BERLIN (dpa) — Auch Kinder werden über die Medien mit Kriegs­bil­dern konfron­tiert. Und sie stellen Fragen, weil der Ukrai­ne-Krieg sehr nahe ist. Bildungs­exper­ten sind sich einig: Das muss in der Schule thema­ti­siert werden.

Bildungs­ge­werk­schaf­ten haben sich dafür ausge­spro­chen, den Ukrai­ne-Krieg in den Schulen aktiv anzusprechen.

«Ich finde es unbedingt richtig, das zu thema­ti­sie­ren», sagte die Vorsit­zen­de der Gewerk­schaft Erzie­hung und Wissen­schaft (GEW), Maike Finnern, der Deutschen Presse-Agentur. «Krieg in Europa — es gab seit dem Zweiten Weltkrieg nur wenige solcher einschnei­den­den Ereig­nis­se in unserer Gesell­schaft. Das muss in Schulen thema­ti­siert werden, um zu infor­mie­ren und um Ängste und Befürch­tun­gen aufzu­fan­gen, die auch entstehen.»

Finnern sprach sich dafür aus, das Thema von sich aus aktiv bei den Schüle­rin­nen und Schülern anzuspre­chen. «Das muss natür­lich alters­an­ge­mes­sen gemacht werden, aber so arbei­ten Lehrkräf­te ohnehin, denn das haben sie gelernt.»

Bilder lösen Ängste bei Schülern aus

Der Vorsit­zen­de des Verbands Bildung und Erzie­hung (VBE), Udo Beckmann, äußer­te sich ähnlich. Die Bilder und Eindrü­cke ließen Schüle­rin­nen und Schüler nicht unberührt und lösten Ängste aus, die auch in der Schule thema­ti­siert werden müssten, sagte er der dpa. Zudem basie­re der Bildungs- und Erzie­hungs­auf­trag von Schule auf einem Werte­ver­ständ­nis, das auf Demokra­tie, Menschen­wür­de, Freiheit sowie einem fried­li­chen Zusam­men­le­ben aller Menschen fuße. «Vor diesem Hinter­grund sehe ich gerade­zu eine Notwen­dig­keit, das russi­sche Vorge­hen in der Ukrai­ne zum Gegen­stand, nicht nur des Politik­un­ter­richts zu machen.»

An den Schulen hat sich nach Angaben des Präsi­den­ten des Deutschen Lehrer­ver­bands, Heinz-Peter Meidin­ger, bereits in den vergan­ge­nen Tagen gezeigt, dass großer Gesprächs- und Diskus­si­ons­be­darf besteht. Genau­so wie in der Gesamt­ge­sell­schaft sei die Erschüt­te­rung und spürba­re Betrof­fen­heit vieler Kinder und Jugend­li­cher enorm groß, sagte er der dpa. «Wenn Schule ihren Auftrag, unsere Schüle­rin­nen und Schüler zur Demokra­tie erzie­hen und einen Beitrag zur Friedens­er­zie­hung zu leisten, erfül­len will — und das ist in allen Bundes­län­dern in den Rahmen­lehr­plä­nen veran­kert, dann muss dieser erste Angriffs­krieg in Europa seit über 80 Jahren thema­ti­siert werden.»

Psycho­lo­gi­sche Beratung bei Bedarf

Die Bundes­län­der, die für Bildung zustän­dig sind, sind bereits aktiv gewor­den. So hatte etwa Mecklen­burg-Vorpom­merns Bildungs­mi­nis­te­rin Simone Olden­burg (Linke) bereits am Tag des russi­schen Angriffs auf die Ukrai­ne empfoh­len, im Unter­richt Zeit einzu­räu­men, um darüber zu sprechen. Bei Bedarf könne psycho­lo­gi­sche Beratung organi­siert werden.

Das Thürin­ger Bildungs­mi­nis­te­ri­um kündig­te ein Schrei­ben für Schulen mit Hinwei­sen zum Umgang mit dem Thema an. «Die Kinder und Jugend­li­chen sollten mit diesen Ereig­nis­sen nicht allei­ne gelas­sen werden», sagte ein Minis­te­ri­ums­spre­cher. Das Schrei­ben soll auch an Jugend­hil­fe­ein­rich­tun­gen und Kinder­gär­ten gehen.

Sachsens Kultus­mi­nis­ter Chris­ti­an Piwarz (CDU) ermutig­te die Lehrkräf­te in einem Brief an die Schulen, das aktuel­le Gesche­hen einschließ­lich der Bericht­erstat­tung im Unter­richt zu thema­ti­sie­ren. «Bisher kannten die Kinder und Jugend­li­chen ebenso wie viele ihrer Eltern und Lehrkräf­te Krieg nur aus Erzäh­lun­gen und Schul­bü­chern. Jetzt ist er leider wieder näher an unsere Lebens­rea­li­tät heran­ge­rückt und in Europa angekom­men», schrieb Piwarz. In diesen besorg­nis­er­re­gen­den Zeiten müsse Schule mehr denn je ein siche­rer Hafen sein.