Nach dem Biontech/P­fi­zer-Impfstoff darf in der EU künftig auch das Präpa­rat des US-Unter­neh­mens Moder­na genutzt werden. Wo gibt es Unter­schie­de und wo Gemeinsamkeiten?

Grünes Licht für den zweiten Corona-Impfstoff: Die Europäi­sche Kommis­si­on hat nach der Beding­ten Zulas­sung für das Produkt von Biontech/Pfizer auch dem Impfstoff des US-Herstel­lers Moder­na eine solche Geneh­mi­gung erteilt. Wo haben die Impfstof­fe Unter­schie­de und wo Gemeinsamkeiten?

Wie sind die Impfstof­fe gebaut?

Bei beiden Mitteln handelt es sich um sogenann­te mRNA-Impfstof­fe. In dem Begriff steht das «m» für messen­ger und «RNA» für ribonu­cleic acid (Deutsch: Ribonu­kle­in­säu­re). Vorher wurde noch kein Impfstoff dieser Art für den Menschen zugelas­sen. Mit der mRNA enthal­ten die Impfstof­fe die Bauan­lei­tung für einen Bestand­teil des Covid-19-Erregers. Auf dieser Grund­la­ge stellen die Körper­zel­len das Virus­pro­te­in her. Gegen dieses entwi­ckelt der Körper seine Immun­ant­wort. Die mRNA wird dabei nicht in das Erbgut des Menschen eingebaut.

Wie gut wirken die Impfstoffe?

Beide Impfstof­fe haben bisher hohe Grade bei der Wirksam­keit erzielt. Das US-Unter­neh­men Moder­na hatte Ende Novem­ber mitge­teilt, dass sein Impfstoff eine Wirksam­keit von 94,1 Prozent besit­ze — gemes­sen 14 Tage nach der zweiten Dosis. Der Pfizer-Impfstoff zeigte eine fast identi­sche Wirksam­keit von 95 Prozent — hier waren es sieben Tage nach der zweiten Dosis. Die Zahlen bezie­hen sich auf die bisher durch­ge­führ­ten Phase-3-Studien.

Ob die genann­ten Zahlen auch bei einem massen­haf­ten Einsatz der Impfstof­fe zu errei­chen sind, wird sich in einigen Monaten zeigen. Unklar ist auch, wie lange die Impfun­gen genau schüt­zen und ob der Geimpf­te das Virus noch weiter­ge­ben kann. Optimis­tisch sind Exper­ten, dass die Impfun­gen auch bei der Corona­vi­rus-Varian­te B.1.1.7 funktio­nie­ren, die in Großbri­tan­ni­en entdeckt wurde und als beson­ders anste­ckend gilt.

Wie oft wird geimpft?

Auch hier gibt es große Überein­stim­mun­gen. Sowohl der Biontech/P­fi­zer- als auch der Moder­na-Impfstoff erfor­dern zwei Wirkstoff­ga­ben. Bei Biontech/Pfizer bekommt der Patient im Abstand von etwa drei Wochen jeweils eine Dosis. Beim Produkt von Moder­na sind es rund vier Wochen.

Der Biontech/P­fi­zer-Impfstoff muss vor dem Sprit­zen mit einer Natri­um­chlo­rid-Lösung verdünnt werden. Jede Dosis enthält 30 Mikro­gramm Impfstoff. Das Produkt von Moder­na wird dagegen bereits gebrauchs­fer­tig gelie­fert und enthält mit 100 Mikro­gramm rund dreimal mehr Impfstoff pro Dosis. Gespritzt wird jeweils in den Oberarm-Muskel. Der Wirkstoff könne für einige Stunden im Muskel bleiben und der Körper habe so Zeit, ihn zu erken­nen und darauf zu reagie­ren, erklärt der Rosto­cker Virolo­ge Andre­as Podbielski.

Welche Neben­wir­kun­gen gibt es?

An der Phase-3-Studie von Biontech/Pfizer betei­lig­ten sich etwa 44 000 Teilneh­mer, bei Moder­na waren es rund 30 000. Unabhän­gig vom Präpa­rat gaben viele Studi­en­teil­neh­mer Schmer­zen an der Injek­ti­ons­stel­le, Müdig­keit sowie Kopf- und Muskel­schmer­zen an. Manche litten auch an Fieber und Schüt­tel­frost. Im Allge­mei­nen waren die Neben­wir­kun­gen schwach bis mäßig und klangen nach kurzer Zeit ab. Bei beiden Impfstof­fen traten die Begleit­erschei­nun­gen öfter bei der zweiten Impfdo­sis auf. Im Vergleich zu Grippe-Impfstof­fen gab es häufi­ge­re Nebenwirkungen.

