei­se sind es knapp 2000.

Vieles ist eben anders als sonst am Grünen Hügel zu Bayreuth, wo Tradi­ti­on immer noch großge­schrie­ben wird. Wer ein Ticket für die Festspie­le hat, muss sich zuvor regis­trie­ren, denn rein darf nur, wer komplett geimpft, genesen oder getes­tet ist.

Nach erfolg­rei­cher Regis­trie­rung gibt es ein pinkfar­be­nes Bändchen fürs Handge­lenk. Das passt natür­lich nicht immer zu den feinen Abend­ro­ben. Aber auch eine FFP2-Maske ist ein ungewohn­tes Acces­soire für einen Opern­abend. Muss aber derzeit sein.

Demokra­ti­sie­rungs­schub am Grünen Hügel

Ungewohn­te Bilder bieten sich auch neben dem Festspiel­haus: Foodtrucks sind aufge­baut, um die lange Warte­zeit zwischen Regis­trie­rung und Einlass zu verkür­zen. Pasta­box statt Hummer­brat­wurst – es wirkte wie ein kleiner Demokra­ti­sie­rungs­schub am Grünen Hügel.

Statt mit Küsschen oder Hände­druck begrüß­ten sich die Wagne­ria­ner mit freund­li­chem Kopfni­cken oder einer kurzen Faust­be­rüh­rung. Die Schau­lus­ti­gen durften nicht bis vor das Haus kommen, einige warte­ten jedoch an den Gehwe­gen Richtung Festspiel­haus darauf, einen Blick auf Merkel und Co. zu werfen.

Die Polizei zeigte viel Präsenz; es sei jedoch bislang alles planmä­ßig gelau­fen, sagte ein Sprecher des Polizei­prä­si­di­ums Oberfran­ken kurz vor Beginn der Aufführung.

Durch den Ausfall im Vorjahr konnte die geplan­te Neuin­sze­nie­rung von Richard Wagners viertei­li­gem «Ring des Nibelun­gen» nicht reali­siert werden. Das Projekt wurde wegen Corona auf 2022 vertagt.

Als eine Art Ersatz dafür soll es in diesem Jahr zu jeder der vier «Ring»-Opern ein Projekt geben. Zum diesjäh­ri­gen Programm gehören zudem «Die Meister­sin­ger von Nürnberg» in der Insze­nie­rung von Barrie Kosky und Tobias Kratzers «Tannhäu­ser». Andris Nelsons und Chris­ti­an Thiele­mann werden Konzer­te im Festspiel­haus dirigie­ren. Das Festi­val endet am 25. August. 

Von Kathrin Zeilmann und Britta Schul­te­jans, dpa