WASHINGTON (dpa) — Die von den Demokra­ten befürch­te­te Erfolgs­wel­le der Republi­ka­ner blieb aus. Präsi­dent Biden sieht sich bestä­tigt — und appel­liert an die Vernunft inner­par­tei­li­cher Gegner von Donald Trump.

US-Präsi­dent Joe Biden macht nach der Parla­ments­wahl einen neuen Anlauf, eine Brücke zu den seit langem von Amtsvor­gän­ger Donald Trump dominier­ten Republi­ka­nern zu schlagen.

Er sei bereit zu Kompro­mis­sen bei vielen Fragen, beton­te der Demokrat. Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass die Trump-Anhän­ger in der Republi­ka­ni­schen Partei inzwi­schen in der Minder­heit seien. Der 79-jähri­ge Präsi­dent kündig­te auch an, dass er voraus­sicht­lich Anfang kommen­den Jahres über eine Kandi­da­tur für eine zweite Amtszeit entschei­den wolle.

Demokra­ten schnei­den besser ab als erwartet

Bei der Zwischen­wahl zur Halbzeit von Bidens Amtspe­ri­ode am Diens­tag hatten die Demokra­ten besser abgeschnit­ten als in vielen Umfra­gen vorher­ge­sagt. Weiter­hin nicht ausge­schlos­sen ist, dass sie die Mehrheit im Reprä­sen­tan­ten­haus und Senat — oder zumin­dest in einer der beiden Kongress­kam­mern — halten. Bis es Klarheit gibt, könnten noch mehre­re Tage oder gar Wochen vergehen.

Den Republi­ka­nern werden etwas besse­re Chancen einge­räumt, eine Mehrheit im Abgeord­ne­ten­haus zu gewin­nen. Im Senat steht noch die Entschei­dung über drei beson­ders umkämpf­te Sitze aus — und am Ende könnte ein einzel­nes Rennen über die Kontrol­le der zurzeit knapp von den Demokra­ten kontrol­lier­ten Kammer entschei­den. Vor der Wahl waren zum Teil hausho­he Siege der Republi­ka­ner erwar­tet worden, die jedoch ausblieben.

Für die Mehrheit im Reprä­sen­tan­ten­haus sind 218 Sitze notwen­dig. Mit den Abstim­mun­gen, zu denen es bereits Ergeb­nis­se oder Progno­sen zum Gewin­ner gibt, kommen die Republi­ka­ner bislang auf 209 Stimmen und die Demokra­ten auf 189 Sitze.

Senato­ren­pos­ten in drei Staaten noch offen

In Georgia, Arizo­na und Nevada war auch in der Nacht zum Donners­tag noch offen, ob Demokra­ten oder Republi­ka­ner die dort zu verge­ben­den Senato­ren­pos­ten bekom­men. Im beson­ders knappen Rennen zwischen Amtsin­ha­ber Rapha­el Warnock und dem republi­ka­ni­schen Heraus­for­de­rer Herschel Walker in Georgia geht es am 6. Dezem­ber in die Stich­wahl. Sollten nicht bereits die Auszäh­lun­gen in Arizo­na und Nevada Klarheit bringen, wird dieses Duell entschei­dend sein.

Die Wähler hätten bei der Parla­ments­wahl demons­triert, dass sie nicht «an jedem Tag eine politi­sche Schlacht durch­le­ben wollen», sagte Beiden am Mittwoch in Washing­ton. Er vertre­te zwar andere Ansich­ten als die Mehrheit der Republi­ka­ner, «aber sie sind anstän­di­ge, ehren­wer­te Leute», sagte Biden.

Trump: Kriti­sche Stimmen mehren sich

Die Partei wurde auch nach Trumps Wahlnie­der­la­ge gegen Biden 2020 weiter­hin vom abgewähl­ten Ex-Präsi­den­ten und dessen Wegge­fähr­ten dominiert. Republi­ka­ni­sche Politi­ker, die sich gegen ihn stellen, wurden von der Partei meist geäch­tet. Doch nun mehren sich in der Partei kriti­sche Stimmen, die Trump dafür verant­wort­lich machen, dass diver­se von ihm unter­stütz­te Kandi­da­ten ihre Rennen verloren.

Biden zeigte den Republi­ka­nern zugleich die Grenzen seiner Kompro­miss­be­reit­schaft auf. Er werde mit seinem Veto jedes Gesetz blockie­ren, das ein landes­wei­tes Verbot von Abtrei­bun­gen oder eine Aushöh­lung der Gesund­heits­vor­sor­ge zum Ziel haben sollte, sagte er.

Biden äußer­te die Hoffnung, dass man nach der Wahl gemein­sam weiter die Ukrai­ne unter­stüt­zen werde. Die USA sind der wichtigs­te Liefe­rant von Waffen für das Land, das seit Ende Febru­ar gegen den Angrei­fer Russland kämpft. Die Republi­ka­ner hatten vor der Wahl signa­li­siert, dass es keinen «Blanko­scheck» für die Ukrai­ne geben werde, falls sie die Mehrheit gewin­nen sollten. Biden konter­te, dass es auch von den Demokra­ten keinen Blanko­scheck gebe.

Kandi­da­tur 2024 für Biden eine Familienentscheidung

Biden bekräf­tig­te, er habe grund­sätz­lich die Absicht, bei der Präsi­den­ten­wahl 2024 wieder anzutre­ten. Letzt­lich sei das aber eine Entschei­dung der Familie. «Ich denke, alle wollen, dass ich kandi­die­re, aber wir werden es bespre­chen.» Er spüre keine Eile und werde eine Entschei­dung nicht davon abhän­gig machen, was sein Amtsvor­gän­ger mache.

Trump hatte am Vorabend der Wahl für den 15. Novem­ber eine «sehr große Mittei­lung» angekün­digt. Es wird erwar­tet, dass es dabei um die Ankün­di­gung einer neuen Präsi­dent­schafts­kan­di­da­tur gehen dürfte. Das Abschnei­den der Republi­ka­ner bei der Wahl schwächt aber die Positi­on von Trump, der auch letzt­lich unter­le­ge­ne Kandi­da­ten wie den TV-Doktor Mehmet Oz im Rennen um einen Senats­sitz unter­stützt hatte. Es war offen, was das für Trumps Pläne bedeu­ten könnte.

Als mögli­cher Rivale für ihn im Rennen um die republi­ka­ni­sche Präsi­dent­schafts­kan­di­da­tur gilt Flori­das Gouver­neur Ron DeSan­tis. Er wurde mit deutli­cher Mehrheit in seinem Amt bestä­tigt — und ging damit gestärkt aus dem großen Wahltag hervor.