STETTIN (dpa) — Das massen­haf­te Fisch­ster­ben in der Oder trifft ein Natur­idyll. Die Sorge wächst, dass verseuch­tes Wasser das Stetti­ner Haff errei­chen könnte — und somit auch die Mündung in die Ostsee.

Rund eine Woche nach Bekannt­wer­den des massen­haf­ten Fisch­ster­bens in der Oder richten sich die Blicke mehr und mehr auf den Mündungs­be­reich vor der Ostsee.

Man setze alles daran, dass kein toter Fisch im Stetti­ner Haff ankom­me, hatte der Umwelt­mi­nis­ter von Mecklen­burg-Vorpom­mern, Till Backhaus (SPD), gesagt. Mit Stand Diens­tag seien im deutschen Teil des Haffs keine toten Fische gesich­tet worden. Die Oder fließt in das Stetti­ner Haff, durch das die Grenze von Deutsch­land und Polen verläuft, und von dort aus in die Ostsee.

Behör­den machen sich Sorgen

Die Touris­mus­bran­che in der Region im östli­chen Mecklen­burg-Vorpom­mern zeigt sich besorgt. «Es ist eben noch eine Situa­ti­on, in der sehr vieles unklar ist», sagte der Geschäfts­füh­rer des Landes­tou­ris­mus­ver­bands, Tobias Woiten­dorf. Die Landes­re­gie­rung in Schwe­rin rät vorsichts­hal­ber vom Baden im Stetti­ner Haff ab. Gesund­heit­li­che Risiken könnten bislang nicht ausge­schlos­sen werden. Auch vom Angeln, Fischen und der Wasser­ent­nah­me haben Behör­den abgeraten.

Auch südlich der Hafen­stadt Stettin sind mittler­wei­le nach Angaben polni­scher Behör­den in Kanälen, die mit der Oder verbun­den sind, tote Fische gefun­den worden. Dies bedeu­te, dass sich die verseuch­ten Wasser­mas­sen auf Stettin zubeweg­ten, sagte der Chef der Gebiets­ad­mi­nis­tra­ti­on für die Woiwod­schaft Westpom­mern, Zbigniew Bogucki, am Dienstag.

Ursache und Untersuchung

Die Ursache für die Umwelt­ka­ta­stro­phe ist weiter offen. Das Fisch­ster­ben in der Oder beunru­higt seit Tagen die Menschen, die in Polen und Deutsch­land an dem Fluss leben.

In unter­such­ten Wasser­pro­ben sind nach Angaben von Polens Regie­rung bislang keine toxischen Substan­zen entdeckt worden, die das Fisch­ster­ben verur­sacht haben könnten. In den Proben toter Fische seien zudem keine Hinwei­se auf Pesti­zi­de gefun­den worden, sagte Polens Umwelt­mi­nis­te­rin Anna Moskwa am Diens­tag in Warschau. Bei den Unter­su­chun­gen würden derzeit drei Hypothe­sen in Betracht gezogen.

Die erste Hypothe­se ist das mögli­che Eindrin­gen eines gifti­gen Stoffes ins Wasser, entwe­der beim Produk­ti­ons­pro­zess in einem an der Oder ansäs­si­gen Indus­trie­be­trieb oder durch eine illega­le Einlei­tung in den Fluss. Die zweite Hypothe­se besagt, dass die Ursachen natür­li­cher Natur waren: hohe Tempe­ra­tu­ren, niedri­ge Wasser­stän­de und erhöh­te Schad­stoff­kon­zen­tra­tio­nen. Die dritte Hypothe­se sei die Einlei­tung einer großen Menge chlor­hal­ti­gen Brauch­was­sers in die Oder.

Zahl der toten Fische

Allein die polni­sche Feuer­wehr hat nach eigenen Angaben bislang fast hundert Tonnen toter Fische aus dem Grenz­fluss und einem kleine­ren Fluss gebor­gen, der keine Verbin­dung zur Oder hat. Auch in Branden­burg sammel­ten Helfer die Fisch­ka­da­ver an der Oder ein. Die veren­de­ten Tiere werden in spezi­el­len Verbren­nungs­an­la­gen vernich­tet. Über die in Deutsch­land einge­sam­mel­ten Mengen gab es vorerst keine Angaben.

Das Branden­bur­ger Landes­um­welt­amt hat erste Labor­er­geb­nis­se ausge­wer­tet. Die am Montag­abend vom Landes­la­bor Berlin-Branden­burg in einer ersten Tranche übermit­tel­ten Ergeb­nis­se hätten keine beson­ders hohen Werte für Metal­le wie Queck­sil­ber gezeigt, hieß es am Diens­tag vom Umwelt­mi­nis­te­ri­um des Landes Branden­burg. Eine einzel­ne Ursache für die Umwelt­ka­ta­stro­phe lasse sich nicht erkennen.

Auf der Websei­te des Landes­um­welt­amts lässt sich ablesen, dass sich die Werte im Fluss vom 7. August an drama­tisch verän­der­ten. So schnell­ten der Sauer­stoff­ge­halt, der pH-Wert, die Trübung und andere Werte schlag­ar­tig nach oben, während die Menge von Nitrat-Stick­stoff deutlich abfiel.