STUTTGART (dpa/lsw) — Junge Männer und Frauen verhar­ren wegen der coronabe­ding­ten Unwäg­bar­kei­ten in Warte­schlei­fen. Dabei hätten sie gerade jetzt beste Chancen, einen Top-Ausbil­dungs­platz zu ergat­tern. Wirtschaft und Gewerk­schaf­ten werben massiv um die jungen Menschen.

Angesichts von 30.000 unbesetz­ten Ausbil­dungs­stel­len appel­lie­ren Landes­re­gie­rung, Gewerk­schaf­ten, Arbeit­ge­ber und Agentur für Arbeit an junge Leute, sich für eine beruf­li­che Ausbil­dung zu entschei­den. «Nutzen Sie die Chancen. Jetzt gibt es noch viele Stellen, es ist noch nicht zu spät», sagte Wirtschafts­mi­nis­te­rin Nicole Hoffmeis­ter-Kraut (CDU) am Montag in Stuttgart.

Die Situa­ti­on auf dem Ausbil­dungs­markt sei schwie­rig, so Hoffmeis­ter-Kraut: Die Zahl der Bewer­ber und Bewer­be­rin­nen sei aktuell im Vergleich zum Vorjahr um 12,5 Prozent auf rund 46.400 gesun­ken. Manche Betrie­be hätten keinen oder nur sehr wenige Inter­es­sen­ten. Die Zahl der Ausbil­dungs­plät­ze sei gleich­zei­tig um 5,5 Prozent auf fast 67.000 zurück­ge­gan­gen. Für poten­zi­el­le Azubis ergebe sich so die exzel­len­te Ausgangs­la­ge von 100 Bewer­bern auf 144 Ausbil­dungs­stel­len, sagte die Minis­te­rin nach einem Gespräch der Partner im Ausbildungsbündnis.

Für den Fachkräf­te­nach­wuchs sei die beruf­li­che Ausbil­dung eine tragen­de Säule. Deshalb müsse auch in Corona-Zeiten ausge­bil­det werden. Im Südwes­ten bildet aber nach Angaben des Deutschen Gewerk­schafts­bun­des (DGB) nicht einmal jeder fünfte Betrieb aus.

Der Grund für die rückläu­fi­ge Zahl der Bewer­ber liegt auch an der Corona-Pande­mie. Viele Schüler haben ihre Berufs­wahl verscho­ben und jobben oder bleiben länger auf der Schule, wie Hoffmeis­ter-Kraut sagte. Zudem seien die digita­len Angebo­te der beruf­li­chen Orien­tie­rung während der Pande­mie nicht so gut angenom­men worden wie eine Beratung von Angesicht zu Angesicht. Zum Endspurt solle noch einmal in allen Forma­ten für Ausbil­dung gewor­ben werden.

Bei den freien Stellen handelt es sich nach den Worten des Leiters der Regio­nal­di­rek­ti­on der Bundes­agen­tur für Arbeit, Chris­ti­an Rauch, nicht um Laden­hü­ter, sondern um äußerst attrak­ti­ve Angebo­te. Um diese werde im kommen­den Jahr mehr Konkur­renz entste­hen. Deshalb rief er dazu auf, noch bis Oktober zuzugreifen.

Für die Gewerk­schaf­ten forder­te Andre Fricke vom DGB, die im grün-schwar­zen Koali­ti­ons­ver­trag angekün­dig­te Ausbil­dungs­ga­ran­tie müsse spätes­tens für das Ausbil­dungs­jahr 2022 umgesetzt werden. Um die Ausbil­dung attrak­tiv zu halten, müssten die Proble­me mit den Ausga­ben für Wohnraum und Mobili­tät gelöst werden. Er schränk­te aber ein: «Wir können nicht jedem Menschen an jedem Ort jeden Ausbil­dungs­be­ruf anbie­ten.» Nach Ansicht der Unter­neh­mer Baden-Württem­berg (UBW) ist eine solche Garan­tie weltfremd. «Es sollte eher über eine Bewer­ber­ga­ran­tie für Betrie­be nachge­dacht werden», sagte UBW-Vize-Präsi­dent Thomas Bürkle.