Wer soll nicht geimpft werden?

Der Biontech/P­fi­zer-Impfstoff ist für Menschen ab 16 Jahren vorge­se­hen. Der von Moder­na ist ab 18 Jahren gedacht, obwohl das Unter­neh­men kürzlich damit begon­nen hat, seinen Impfstoff bei 12- bis 17-Jähri­gen zu testen. Eine Impfemp­feh­lung für Kinder ist laut Robert Koch-Insti­tut «noch nicht abseh­bar». Studi­en dazu seien jedoch geplant.

Einig­keit besteht darin, wer nicht geimpft werden soll. Menschen mit einer aller­gi­schen Reakti­on auf einen der Inhalts­stof­fe oder mit schwe­ren aller­gi­schen Reaktio­nen nach einer vorhe­ri­gen Dosis.

Wie werden die Impfstof­fe gelagert?

Der Impfstoff von Biontech/Pfizer muss bei minus 70 Grad gelagert werden. In spezi­ell entwi­ckel­ten Versand­bo­xen kann das Präpa­rat bis zu 15 Tage trans­por­tiert werden. Beim Moder­na-Impfstoff muss es mit etwa minus 20 Grad Celsi­us im Vergleich nicht ganz so kalt sein.

Unter­schie­de gibt es auch nach dem Auftau­en: Der Pfizer-Impfstoff kann im Kühlschrank gelagert, muss aber inner­halb von fünf Tagen aufge­braucht werden. Der Moder­na-Impfstoff ist 30 Tage bei Kühlschrank­tem­pe­ra­tur und zwölf Stunden bei Raumtem­pe­ra­tur stabil.

Beide Impfstof­fe müssen nach Erstnut­zung inner­halb von sechs Stunden verbraucht werden. Eine Durch­stech­fla­sche reicht bei Biontech/Pfizer für fünf bis maximal sechs Dosen, bei Moder­na für zehn.

Wie teuer sind die Impfstoffe?

Die Preise für die neuar­ti­gen mRNA-Impfstof­fe von Biontech/Pfizer und Moder­na liegen wahrschein­lich um ein Vielfa­ches höher als die von herkömm­li­chen Mitteln, wie sie etwa Astra­ze­ne­ca auf den Markt bringen will. Die belgi­sche Staats­se­kre­tä­rin Eva De Bleeker veröf­fent­lich­te die bisher geheim gehal­te­nen Preise zeitwei­se auf Twitter. Demnach soll eine Dosis des Moder­na-Impfstoffs umgerech­net rund 15 Euro kosten, eine von Biontech/Pfizer 12 Euro, eine von Astra­ze­ne­ca nur 1,78 Euro. Der Tweet wurde später gelöscht.

Wie viel hat die EU bestellt, wie viel bekommt Deutschland?

Von Biontech/Pfizer sind für dieses Jahr 300 Millio­nen Dosen bestellt. Davon bekommt Deutsch­land laut Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um über 85 Millio­nen Impfdo­sen. Mit dem Herstel­ler wird zudem gerade über zusätz­li­che Liefe­run­gen verhan­delt. Moder­na will 2021 etwa 600 Millio­nen Impfdo­sen produ­zie­ren, die EU hat sich derzeit davon 160 Millio­nen gesichert. Deutsch­land erhal­te zwei Millio­nen Dosen im ersten Quartal 2021 und insge­samt 50 Millio­nen im Gesamt­jahr, erklär­te Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU).

Das heißt: Die aktuel­le Zulas­sung dürfte die vorhan­de­ne Knapp­heit zumin­dest nicht kurzfris­tig besei­ti­gen. Der Impfstoff von Astra­ze­ne­ca könnte in der EU — wie in Großbri­tan­ni­en — als nächs­tes an der Reihe sein. Dessen Zulas­sung in der EU (400 Mio. Dosen) wäre aus Sicht von Exper­ten ein großer Schritt nach vorn. Beim preis­wer­ten Vakzin reicht im Gegen­satz zu Biontech/Pfizer und Moder­na eine norma­le Kühlschrank­tem­pe­ra­tur für mindes­tens sechs Monate Lagerung.