Mit «Der Spion, der aus der Kälte kam» schaff­te John le Carré 1963 den Durch­bruch. Nun ist der Autor intel­li­gen­ter Spiona­ge­li­te­ra­tur im Alter von 89 Jahren gestorben.

Er starb bereits am Samstag nach kurzer Krank­heit an einer Lungen­ent­zün­dung, wie seine Familie mitteil­te. Er hinter­lässt seine Frau und vier Söhne. Le Carré lebte zuletzt in Cornwall.

Der US-Autor Stephen King würdig­te le Carré auf Twitter als «litera­ri­schen Gigan­ten und humani­tä­ren Geist». Als «einen der großen briti­schen Schrift­stel­ler der Nachkriegs­zeit» bezeich­ne­te ihn Roman-Autor Robert Harris im Gespräch mit dem Nachrich­ten­sen­der Sky News.

Geboren wurde le Carré am 19. Oktober 1931 in der südeng­li­schen Grafschaft Dorset. Geheim­nis­se, Verrat und Lügen durch­zo­gen sein familiä­res Umfeld. Das waren auch die Themen, die er in seinem litera­ri­schen Werk verar­bei­ten sollte. Seine Mutter verließ die Familie, als er fünf Jahre alt war. Sein Vater war ein Hochstap­ler, der zwischen erschwin­del­tem Reich­tum und dem Gefäng­nis pendel­te. Mit ihm setzte sich le Carré in vielen Büchern ausein­an­der, wie zum Beispiel in «Ein blenden­der Spion» (1986).

Le Carré studier­te Germa­nis­tik in der Schweiz und arbei­te­te schließ­lich als Agent für den briti­schen Geheim­dienst — aller­dings nicht beson­ders erfolg­reich. Während­des­sen fing er an zu schrei­ben; mit seinem dritten Roman — «Der Spion, der aus der Kälte kam» — schaff­te er den Durch­bruch. Er wurde bekannt für seine intel­li­gen­ten und spannungs­ge­la­de­nen Spiona­ge­ro­ma­ne, die sich vor allem um den Kalten Krieg drehten.

Gut und Böse verschmol­zen mitein­an­der, die Agenten waren keine Helden, sondern Menschen mit Stärken und Schwä­chen. Ein zentra­ler Charak­ter war der desil­lu­sio­nier­te Meister­spi­on George Smiley, der von seiner Frau betro­gen wurde und an der skrupel­lo­sen Reali­tät seiner Branche litt. Seinen bekann­tes­ten Auftritt hatte Smiley im Bestsel­ler «Dame, König, As, Spion» (1974), der 2011 mit Gary Oldman neu verfilmt wurde.

Der Fall des Eiser­nen Vorhangs verän­der­te le Carrés Blick­win­kel: Seine Bücher handel­ten nun von Waffen­han­del, Machen­schaf­ten von Pharma-Konzer­nen, dem Krieg gegen den Terror oder der russi­schen Mafia.

Seinen letzten Roman «Feder­ball» (Agent Running in the Field), der 2019 erschien, schrieb er unter dem Eindruck des Votums der Briten zum EU-Austritt. Er handelt von jungen Menschen, die sich in ihrem Land nicht mehr vertre­ten fühlen. Ein Gefühl, das der entschie­de­ne Brexit-Gegner le Carré selbst empfand. «Ich glaube meine eigenen Verbin­dun­gen zu England haben sich in den letzten paar Jahren sehr stark gelöst», sagte er dem «Guardi­an».

Noch Anfang dieses Jahres wurde le Carré mit dem schwe­di­schen Olof-Palme-Preis ausge­zeich­net. Er werde «für seine engagier­te und humanis­ti­sche Meinungs­bil­dung in litera­ri­scher Form in Bezug auf die Freiheit des Einzel­nen und die Schick­sals­fra­gen der Mensch­heit» geehrt, hieß es damals in der Begrün­dung der Jury.