Fünf Stunden lang haben Merkel und die Minis­ter­prä­si­den­ten am Montag Halbzeit­bi­lanz des vierwö­chi­gen Teil-Lockdowns gezogen. Es blieb bei weite­ren Appel­len an die Bevöl­ke­rung. Weite­re Verschär­fun­gen wurden nicht beschlos­sen. Nächs­te Woche sollen aber Entschei­dun­gen fallen.

Merkel und die Länder­chefs verein­bar­ten am Montag nach mehrstün­di­gen Beratun­gen zwar zunächst keine weite­ren Verschär­fun­gen der Corona-Maßnah­men, kündig­ten aber Beschlüs­se in einem weite­ren Gespräch am Mittwoch in einer Woche an.

Wenn die Zahl der Infizier­ten und schwer Erkrank­ten bis dahin nicht stark gesun­ken ist, könnte es weite­re recht­lich binden­de Einschrän­kun­gen geben. «Heute haben wir gemahnt, nächs­te Woche müssen wir dann entschei­den», sagte Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) nach den Beratungen.

Am Montag blieb es zunächst bei Appel­len. Nach ihrer Video-Konfe­renz riefen Merkel und die Minis­ter­prä­si­den­ten die Bürger dringend dazu auf, ihre priva­ten Kontak­te noch einmal deutlich zu reduzieren.

Offen blieb, ob die ursprüng­lich auf Novem­ber befris­te­te Schlie­ßung von Gastro­no­mie- und Kultur­ein­rich­tun­gen Ende des Monats wirklich wieder ausläuft oder verlän­gert wird. Merkel sagte, man sei durch das Schlie­ßen bestimm­ter Einrich­tun­gen im Freizeit­be­reich aus dem exponen­ti­el­len Wachs­tum heraus­ge­kom­men und man müsse nun darüber sprechen, ob man das zum 1. Dezem­ber alles wieder öffnen könne oder nicht. «Und wenn wir noch zu weit entfernt sind, müssen wir da auch die entspre­chen­den Maßnah­men machen.»

Söder stimm­te die Menschen auf eine Verlän­ge­rung und weite­re Verschär­fung der Anti-Corona-Maßnah­men über das Monats­en­de hinaus ein: «Ich habe wenig Hoffnung, dass Ende Novem­ber alles wieder gut ist.» Man müsse die Maßnah­men deshalb «lieber verlän­gern statt vorzei­tig abzubrechen».

Auch bei den Kontakt­be­schrän­kun­gen könnte es, je nachdem wie sich die Zahlen entwi­ckeln, in der kommen­den Woche weite­re Verschär­fun­gen geben. Ginge es nach der Bundes­re­gie­rung, würden Treffen im öffent­li­chen Raum weiter begrenzt, von jetzt zwei Hausstän­den mit maximal zehn Menschen auf einen Hausstand und einen weite­ren mit maximal zwei Perso­nen. Diesen Vorschlag hatte der Bund vor den Beratun­gen mit den Ländern am Montag zumin­dest gemacht.

Ein weite­rer Knack­punkt bleiben auch die Schulen. Diese sollen zwar grund­sätz­lich soweit wie möglich geöff­net bleiben. Die Bundes­re­gie­rung wollte aber auch hier bereits am Montag schär­fe­re Maßnah­men durch­set­zen, etwa die Bildung «ausnahms­los» fester Gruppen, eine Halbie­rung der Klassen und eine Masken­pflicht auch im Unter­richt für alle Schüler und Lehrer. Die Länder, in deren Zustän­dig­keit die Schulen fallen, lehnten das aber zunächst ab.

Was Bund und Länder sonst beschlos­sen haben:

PRIVATE TREFFEN: Priva­te Zusam­men­künf­te mit Bekann­ten und Verwand­ten sollen sich auf «einen festen weite­ren Hausstand» beschrän­ken, das gilt auch für Kinder und Jugend­li­che. Auf priva­te Feiern sollen Bürge­rin­nen und Bürger verzichten.

MOBILITÄT: Bürger werden angehal­ten, auf «nicht notwen­di­ge priva­te Reisen und touris­ti­sche Tages­tou­ren» zu verzich­ten und öffent­li­che Verkehrs­mit­tel möglichst zu meiden.

TELEFONISCHE KRANKSCHREIBUNG: Menschen mit Atemwegs­er­kran­kun­gen sollten die Möglich­keit nutzen, sich von ihrem Arzt telefo­nisch krank­schrei­ben zu lassen. Mit diesem sollten sie auch klären, ob ein Test erfor­der­lich ist.

SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN: Beson­ders gefähr­de­te Menschen sollen zum Schutz vor dem Corona­vi­rus von Dezem­ber an 15 vergüns­tig­te FFP2-Masken erhal­ten. Das ergebe rechne­risch eine Maske pro Winter­wo­che. Wer genau profi­tiert, soll noch geklärt werden.

IMPFZENTREN: Bund und Länder rechnen damit, dass es höchst­wahr­schein­lich im ersten Quartal kommen­den Jahres mindes­tens einen zugelas­se­nen Impfstoff gibt. Die Länder sollen dafür sorgen, dass ihre Impfzen­tren und ‑struk­tu­ren dann kurzfris­tig in Betrieb gehen können.

NACHVERFOLGUNG VON INFEKTIONEN: Da eine vollstän­di­ge Nachver­fol­gung von Kontak­ten oft nicht möglich ist, sollen bei Ausbrü­chen in einem Cluster — wie beispiels­wei­se Schulen oder Unter­neh­men — Maßnah­men wie eine Quaran­tä­ne auch ohne positi­ves Testergeb­nis angeord­net werden.

TECHNOLOGIE: Gesund­heits­äm­ter sollen noch stärker digita­le Syste­me zur Kontakt­nach­ver­fol­gung nutzen, und die Corona-Warn-App soll weiter verbes­sert werden.

Derweil rief Städte­tags­prä­si­dent Burkhard Jung Bund und Länder zur Beson­nen­heit bei der Bekämp­fung der Corona-Pande­mie auf. «Für die Konfe­renz nächs­te Woche wünschen wir uns mehr Ruhe und eine besse­re Kommu­ni­ka­ti­on zwischen Bund und Ländern», sagte der Leipzi­ger Oberbür­ger­meis­ter den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe (Diens­tag). «Wir brauchen Klarheit und Beson­nen­heit, damit wir in diesem Winter möglichst gut mit der Corona-Pande­mie umgehen können.»

Der Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Städte- und Gemein­de­bun­des, Gerd Lands­berg, vertei­dig­te Bund und Länder gegen Kritik an den wenigen Entschei­dun­gen der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz. Es müsse abgewar­tet werden, wie sich das Infek­ti­ons­ge­sche­hen in den nächs­ten Tagen entwi­cke­le und ob es gelin­ge, die Zahl der Neuin­fek­tio­nen zu senken, sagte Lands­berg dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND/Dienstag).

FDP-General­se­kre­tär Volker Wissing forder­te Merkel auf, ihre Corona-Politik besser zu erklä­ren. «Die Kommu­ni­ka­ti­on des Bundes­kanz­ler­amts wirkte so, als ginge es mehr um Macht­tak­tik als um die richti­gen Maßnah­men zur Bekämp­fung der Pande­mie. Das war unseri­ös», sagte Wissing dem RND.