GUNDREMMINGEN (dpa) — Ende einer Ära nach mehr als einem halben Jahrhun­dert: Das Kernkraft­werk im schwä­bi­schen Gundrem­min­gen hat im Rahmen des Atomaus­stiegs am Silves­ter­abend seinen Betrieb einge­stellt. Um 20.00 Uhr trenn­te die Schicht­mann­schaft den Genera­tor von Block C des Kraft­wer­kes bei Günzburg vom Strom­netz, wie der Energie­kon­zern RWE mitteil­te. Kurz darauf schal­te­te das Team den Reaktor endgül­tig ab.

Die Betriebs­ge­neh­mi­gung für den Block C endete um kurz vor Mitter­nacht. Auch die Meiler Brokdorf und Grohn­de in Norddeutsch­land dürfen nach dem Atomaus­stiegs­fahr­plan im kommen­den Jahr nicht mehr produ­zie­ren und werden stillgelegt.

«Mit der Abschal­tung des letzten Siede­was­ser­re­ak­tors in Deutsch­land wurde am Stand­ort Gundrem­min­gen eine Ära beendet», erklär­te Nikolaus Valeri­us, Kernener­gie­vor­stand von RWE Power.

Als letztes bayeri­sches Atomkraft­werk muss Ende 2022 Isar 2 in der Nähe von Lands­hut vom Netz gehen. Neben dem Meiler in Nieder­bay­ern haben noch zwei andere Kernkraft­wer­ke in Deutsch­land eine zwölf­mo­na­ti­ge Gnaden­frist: Die Reakto­ren Emsland in Nieder­sach­sen und Neckar­west­heim 2 in Baden-Württem­berg müssen ebenfalls Ende Dezem­ber 2022 abgeschal­tet werden.

Der Blöcke B und C in Gundrem­min­gen waren 1984 fertig­ge­stellt worden und dann binnen weniger Monate kurz nachein­an­der in Betrieb gegan­gen. Zuvor war dort der bereits 1966 fertig­ge­stell­te Block A im Jahr 1977 nach einem schwe­ren Störfall abgeschal­tet worden. Mit dem ersten Meiler in der schwä­bi­schen Gemein­de begann einst die indus­tri­el­le Atomstrom­pro­duk­ti­on in der Bundesrepublik.

Das Kraft­werk mit seinen weithin sicht­ba­ren zwei Kühltür­men wird aber auch nach der Abschal­tung noch lange Gundrem­min­gen prägen. Der milli­ar­den­schwe­re Rückbau wird nach Schät­zun­gen mindes­tens noch 15 Jahre dauern. Die Beleg­schaft des Kraft­werks soll deswe­gen auch nur von 540 auf 440 Beschäf­tig­te verklei­nert werden. Die etwa 100 anderen Jobs werden nach Angaben des Unter­neh­mens sozial­ver­träg­lich durch Ruhestand von Mitar­bei­tern und Mitar­bei­te­rin­nen oder die Nicht­be­set­zung offener Stellen abgebaut.

Betrei­ber RWE kann sich vorstel­len, künftig den Stand­ort für ein Gaskraft­werk zu nutzen. Solch ein Kraft­werk würde dann auch für den späte­ren Betrieb mit Wasser­stoff ausge­legt. Dann könnte die Anlage «langfris­tig im Sinne der Klima­neu­tra­li­tät einge­setzt werden», hatte ein Sprecher erklärt. Er beton­te aller­dings, dass es noch keine Entschei­dung für ein neues Gaskraft­werk in Gundrem­min­gen gibt.