Vieler­orts ist die Sorge groß, dass die neuen Varian­ten des Corona­vi­rus sich noch schnel­ler verbrei­ten könnten. Im Südwes­ten war noch eine Locke­rung bei Kitas und Grund­schu­len angedacht. Doch diese Hoffnung musste jetzt auch begra­ben werden.

Am Ende war die Angst vor dem Virus zu groß: Wegen der anhal­ten­den Corona-Gefahr verzich­tet Baden-Württem­berg auf einen Sonder­weg und lässt Grund­schu­len und Kitas nun doch zumin­dest bis Ende Januar geschlos­sen. «Wir sind nach wie vor auf einem hohen Niveau der Infek­tio­nen», sagte der baden-würtem­ber­gi­sche Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) am Donners­tag in Stutt­gart. Er habe sich daher mit Kultus­mi­nis­te­rin Susan­ne Eisen­mann (CDU) darauf verstän­digt, auf die angedach­te Locke­rung zu verzich­ten und die Einrich­tun­gen nicht zu öffnen. Es solle aber eine Öffnungs­per­spek­ti­ve für Grund­schu­len und Kitas erarbei­tet werden, sollte der Lockdown über Januar hinaus gelten.

«Wir haben es uns nicht leicht gemacht», sagte Kretsch­mann in einer Video-Ankün­di­gung. «Und wir wissen, wir verlan­gen Ihnen viel ab.» Baden-Württem­berg werde darauf dringen, dass das Thema Öffnung von Grund­schu­len und Kitas auch in der nächs­ten Schalt­kon­fe­renz der Minis­ter­prä­si­den­ten und Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) bespro­chen werde.

Insbe­son­de­re der Bund hat sich wieder­holt dagegen ausge­spro­chen, Schulen bald wieder zu öffnen. Die Konfe­renz soll auch wegen der Gefahr neuer Virus-Varian­ten mögli­cher­wei­se vom ursprüng­lich geplan­ten 25. Januar auf nächs­te Woche vorge­zo­gen werden.

Eisen­mann äußer­te sich aller­dings offen kritisch. Die Entschei­dung habe der Minis­ter­prä­si­dent getrof­fen, beton­te sie und fügte hinzu: «Ich hätte mir eine diffe­ren­zier­te Vorge­hens­wei­se gewünscht.» Kinder benötig­ten ein sozia­les Gefüge und Betreu­ung. «Kinder brauchen andere Kinder», sagte Eisen­mann. Sie habe vorge­schla­gen, in der kommen­den Woche zunächst Kitas und die ersten beiden Klassen der Grund­schu­len zu öffnen und mit Abstand zu unter­rich­ten. In einem zweiten Schritt hätten dann die Klassen drei und vier begin­nen können.

Die Kultus­mi­nis­te­rin, die auch CDU-Spitzen­kan­di­da­tin für die Landtags­wahl im März ist, hatte in den vergan­ge­nen Wochen wieder­holt und vehement auf eine Öffnung im Sinne der Kinder gedrun­gen. Sie wollte Grund­schu­len und Kitas eigent­lich schon am vergan­ge­nen Montag öffnen — «unabhän­gig von den Inzidenzzahlen».

Kretsch­mann dagegen hatte zuletzt massiv vor einer weite­ren Ausbrei­tung des Corona­vi­rus gewarnt und schär­fe­re Ausgangs­be­schrän­kun­gen ins Gespräch gebracht. «Wenn das richtig aus dem Ruder läuft, wie wir das in London oder so sehen, und wenn das Gesund­heits­we­sen kolla­biert, dann muss man drasti­sche Ausgangs­sper­ren machen. Das ist dann das einzi­ge Mittel, das noch wirksam ist», sagte er bei einem Online-Bürger­dia­log am Diens­tag­abend. Zuvor hatte er erklärt, er sei skeptisch, was die Öffnung von Schulen und Kitas angeht.

Kretsch­mann und Eisen­mann hatten sich am Mittwoch­abend per Video­schal­te mit Virolo­gen, Epide­mio­lo­gen und Kinder- und Jugend­me­di­zi­nern beraten. Zuletzt hatte es immer wieder gehei­ßen, Schulen seien zwar keine Treiber der Pande­mie, sie seien aber Teil des Infek­ti­ons­ge­sche­hens. Kanzle­rin Merkel hatte am Diens­tag gesagt, vor Anfang nächs­ter Woche werde es keinen klaren Überblick über die Infek­ti­ons­zah­len nach dem Jahres­wech­sel geben.

Mit einer Locke­rung hätte Baden-Württem­berg, das in vielen Berei­chen einen stren­gen Corona-Kurs fährt, einen Sonder­weg beschrit­ten. Bund und Länder hatten Anfang des Jahres den Lockdown auch an Schulen und Kitas bis Ende Januar verlän­gert. Aller­dings sind die Länder für die Bildungs­po­li­tik zustän­dig, und der Beschluss der Minis­ter­prä­si­den­ten und der Kanzle­rin lässt ihnen Spiel­raum. Demnach ist Präsenz­un­ter­richt möglich, wenn die Präsenz­pflicht ausge­setzt ist. Das ist in Baden-Württem­berg schon seit Sommer der Fall.

Auch in anderen Bundes­län­dern sind teilwei­se Schulen und Kitas grund­sätz­lich offen, aber eher als erwei­ter­te Notbe­treu­ung. Die Präsenz­pflicht ist ausge­setzt oder Eltern werden gebeten, ihre Kinder nicht zu bringen — so etwa in Hessen. So umging man es, Ausnah­me­re­geln für bestimm­te Berufs­grup­pen zu schaf­fen für eine Notbetreuung.