BAD WALDSEE — Das Stadt­ar­chiv Bad Waldsee verfügt in seiner Sammlung auch über histo­ri­sche Briefe. Ein Beispiel ist dieser Brief von Matthi­as Erzber­ger. Er wurde an einen Waldseer Bürger adres­siert, der Erzber­ger vorwarf, einen „Frieden um jeden Preis“ zu wollen, um den ersten Weltkrieg zu beenden. Matthi­as Erzber­ger wurde vor 100 Jahren ermordet.

Matthi­as Erzber­ger ist als „Märty­rer der Weima­rer Republik“ in die Geschich­te einge­gan­gen und war einer der bedeu­tends­ten Politi­ker Oberschwa­bens. Ab 1903 saß er für Waldsee, genau­er den Wahlkreis Württem­berg 16, im deutschen Reichs­tag. Als Mitglied der katho­li­schen Zentrums­par­tei war er Exper­te für Militär, Koloni­al- und Finanz­po­li­tik. Inner­halb der Partei war er auch als einer der größten Kriti­ker der deutschen Koloni­al­po­li­tik bekannt. Als Finanz­mi­nis­ter führte er schließ­lich die größte Steuer­re­form der deutschen Geschich­te durch.

Als sich 1918 Minis­ter und Generä­le gewei­gert hatten, nach der Nieder­la­ge im ersten Weltkrieg den Waffen­still­stand zu unter­zeich­nen, war es Erzber­ger, der als neuer Vorsit­zen­der der Waffen­still­stands­kom­mis­si­on den Vertrag von Compiè­g­ne unter­schrieb und damit faktisch das massen­haf­te Töten des ersten Weltkriegs beende. Diese Tat brach­te ihm den Hass rechts­extre­mis­ti­scher Kräfte ein, die ihn als einen der „Novem­ber­ver­bre­cher“ sahen, und die im Rahmen der Dolch­stoß­le­gen­de behaup­te­ten, Erzber­ger wäre den angeb­lich siegrei­chen deutschen Truppen in den Rücken gefal­len. Zu diesem Zeitpunkt waren fast 10 Millio­nen Solda­ten gefallen.

Erzber­ger wurde am 26. August 1921, also vor fast genau 100 Jahren, von Mitglie­dern der rechts­extre­men Organi­sa­ti­on Consul ermor­det. Beide Mörder wurden von Adolf Hitler begnadigt.

Er liegt in Biber­ach begraben.