BERLIN (dpa) — Zu Jahres­an­fang wander­te die Fashion Week wegen der Pande­mie ins Netz. Nun sind wieder Menschen live und vor Ort mit dabei. Hat sich die Mode durch die Pande­mie verändert?

Eine Weile waren sie einfach praktisch. In der Pande­mie ließ es sich in Jogging­ho­sen gut aushal­ten — oder wahlwei­se in Schlaf­an­zü­gen, mit dicken Strümp­fen an den Füßen. Während des monate­lan­gen Lockdowns dürften so manche Menschen auch modisch andere Wege gegan­gen sein. Oder sagen wir: keine Wege.

Nach langer Pause findet nun in Berlin erstmals wieder eine Modewo­che vor Publi­kum im Saal statt. Dabei steht auch die Frage im Raum, wie die Krise unseren Stil verän­dert. Oder ob sie das überhaupt tut. Vielleicht verän­dern sich auch manche Prioritäten.

Designe­rin Floren­ti­na Leitner glaubt, dass Menschen wieder mehr Lust aufs Experi­men­tie­ren bekom­men könnten. Mit ihren Entwür­fen wurde am Montag­abend der große Laufsteg im Kraft­werk eröff­net. «Manch­mal trage ich auch eine Jogging­ho­se», sagte Leitner. Sie habe aber in diese Kollek­ti­on keine einge­baut, weil sie hoffe, dass «die Jogging­ho­sen-Zeit» jetzt etwas vorbei sei.

Sie glaube, dass Menschen mit Mode den tristen Alltag wieder etwas hinter sich lassen wollten. Und dafür hat sie dann auch ein paar Vorschlä­ge. Enge Körper­an­zü­ge zum Beispiel, bedruckt und glänzend. Blumen­mus­ter und Feder­schmuck. Oder einen Body mit Schwan. Manche Schnit­te erinnern an eine Matro­sen­uni­form. Daneben gibt es auch einen beque­men Kapuzen­pull­over und übergro­ße Hemden.

Inspi­riert sind Leitners Entwür­fe von der Frage, wie eine Reise zum Mond ausse­hen könnte — und vom Mondsee in Öster­reich. Sie sei in ihrer Kindheit öfter an dem See gewesen, sagte die Designe­rin, die aus Öster­reich stammt. Sie habe sich von dem Land inspi­rie­ren lassen wollen, von Trach­ten und Blumen. Und ihr habe die Verbin­dung der gegen­sätz­li­chen Elemen­te gefal­len — Weltall und Seengebiet.

Bis ins Weltall dürfte es auch vor der Krise kaum jemand geschafft haben. Viele mussten wegen der Pande­mie ihren Urlaub ausfal­len lassen — oder konnten nur von daheim aus arbei­ten. Andere mussten zwar weiter zur Arbeit fahren, konnten aber nicht mehr ins Fußball­sta­di­on, in die Kneipe oder ins Kino. Alles Dinge, die Einfluss auf Mode haben können.

Journa­lis­tin Chris­tia­ne Arp hält es aber für ein Klischee, wenn man nun glaubt, Menschen würden in der Jogging­ho­se versa­cken. «Ich denke, dass es eine Zeit lang für uns alle gut funktio­niert hat. Weil wir eben zuhau­se waren», sagte Arp, die lange Chefre­dak­teu­rin der deutschen «Vogue» war. Aber das Rausge­hen und sich Schmü­cken mache ihr und anderen auch Spaß — «und heute noch viel mehr nach diesen Monaten».

Mit der Eröff­nungs­schau zeigte sich Arp zufrie­den. «Genau davon müssten wir in Berlin mehr sehen», sagte sie. Es sei wichtig, dass junge Kreati­ve Plätze hätten, um sich auszu­le­ben, und auch den Mut. Später gebe es für Designer mehr wirtschaft­li­che Zwänge. Arp sagte, für sie persön­lich sei Mode immer noch der Platz, um sich kreativ auszu­le­ben. «Und wenn ich das hier sehe, dann ist das toll.»

Unter dem Dach der Berli­ner Modewo­che laufen mehre­re Veran­stal­tun­gen. Zuletzt sind Teile der Modewo­che nach Frank­furt abgewan­dert, in Berlin gibt es weiter­hin etliche Schau­en, Konfe­ren­zen und andere Forma­te. Neben der Merce­des-Benz Fashion Week sind etwa später noch Schau­en von About You geplant, mit Kollek­tio­nen von Sänge­rin Lena Meyer-Landrut und Leni Klum, der Tochter von Heidi Klum.

Bei der Eröff­nung der Modewo­che war auch Berlins Regie­rungs­chef Micha­el Müller unter den Gästen. Es sei schön, dass es wieder losge­he und man Mode feiern könne, sagte der SPD-Politi­ker. Es seien wie immer ein paar Sachen dabei, bei denen man sich vorstel­len könne, dass man das gut tragen könne. «Und bei anderen bin ich da sehr skeptisch.»

Er glaube, dass sich nach der Pande­mie auch in der Mode wie in der Messe- und Kongress­welt hybri­de Forma­te wieder­fin­den werden. Damit sind Veran­stal­tun­gen gemeint, die sowohl vor Ort als auch im Inter­net statt­fin­den. Bei der Modewo­che etwa werden einzel­ne Veran­stal­tun­gen schon länger auch online übertra­gen. Und wie ist Müllers Meinung zu Jogging­ho­sen? «Ist nicht mein Ding.»