WIESBADEN (dpa) — Sponta­ner Sex im Lockdown oder bewuss­te Famili­en­pla­nung? Die Corona-Pande­mie scheint sich auf die Gebur­ten­zah­len in Deutsch­land ausge­wirkt zu haben. Es gibt jeden­falls deutlich mehr Kinder.

Mit 795 492 Neuge­bo­re­nen sind im vergan­ge­nen Jahr nach Angaben des Statis­ti­schen Bundes­amts rund 22 000 Babys mehr zur Welt gekom­men als im Jahr davor.

Damit sei 2021 die zusam­men­ge­fass­te Gebur­ten­zif­fer erstmals seit 2017 wieder gestie­gen, teilte die Behör­de am Mittwoch mit. Waren im Jahr 2020 noch 1,53 Kindern je Frau geboren worden, betrug die Gebur­ten­zif­fer im vergan­ge­nen Jahr 1,58 Kinder je Frau. Zu diesem Anstieg dürfte die relativ stabi­le Lage auf dem Arbeits­markt in Verbin­dung mit der beson­de­ren Situa­ti­on der Corona-Pande­mie zum Zeitpunkt der Zeugung beigetra­gen haben, hieß es.

Kann man da schon von einem Baby-Boom in der Pande­mie sprechen? «Es ist auf jeden Fall ein deutli­cher, starker Zuwachs» sagte eine Spreche­rin des Statis­ti­schen Bundes­amts in Wiesbaden.

Lockdown für Famili­en­pla­nung genutzt

Da der Anstieg vor allem auf Gebur­ten im ersten und im vierten Quartal zurück­zu­füh­ren ist, dürften die Gründe vielschich­tig sein: «Bei Gebur­ten im ersten Quartal liegt der Zeitpunkt der Zeugung im ersten Lockdown, da waren die Menschen noch optimis­tisch, dass Corona bald vorbei ist.» Dank Kurzar­bei­ter­geld und Beihil­fen sei auch die wirtschaft­li­che Situa­ti­on vieler Menschen siche­rer gewesen. Da es sich bei den Neuge­bo­re­nen vor allem um weite­re Kinder verhei­ra­te­ter Eltern gehan­delt habe, dürfte der Lockdown für die Famili­en­pla­nung genutzt worden sein.

Mehr Rätsel gibt den Statis­ti­kern der Gebur­ten­an­stieg im vierten Quartal 2021 auf. Denn der Zeugungs­zeit­punkt habe in einer «eher schwie­ri­gen Zeit» gelegen: Der Herbst-Lockdown 2020 war noch nicht vorbei, das Warten auf eine Impfmög­lich­keit dauer­te an. «Wir haben noch zu wenige Daten, welche Famili­en betrof­fen sind», hieß es beim Statis­ti­schen Bundesamt.

Neue Erkennt­nis­se könnte der Mikro­zen­sus geben, der derzeit durch­ge­führt wird. «Viele Fragen sind noch offen.» Die Ergeb­nis­se des Mikro­zen­sus werden erst im kommen­den Jahr veröffentlicht.

Vor allem in den westli­chen Bundes­län­dern stieg die Gebur­ten­zif­fer — am stärks­ten in Baden-Württem­berg mit einem Anstieg um fünf Prozent, gefolgt von Bayern und Hessen mit jeweils vier Prozent.

In den ostdeut­schen Bundes­län­dern betru­gen die Zuwäch­se der Gebur­ten­zif­fer nur ein bis zwei Prozent, in Thürin­gen und Sachsen nahm sie sogar leicht ab. Die höchs­te Gebur­ten­zif­fer wurde 2021 in Nieder­sach­sen mit 1,66 Kindern je Frau gemes­sen. Am niedrigs­ten war sie in Berlin mit 1,39.

Bei den Frauen mit deutscher Staats­an­ge­hö­rig­keit war die Gebur­ten­zif­fer mit 1,49 Kindern je Frau im vergan­ge­nen Jahr deutlich höher als 2020. Damals wurden 1,43 Kinder je Frau geboren. Bei den Frauen mit auslän­di­scher Staats­an­ge­hö­rig­keit blieb die Gebur­ten­zif­fer mit 2,01 Kindern je Frau nahezu unverändert.

Beim erstge­bo­re­nen Kind der Frau betrug das durch­schnitt­li­che Alter der Mütter im vergan­ge­nen Jahr 30,5 Jahre, der Vater war durch­schnitt­lich 33,3 Jahre alt. Unabhän­gig davon seien Mütter 2021 bei einer Geburt im Durch­schnitt 31,8 Jahre alt gewesen — Väter 34,7.

Von Eva Krafc­zyk, dpa