SCHARM EL SCHEICH (dpa) — Vor der tödli­chen Zerstö­rung von Extrem­wet­ter­er­eig­nis­sen ist die Welt längst nicht sicher — im Gegen­teil. Überschat­tet von Krisen beginnt in Ägypten die nächs­te globa­le Verhandlungsrunde.

Kurz vor Beginn der Weltkli­ma­kon­fe­renz COP27 in Ägypten hat Deutsch­land die Eindäm­mung der Erder­wär­mung als höchs­te Priori­tät bezeich­net. «Die Mensch­heit steuert auf einen Abgrund zu, auf eine Erwär­mung von über 2,5 Grad, mit verhee­ren­den Auswir­kun­gen auf unser Leben auf dem einzi­gen Plane­ten, den wir haben», teilte Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock (Grüne) am Sonntag mit. Die Welt habe «alle nötigen Instru­men­te in der Hand, um die Klima­kri­se zu begren­zen und auf den 1,5‑Grad-Pfad zu kommen».

Bei der am Sonntag begin­nen­den Konfe­renz, die erstmals seit 2016 wieder in Afrika statt­fin­det, werden 40.000 Teilneh­mer erwar­tet. Auf der COP27 verhan­deln Vertre­ter aus knapp 200 Staaten in Scharm el Scheich zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erder­hit­zung verstärkt werden kann. Die Zeit drängt, denn die vergan­ge­nen sieben Jahre waren die wärms­ten seit Beginn der Wetter­auf­zeich­nun­gen. Extrem­wet­ter­er­eig­nis­se unter anderem in Pakistan, Nigeria und Somalia zeigten zuletzt, welche enormen Schäden und welch tödli­che Zerstö­rungs­kraft der Klima­wan­del birgt.

1,5‑Grad-Ziel in weiter Ferne

Die weltwei­ten Emissio­nen klima­schäd­li­cher Treib­haus­ga­se müssen Forschern zufol­ge schon bis 2030 um etwa die Hälfte sinken. Anders ist demnach das auf der UN-Klima­kon­fe­renz in Paris 2015 gemein­sam verein­bar­te Ziel nicht zu errei­chen, die Erder­wär­mung auf 1,5 Grad zu begren­zen im Vergleich zur vorin­dus­tri­el­len Zeit. Nach den gegen­wär­tig vorge­leg­ten Klima­schutz­plä­nen der Staaten würden sie aber sogar weiter steigen.

Trotz des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne dürfe 2022 «kein verlo­re­nes Jahr für den Klima­schutz werden. Für viele Staaten geht es um das Überle­ben ihrer Bevöl­ke­rung und ihrer Kultur», teilte Baerbock mit den Minis­te­ri­en für Wirtschaft, Entwick­lung und Umwelt mit. «Für sie ist die Klima­kri­se weiter­hin das wichtigs­te Sicher­heits­the­ma, nicht Russlands Krieg in Europa.» Diese Staaten würden von den reichen Ländern mehr Solida­ri­tät erwarten.

Gedämpf­te Erwar­tun­gen an Klimakonferenz

Wegen des laufen­den Kriegs in Europa, aber auch wegen der damit teilwei­se zusam­men­hän­gen­den Krisen bei Energie, Ernäh­rung, Wirtschaft sowie wachsen­de Staats­schul­den sind die Erwar­tun­gen an die Klima­kon­fe­renz eher gedämpft — auch im Vergleich zur COP26 vor einem Jahr in Glasgow. Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er bewer­te­te die Erfolgs­aus­sich­ten vorab als gering. Auch der renom­mier­te Klima­öko­nom Ottmar Edenho­fer und Klima­for­scher Mojib Latif gaben sich vorab resigniert.

Die Menschen­rechts­be­auf­trag­te der Bundes­re­gie­rung, Luise Amtsberg, forder­te vor Beginn der Konfe­renz die Freilas­sung politi­scher Gefan­ge­ner in Ägypten. «Globa­le Verant­wor­tung zu überneh­men heißt vor allem auch, Verant­wor­tung für den Schutz von Menschen­rech­ten zu überneh­men. Die Lage der Menschen­rech­te in Ägypten wird dem jedoch nicht gerecht», kriti­sier­te Amtsberg, wie das Auswär­ti­ge Amt in Berlin am Sonntag mitteilte.

Die Konfe­renz sollte am Sonntag­mor­gen förmlich eröff­net werden mit einer Überga­be des briti­schen COP26-Präsi­den­ten Alok Sharma an seinen Nachfol­ger, Ägyptens Außen­mi­nis­ter Samih Schukri. Ab Montag werden am Roten Meer dann rund 100 Staats- und Regie­rungs­chefs erwar­tet, darun­ter auch Bundes­kanz­ler Olaf Scholz und US-Präsi­dent Joe Biden. Mit Chinas Staats­chef Xi Jinping und Indiens Premier­mi­nis­ter Naren­dra Modi, deren Länder mit den USA zu den größten CO2-Emitten­ten zählen, werden zwei der wichtigs­ten Spitzen­fi­gu­ren bei der Konfe­renz aber fehlen. Auch Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin nimmt nicht daran teil.