FRIEDRICHSHAFEN — Von seinen drei Straßen­meis­te­rei­en in Markdorf, Tettnang und Überlin­gen aus leistet das Straßen­bau­amt des Boden­see­krei­ses den Winter­dienst für die außer­ört­li­chen Bundes‑, Landes- und Kreis­stra­ßen. Für dieses rund 660 Kilome­ter lange Straßen­netz stehen 23 Räum- und Streu­fahr­zeu­ge zur Verfü­gung. Das Ziel: Ab 6:00 Uhr morgens sollen die Straßen befahr­bar sein. Moder­ne Technik hilft dabei. Aber auch die Autofah­re­rin­nen und ‑fahrer tragen Verant­wor­tung dafür, dass der Verkehr trotz Schnee und Eis rollen kann.

Um gegen Schnee und Glätte auf den Straßen im Boden­see­kreis anzuge­hen, stehen den drei Straßen­meis­te­rei­en des Landkrei­ses insge­samt 23 Einsatz­fahr­zeu­ge zur Verfü­gung. Davon sind elf kreis­ei­ge­ne Fahrzeu­ge bei den Straßen­meis­te­rei­en statio­niert und zwölf Fahrzeu­ge sind für den Winter­dien­st­ein­satz bei exter­nen Unter­neh­men angemie­tet. Bei Schnee­ver­we­hun­gen in den Höhen­la­gen wird zusätz­lich noch eine Schnee­frä­se einge­setzt. Jedes Jahr inves­tiert der Landkreis in den Fuhrpark und die Räumtech­nik, um auf aktuel­lem techni­schen Stand und einsatz­fä­hig zu bleiben. So kommen seit diesem Jahr zwei neue Unimogs zum Einsatz, die in Markdorf und Überlin­gen statio­niert sind. Mit komplet­ter Winter­dienst­aus­stat­tung kostet solch ein Bolide rund 320.000 Euro.

Neue Straßen werden eingeplant

Neu und damit erstmals Teil des Winter­dienst­re­viers des Stütz­punkts Markdorf ist die autobahn­ähn­li­che Neubau­stre­cke im Zuge der B 31 bei Fried­richs­ha­fen. Der knapp sechs Kilome­ter lange vierstrei­fi­ge Strecken­ab­schnitt wird von zwei Räumfahr­zeu­gen gleich­zei­tig bedient, was eine beson­de­re Koordi­na­ti­on und Abstim­mung unter den Räumfahr­zeug­fah­rern erfor­dert: Es fährt das Fahrzeug auf der Überhol­spur voraus und schiebt den Schnee und Matsch nach rechts. Gleich dahin­ter folgt der zweite Schnee­pflug und wirft die kalten Massen beider Fahrstrei­fen an den Fahrbahnrand.

Alle Winter­dienst­fahr­zeu­ge des Boden­see­krei­ses sind mit einer digita­len Daten­er­fas­sungs- und Steue­rungs­tech­nik (Telema­tik) ausge­stat­tet. Mit der einge­bau­ten Elektro­nik wird die erfor­der­li­che Menge des Streu­ma­te­ri­als tempe­ra­tur- und geschwin­dig­keits­ab­hän­gig ausge­bracht. Diese Technik gewähr­leis­tet den wirtschaft­li­chen und umwelt­scho­nen­den Einsatz des Streu­sal­zes, der dem Grund­satz folgt „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“.

„Unent­behr­lich bleibt aber immer das Können und der Erfah­rungs­schatz der Fahrer, ohne die auch die beste Technik nicht sinnvoll einge­setzt werden kann“, macht Gerhard Miez, Betriebs­re­fe­rent des Straßen­bau­amts, deutlich. Insge­samt arbei­ten im Auftrag des Boden­see­krei­ses etwa 60 Männer im Winter­dienst, die in drei Schich­ten sowie einem Basis­dienst einge­teilt sind. Die Einsatz­pla­nung organi­sie­ren die drei Straßen­meis­te­rei­en jeweils in Eigenregie.

