BERLIN/KARLSRUHE (dpa) — Deutsch­land hat am Wochen­en­de drei deutsche Frauen und zwölf Kinder aus Camps in Syrien nach Deutsch­land zurück­ge­holt. Weite­re Ausrei­sen sind geplant. Eine der Frauen, eine mutmaß­li­che IS-Anhän­ge­rin, wurde kurz nach der Ankunft am Flugha­fen festgenommen.

Nach der Rückho­lung von drei Frauen und zwölf Kindern aus Camps in Nordost­sy­ri­en an diesem Wochen­en­de bemüht sich das Auswär­ti­ge Amt um weite­re Ausrei­sen von Deutschen aus der Region. Auf dpa-Anfra­ge hieß es am Sonntag aus dem Außen­mi­nis­te­ri­um, dass man «mit Hochdruck» daran arbei­te, «die Ausrei­se vor allem deutscher Kinder aus Nordost-Syrien zu ermög­li­chen». Zu diesem Zweck stehe das Auswär­ti­ge Amt «auch mit kurdi­schen Gruppen in Kontakt».

Zuvor hatte der «Tages­spie­gel» darüber berich­tet, dass das Auswär­ti­ge Amt mit der kurdi­schen Autono­mie­ver­wal­tung «über eine zweistel­li­ge Zahl deutscher Frauen» verhan­de­le, die sich in der Vergan­gen­heit dem «Islami­schen Staat» (IS) angeschlos­sen hätten und sich aktuell in Gefan­ge­nen­la­gern der kurdisch dominier­ten Syrischen Demokra­ti­schen Kräfte (SDF) befin­den sollen. Das Auswär­ti­ge Amt wollte auf dpa-Anfra­ge weder die Zahl kommen­tie­ren, noch dass es sich bei den künfti­gen Plänen um die Rückho­lung von «IS-Anhän­ge­rin­nen» handele.Am Sonntag­mor­gen hatte das Auswär­ti­ge Amt die am Samstag bekannt­ge­wor­de­ne Rückho­lung von drei Frauen und zwölf Kindern aus Camps in Nordost-Syrien nach Deutsch­land bestä­tigt, machte dabei aber keine Angaben zu einer mutmaß­li­chen IS-Vergan­gen­heit der Frauen. Bei den Perso­nen, die nach Deutsch­land zurück­ge­holt wurden, handelt es sich den Angaben des Außen­mi­nis­te­ri­ums zufol­ge um zwölf Kinder, darun­ter sieben Waisen­kin­der, und drei Frauen aus den Lagern Roj und Al Hol. Zwei weite­re Frauen und sechs weite­re Kinder seien nach Finnland gebracht worden. Mehre­re Medien hatten zuvor berich­tet, darun­ter der SWR, «Bild» und «Deutsche Welle», dass es sich dabei um deutsche Frauen hande­le, die nach Syrien ausge­reist waren, um sich der Terror­mi­liz Islami­scher Staat anzuschließen.Indes ist am Sonntag eine der zurück­ge­hol­ten Frauen bei ihrer Ankunft am Flugha­fen Frankfurt/Main wegen Terror­ver­dachts festge­nom­men worden. Der General­bun­des­an­walt wirft der jungen Deutschen die Mitglied­schaft in einer terro­ris­ti­schen Verei­ni­gung im Ausland sowie Beihil­fe zu einem Verbre­chen gegen die Mensch­lich­keit und einen Verstoß gegen das Waffen­ge­setz vor, wie die Behör­de am Sonntag mitteilte.

Die festge­nom­me­ne Frau soll im März 2015 als damals 15-Jähri­ge nach Syrien gereist sein, sich dort dem IS angeschlos­sen und einen Angehö­ri­gen des Geheim­diens­tes der Terror­mi­liz gehei­ra­tet haben, teilte der General­bun­des­an­walt mit. Gemein­sam mit ihrem Mann soll sie zeitwei­se eine jesidi­sche Frau als Sklavin gehal­ten und diese weiter­ver­kauft haben.

Zusam­men mit ihrem Ehemann und den zwei gemein­sa­men Kindern flüch­te­te sie den Angaben zufol­ge im Sommer 2017 aus der nordsy­ri­schen Stadt Al-Rakka. Nach weite­ren Umzügen sei sie schließ­lich Anfang Januar 2019 zusam­men mit den Kindern in einem Flücht­lings­la­ger aufge­nom­men worden, in dem sie bis zu ihrer Ausrei­se gelebt habe. Gegen sie war den Angaben zufol­ge im Mai dieses Jahres ein Haftbe­fehl verhängt worden. Sie wurde noch am Sonntag einem Ermitt­lungs­rich­ter des Bundes­ge­richts­hofs vorge­führt, der den Haftbe­fehl in Vollzug setzte.

Nach dpa-Infor­ma­tio­nen war die Frau aus Sachsen-Anhalt eine der drei Frauen, die bei der Aktion am Wochen­en­de zusam­men mit den zwölf Kindern nach Deutsch­land gebracht wurde. Das Auswär­ti­ge Amt machte keine Angaben dazu. Zuvor hatte das Nachrich­ten­ma­ga­zin «Spiegel» (online) über den Zusam­men­hang von Rückhol­ak­ti­on und Festnah­me berich­tet. Wie der «Spiegel» schreibt, wird auch gegen zwei weite­re Rückkeh­re­rin­nen ermit­telt. Weder die Bundes­an­walt­schaft noch das Auswär­ti­ge Amt wollten den Bericht des «Spiegel» kommen­tie­ren. Das Auswär­ti­ge Amt verwies ledig­lich auf die Presse­mit­tei­lung des General­bun­des­an­walts zur Festnah­me der Frau. Diese wurde der Mittei­lung zufol­ge am Flugha­fen von Beamten des Landes­kri­mi­nal­amts Sachsen-Anhalt festgenommen.

Bundes­au­ßen­mi­nis­ter Heiko Maas (SPD) äußer­te sich am Sonntag positiv über die geglück­te Rückhol­ak­ti­on. «Ich bin sehr erleich­tert, dass wir gestern weite­re zwölf Kinder und drei dazuge­hö­ri­ge Mütter aus Lagern in Nordost­sy­ri­en zurück­ho­len konnten. Diese frohe Nachricht kurz vor Weihnach­ten stimmt zuver­sicht­lich, dass wir auch in weite­ren Fällen eine Rückkehr ermög­li­chen können», erklär­te Maas. Es habe sich bei den Frauen und Kindern um «humani­tä­re Fälle» gehan­delt, «vor allem um Waisen und Kinder mit Erkran­kun­gen — Fälle, in denen die Ausrei­se beson­ders dringend erfor­der­lich war», schrieb das Auswär­ti­ge Amt in seiner Mittei­lung am Sonntag­mor­gen. Der Vorgang sei «ein Kraft­akt» gewesen, «dem Monate inten­si­ver Vorbe­rei­tun­gen und Abstim­mun­gen» voraus­ge­gan­gen seien.