PALMA/MÜNSTER (dpa) — Die acht Kegel­brü­der, die auf Mallor­ca der Brand­stif­tung verdäch­tigt werden und seit zwei Monaten in U‑Haft saßen, sind wieder in der Heimat. Ganz aus dem Schnei­der sind sie aber nicht.

Erst spät in der Nacht waren die letzten der acht Deutschen, denen auf Mallor­ca Brand­stif­tung vorge­wor­fen wird, aus dem Insel­ge­fäng­nis freige­kom­men. Fast zwei Monate hatten sie dort aushar­ren müssen.

Nur wenige Stunden später saßen sie schon in einer Linien­ma­schi­ne Richtung Heimat, wie der deutsche Konsul Wolfgang Engst­ler der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestä­tig­te. «Bild» berich­te­te, auf dem Flugha­fen Münster/Osnabrück seien sie von Angehö­ri­gen und Freun­den überglück­lich in Empfang genom­men worden.

Zurück im Münsterland

Die Hobby­keg­ler aus dem Münster­land hatten am späten Freitag­abend nachein­an­der das Gefäng­nis verlas­sen dürfen. Vor der Haftan­stalt warte­ten Verwand­te, Freun­de und Anwäl­te mehr als sieben Stunden und nahmen sie erleich­tert in die Arme. Die wenigen Stunden bis zum Rückflug nach Deutsch­land am frühen Samstag­mor­gen verbrach­ten die Deutschen im evange­li­schen Gemein­de­haus in Palma, wie die «Mallor­ca Zeitung» berich­te­te. Das Pasto­ren­ehe­paar Martje Mechels und Holmfried Braun hatte sich zusam­men mit der Gemein­de­se­kre­tä­rin Catali­na Valle­spir und Konsul Engst­ler während der langen Wochen im Gefäng­nis um die Deutschen gekümmert.

Eine Richte­rin hatte zuvor auf Antrag der Vertei­di­gung die Freilas­sung auf Kauti­on in Höhe von je 12.000 Euro gewährt. Alle Überwei­sun­gen trafen pünkt­lich vor dem Wochen­en­de ein, so dass den Deutschen eine weite­re, zweitä­gi­ge Verlän­ge­rung hinter Gittern erspart blieb. Als weiter­hin Beschul­dig­te müssen die Deutschen aller­dings zukünf­ti­gen Ersuchen der mallor­qui­ni­schen Justiz­be­hör­den Folge leisten und zum Beispiel auch den Wechsel des gewöhn­li­chen Wohnsit­zes umgehend melden, wie die Justiz der spani­schen Urlaubs­in­sel der dpa auf Anfra­ge mitteilte.

Den Medien­ver­tre­tern, die in der unwirt­li­chen Gegend Palmas vor dem Gefäng­nis bis zum Schluss ausge­harrt hatten, sagten die Deutschen, die fast alle unter 30 sind, kein Wort. Vor der Freilas­sung hatte ein Anwalt des Vertei­di­gungs­teams aber gesagt, dass die «Jungs» alle sehr «aufge­regt» und «glück­lich» seien. «Sie kommen erhobe­nen Hauptes raus», hatte er angekündigt.

Den Deutschen wird vorge­wor­fen, am 20. Mai kurz nach ihrer Ankunft auf der Insel einen Brand in der Nähe des Baller­manns an der Playa de Palma ausge­löst zu haben. Sie sollen vom Balkon ihrer Hotel-Zimmer brennen­de Kippen und Alkohol auf das Schilf­dach der Terras­se einer darun­ter­lie­gen­den Gaststät­te gewor­fen haben. Das Dach fing Feuer. Zwei Gaststät­ten, eine Wohnung und Teile des Restau­rants wurden beschä­digt. Mehre­re Menschen erlit­ten leich­te Verletzungen.

Die Touris­ten bestrei­ten seit dem ersten Tag, das Feuer gelegt zu haben. Der Ermitt­lungs­rich­ter sah sie trotz­dem als dringend tatver­däch­tig an und hatte ihnen bisher eine Freilas­sung auf Kauti­on verwei­gert — auch, weil er Flucht­ge­fahr sah. Doch der Mann konnte am Freitag nicht über den neuen Antrag der Vertei­di­gung entschei­den. Der mallor­qui­ni­schen Justiz zufol­ge stand er nicht zur Verfügung.

Laut Insel-Medien ist er im Urlaub. Er wurde von einer Richte­rin ersetzt, die dem Antrag statt­gab. Insel­ken­ner Ciro Kraut­hau­sen, der sich als langjäh­ri­ger Chefre­dak­teur der «Mallor­ca Zeitung» bestens auskennt, deutet einen gekonn­ten Schach­zug der Anwäl­te an: Sie «wussten die Abwesen­heit des Ermitt­lungs­rich­ters zu nutzen».

Spani­sche Anwäl­tin verpflichtet

Eine wichti­ge Rolle spiel­te bei der überra­schen­den Wende die spani­sche Anwäl­tin Maria Barbancho Saborit, die erst kürzlich zur Verstär­kung des deutsch-spani­schen Vertei­di­gungs­teams verpflich­tet worden war. In den vergan­gen Tagen hatte sie unter anderem ein Foto als entlas­ten­des Beweis­mit­tel heran­ge­schafft, auf dem ein rauchen­der Unbekann­ter auf dem Balkon des Nachbar­zim­mers der Gruppe zu sehen ist, der als Täter ebenfalls in Frage käme.

Dieses Foto habe mit dazu beigetra­gen, dass die Staats­an­walt­schaft in Palma am vergan­ge­nen Diens­tag sich erstmals für die Freilas­sung der von deutschen Medien als «Kegel­brü­der» getauf­ten jungen Männer ausge­spro­chen habe, erklär­te Barbancho Saborit. Die 31-Jähri­ge war während des Studi­ums drei Jahre in Heidel­berg und spricht fließend Deutsch. Die Deutschen dürfen sich glück­lich schät­zen, denn Ermitt­lun­gen und U‑Haft-Zeiten können in Spani­en unter Umstän­den mehre­re Jahre dauern.

Ermitt­lun­gen gehen weiter

Der Gruppe bestand ursprüng­lich aus 13 Urlau­bern. Einer von ihnen war bereits am Tag nach dem Brand ohne Aufla­gen auf freien Fuß gesetzt worden. Er hatte nachwei­sen können, dass er zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Feuers unter der Dusche war. Vier weite­re Verdäch­ti­ge hatten das Gefäng­nis in Palma nach Kauti­ons­zah­lun­gen von jeweils 12.000 Euro nach rund zweiein­halb Wochen ebenfalls unter Aufla­gen verlas­sen dürfen. Dem Verneh­men nach durften sie Mallor­ca verlassen.

Ganz aus dem Schnei­der sind die zwölf Kegel­brü­der jedoch nicht. Die Ermitt­lun­gen gehen weiter. Wenn die Deutschen angeklagt und der fahrläs­si­gen Brand­stif­tung für schul­dig befun­den werden, können sie zu einem Freiheits­ent­zug zwischen einem und drei Jahren verur­teilt werden, wie Anwäl­te auf dpa-Anfra­ge erklär­ten. Bei vorsätz­li­cher Brand­stif­tung seien Haftstra­fen von bis zu sechs Jahren vorge­se­hen. Bei Vorsatz und der Gefähr­dung von Menschen­le­ben könne das Urteil auch deutlich schär­fer ausfallen.

Von Emilio Rappold und Jan-Uwe Ronne­bur­ger, dpa