Feucht­salz und Sole wirken am besten

Die Depots des Landkrei­ses sind aktuell mit etwa 3.000 Tonnen Streu­salz und 120.000 Litern Sole gefüllt. Ein Liefer­ver­trag, der die Straßen­meis­te­rei­en vor Privat­kun­den bevor­rech­tigt, soll Liefer­eng­päs­se vermei­den, falls der Winter doch länger und härter wird. Die Straßen­meis­te­rei­en setzen dabei überwie­gend die Feucht­salz­tech­no­lo­gie FS 30 ein: Unmit­tel­bar vor dem Ausbrin­gen wird das feste Streu­salz mit einer Salzlö­sung (Sole) auf dem Streu­tel­ler gemischt. Das Mischungs­ver­hält­nis beträgt 70 Prozent Trocken­salz und 30 Prozent Sole. Wenn die moder­nen Winter­dienst-LKW nur flüssi­ges Taumit­tel ausbrin­gen, spricht man von FS 100, also 100 Prozent Sole. Für die Sole wird Natri­um­chlo­rid verwen­det, also norma­les Kochsalz.

„Feucht­salz hat den Vorteil, dass es gut dosiert und verteilt werden kann und es weniger Wehver­lus­te als bei Trocken­salz gibt“, erklärt Gerhard Miez. Das FS-100-Verfah­ren mit „Sole pur“ ist beson­ders effek­tiv bei unmit­tel­bar bevor­ste­hen­der Glätte­bil­dung. Vor allem auf den Bundes­stra­ßen kommt diese Technik zum Einsatz.

Winter­dien­st­ein­satz ab 3:00 Uhr morgens 

Der Winter­dienst ist so organi­siert, dass im Zeitraum von 6:00 Uhr bis mindes­tens 22:00 Uhr die Befahr­bar­keit nach besten Kräften gewähr­leis­tet werden soll. Für die Besat­zun­gen der Winter­dienst­fahr­zeu­ge bedeu­tet das: Ausrü­cken schon um 3:00 Uhr. An Sonn- und Feier­ta­gen geht es gerade mal eine halbe Stunde später los. Die Schicht beginnt aber noch früher: Bereits um 2:30 Uhr in der Nacht gehen die Einsatz­lei­ter auf Kontroll­fahrt. Wenn nicht ohnehin gleich klar wird, dass ein Einsatz ausge­löst werden muss, helfen Wetter­da­ten aus dem Straßen­wet­ter­dienst-Infor­ma­ti­ons­sys­tem (SWIS) des Deutschen Wetter­diens­tes. Außer­dem liefern aktuell vier festin­stal­lier­te Glätte­mel­de­an­la­gen auf dem Höchs­ten sowie an der B 31 bei Nessel­wan­gen, bei Meers­burg und Kress­bronn wertvol­le Echtzeit­in­fos über die jewei­li­ge Luft- und Fahrbahntemperatur.

Der Compu­ter räumt mit

Das Telema­tik-System in den Streu- und Räumfahr­zeu­gen erfasst in Echtzeit sowohl die jewei­li­ge Positi­on des Fahrzeu­ges als auch den aktuel­len Einsatz. Es werden perma­nent die Fahrstre­cke, die ausge­brach­ten Streu­men­gen und die Positi­on des Schnee­pflugs an die Einsatz­zen­tra­len in den Straßen­meis­te­rei­en übermit­telt. So können diese dann bei Bedarf steuernd eingrei­fen und die Einsät­ze werden lücken­los dokumentiert.

Bei der Routen­pla­nung hilft ein Compu­ter­pro­gramm, das neben der Reich­wei­te der einzel­nen Fahrzeu­ge auch die unter­schied­li­che Bedeu­tung der Straßen berück­sich­tigt. „Bundes­stra­ßen, Rettungs­we­ge, gefähr­li­che Stellen und Steigun­gen haben bei uns obers­te Priori­tät. Vor Ort kann aber der Fahrer entschei­den, welche Stelle er zuerst anfährt“, erklärt Betriebs­re­fe­rent Miez.

Wenn alles gut läuft und die Wetter­la­ge günstig ist, ist das gesam­te außer­ört­li­che Straßen­netz des Boden­see­krei­ses inner­halb von drei Stunden komplett geräumt und gestreut. Für die Ortsdurch­fahr­ten sind die jewei­li­gen Städte und Gemein­den zustän­dig, werden auf den inner­ört­li­chen klassi­fi­zier­ten Straßen aber nach Kräften durch den Winter­dienst des Kreises unter­stützt. Klassi­fi­ziert sind Straßen mit einer beson­de­ren Bedeu­tung für den überört­li­chen Verkehr, vor allem also Bundes‑, Landes und Kreisstraßen.

