RIGA (dpa) — Im ersten WM-Halbfi­na­le seit 2010 zeigte das deutsche Eisho­ckey-Team eine starke Leistung und war Titel­ver­tei­di­ger Finnland mindes­tens ebenbür­tig. Indivi­du­el­le Ausset­zer im ersten Drittel waren aber entschei­dend. Eine Medail­len­chan­ce bleibt.

Nach dem knapp verpass­ten Final-Traum soll die Weltmeis­ter­schaft in Riga für Deutsch­lands Eisho­ckey-Natio­nal­team mit der Bronze­me­dail­le enden.

Die Auswahl von Bundes­trai­ner Toni Söder­holm verlor das erste WM-Halbfi­na­le seit elf Jahren gegen dessen Heimat­land Finnland knapp mit 1:2 (0:2, 1:0, 0:0). Indivi­du­el­le Fehler und verschwen­de­risch ausge­las­se­ne Chancen verhin­der­ten den Überra­schungs­er­folg, der nun aber im Spiel um Platz drei am Sonntag (14.15 Uhr/Sport1) gegen die USA gelin­gen soll. Die deutschen Natio­nal­spie­ler sind fest entschlos­sen, diese Chance auf die erste WM-Medail­le seit 68 Jahren zu ergreifen.

DEB-Team will eine Medaille

«Wir holen morgen Bronze — egal wie», kündig­te der frühe­re NHL-Profi Korbi­ni­an Holzer trotzig an: «Da werden wir noch einmal alles rausho­len. Wir lassen keinen Tropfen mehr im Tank.» Die Nieder­la­ge soll schnell abgehakt werden. «Es ist noch nicht vorbei. Es gibt noch was zu gewin­nen», sagte Stürmer Leo Pföde­rl: «Wir brauchen bloß so weiter­zu­ma­chen. Morgen wollen wir das Ding holen.»

Gegen Titel­ver­tei­di­ger Finnland reich­te eine glänzen­de Leistung der erneut leiden­schaft­lich kämpfen­den deutschen Mannschaft nicht, weil unter anderem auch der bislang so siche­re Torhü­ter Mathi­as Nieder­ber­ger entschei­dend patzte. «Wir haben wahrschein­lich eins unserer, wenn nicht das beste Spiel gespielt. Es war eine großar­ti­ge Leistung von uns», lobte Söder­holm: «Wir haben vieles gemacht, was an einem anderen Abend zum Sieg gereicht hätte. Es ist enttäu­schend, dass wir das Finale nicht erreicht haben.»

Erneut gelingt nur ein Treffer gegen Finnland

Doch ein Überzahl­tref­fer von Mannheims Matthi­as Plach­ta (32. Minute) war zu wenig. Für den gnaden­lo­sen dreima­li­gen Weltmeis­ter Finnland trafen Iiro Pakari­nen (14.) von Jokerit Helsin­ki und Hannes Björn­i­nen (19.) von Pelicans Lahti. Bereits in der Vorrun­de hatte Deutsch­land gegen die Heimat von Söder­holm knapp 1:2 verlo­ren. «Die Enttäu­schung ist jetzt sehr groß», sagte Kapitän Moritz Müller geknickt bei Sport1: «Wir wollten Weltmeis­ter werden.»

Finnland hat jetzt am Sonntag­abend (19.15 Uhr) gegen Kanada die Chance zur Titel­ver­tei­di­gung. Deutsch­land kann im Spiel um die Bronze­me­dail­le gegen die USA immer noch das beste Abschnei­den bei einer WM seit 1953 errei­chen. Damals hatte die Auswahl des Deutschen Eisho­ckey-Bundes bei aller­dings nur drei Teilneh­mern in der Endab­rech­nung Silber gewon­nen, nachdem die Tsche­cho­slo­wa­kei vorzei­tig abgereist war. 2010 bei der Heim-WM kam Platz vier heraus.

Seine Mannschaft hätte die Bronze­me­dail­le verdient, bilan­zier­te Söder­holm und schwärm­te voller Bewun­de­rung von der «unglaub­li­chen Gruppe»: «Es ist ein so beson­de­res Team. Diese Mannschaft hat einen sehr, sehr großen Teil meines Eisho­ckey-Herzens gewonnen.»

Leiden­schaft­li­cher Einsatz

Gegen die Finnen war die DEB-Auswahl nicht nur ebenbür­tig, sondern über weite Strecken besser. Viele Chancen blieben aber ungenutzt. Ausge­rech­net der bislang so starke Nieder­ber­ger patzte zudem bei einem harmlo­sen Schuss von Pakari­nen und ließ die Schei­be ins Tor gleiten. Björn­i­nen erhöh­te kurz vor der ersten Pause gar zum 2:0, nachdem ihm eine abpral­len­de Schei­be nach einem unsau­be­ren Pass von Lukas Reichel auf Moritz Seider in den Lauf gefal­len war.

Dass das deutsche Team ohne indivi­du­el­le Fehler mindes­tens auf Augen­hö­he agier­te, bewies es danach. Im Mittel­ab­schnitt gelang gar ein Tor in Überzahl durch Plach­ta. Das deutsche Power­play war zuvor im Turnier vollkom­men ungefähr­lich gewesen. Hoffnun­gen kamen auf, wie im Viertel­fi­na­le gegen die Schweiz ein 0:2 noch zu drehen. Im Schluss­drit­tel machte Deutsch­land noch einmal Druck und war nun drückend überle­gen. Ein später Ausgleich fiel diesmal aber nicht.

Trotz der erneu­ten Halbfi­nal-Nieder­la­ge — 2010 hatte Deutsch­land in Köln gegen Russland ebenfalls 1:2 verlo­ren — ist die WM schon jetzt ein Erfolg und bestä­tigt die olympi­sche Silber­me­dail­le von Pyeongchang. Söder­holm hatte sich für dieses Turnier, das aufgrund der Corona­vi­rus-Pande­mie unter beson­de­ren Umstän­den in einer Blase und ohne die absolu­ten Top-Stars steigt, Chancen ausge­rech­net. Durch den Einzug in die Vorschluss­run­de festig­te Deutsch­land in der für den WM-Spiel­plan und die Olympia-Quali­fi­ka­tio­nen wichti­gen Weltrang­lis­te Platz sieben und vergrö­ßert den Vorsprung vor dem Erzri­va­len Schweiz.

Von Carsten Lappe und Kristi­na Puck, dpa