Die Natur ist stärker als die beste Vorbereitung

Auch bei bester Vorbe­rei­tung und frühzei­ti­gem Einsatz­be­ginn kann nicht ausge­schlos­sen werden, dass während eines länger anhal­ten­den Schnee­fal­les mit einer geschlos­se­nen Schnee­de­cke gerech­net werden muss. Denn die Schnee­pflug-Piloten können nicht überall sofort und gleich­zei­tig sein. Der Winter­dienst konzen­triert sich dann gemäß der gesetz­lich vorge­schrie­be­nen Reini­gungs- und Verkehrs­si­che­rungs­pflicht zunächst auf Straßen und Berei­che mit der höchs­ten Priori­tät. Auch kann es immer stellen­wei­se zu Reif- und Eisglät­te kommen. Setzt der Schnee­fall erst während des Berufs­ver­kehrs ein, ist es eine beson­de­re Heraus­for­de­rung, die Fahrbah­nen für den fließen­den Verkehr freizu­be­kom­men. Denn der rollen­de Verkehr fährt den Schnee auf der Fahrbahn fest. Zudem kommen die Räumfahr­zeu­ge nur erschwert durch. Eine Garan­tie auf freie Fahrt kann es für die Autofah­rer deshalb nicht geben, macht das Landrats­amt klar.

Appell an die Verkehrsteilnehmenden

Alle Verkehrs­teil­neh­men­den sollten bei Schnee und Eis Vorsicht walten lassen. Eine dem Straßen­zu­stand angepass­te Fahrge­schwin­dig­keit vermin­dert das Risiko von Unfäl­len. Auch kommt es immer wieder zu massi­ven Behin­de­run­gen durch Fahrzeu­ge, die nicht ausrei­chend für den Winter ausge­rüs­tet sind. Ein wegen schlech­ter Berei­fung liegen­ge­blie­be­ner LKW auf der B 31 reicht aus, um dort den komplet­ten Verkehr zum Erlie­gen zu bringen. In einem solchen Fall ist auch für die Räumfahr­zeu­ge die Weiter­fahrt äußerst schwie­rig. Daher appel­liert Winter­dienst-Exper­te Gerhrad Miez an alle Autofah­re­rin­nen und ‑fahrer: „Ermög­li­chen Sie den Räumfahr­zeu­gen das Durch­kom­men und treten Sie bei drohen­dem Schnee­fall und Eisglät­te die Fahrt nur mit Winter­aus­rüs­tung an.“

Hierauf sollten Autofah­rer achten:

  • Winter­rei­fen mit ausrei­chend Profil
  • Gegebe­nen­falls Schneeketten
  • Funkti­ons­fä­hi­ge Batterie
  • Ausrei­chend frost­si­che­re Flüssig­keit in der Scheibenwischanlage
  • Gute Rundum­sicht aus dem Fahrzeug
  • Freie Schein­wer­fer, Rückleuch­ten und Blinker.

Zahlen und Daten:

  • Länge des zu pflegen­den Straßen­net­zes: 660 Kilometer.
  • Mitar­bei­ter im Winter­dienst (inkl. exter­ne Firmen): 60.
  • Anzahl der Räumfahr­zeu­ge: 23.
  • Kilome­ter­leis­tung der gesam­ten Räumflot­te während eines durch­schnitt­li­chen Winters: rund 140.000 Kilometer.
  • Winter­dienst auf Radwe­gen: insge­samt 25 km, Mo. — Fr. 7:00 bis 16:00 Uhr, Fr. bis 13:00 Uhr.
  • Reich­wei­te einer Salzla­dung der Streu- und Räumfahr­zeu­ge: 25 bis 70 Kilome­ter, je nach Fassungs­ver­mö­gen der Streu­ge­rä­te und ausge­brach­ter Menge pro Kilometer.
  • Salzver­bräu­che der vergan­ge­nen Winter: 2017/2018 — 965.981 l Sole, 3.050 t Streusalz

2018/2019 — 835.242 l Sole, 2.702 t Streusalz

2019/2020 — 280.903 l Sole, 845 t Streusalz

  • Kosten des Winter­diens­tes des Landkrei­ses, je nach Härte und Dauer des Winters: 0,5 bis 1,7 Mio. Euro.
  • Neuwert eines voll für den Winter­dienst ausge­stat­te­ten Spezi­al-LKW der Straßen­meis­te­rei­en: rund 300.000 bis 400.000 Euro.
  • Preis eines Streu­au­to­ma­ten mit Depot­be­häl­ter für einen LKW: 32.000 bis 49.000 Euro.
  • Preis eines Schneepflugs/Räumschilds: 16.000 bis 23.000 Euro.
  • Wert der Winter­dienst-Arbeit für die Sicher­heit der Verkehrs­teil­neh­men­den: unermesslich.