Der Steuer­zah­ler­bund in Baden-Württem­berg nimmt in seinem «Schwarz­buch» zur Verschwen­dung öffent­li­cher Gelder in diesem Jahr vor allem zwei Landes­mi­nis­te­ri­en ins Visier. Hefti­ge Kritik übt der Verband am Kauf von 1000 chine­si­schen Beatmungs­ge­rä­ten in der Corona-Pande­mie, die jetzt fast alle in Kellern und Lagern der Klini­ken verstaub­ten. Das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um habe dafür Millio­nen Euro ausge­ge­ben, ohne die Kranken­häu­ser vorher zu fragen, ob sie die Geräte überhaupt brauch­ten. «Wäre dies gesche­hen, hätte die Ausga­be von vielen Millio­nen Euro Anschaf­fungs­kos­ten und abertau­send Euro an Wartungs­kos­ten verhin­dert werden können», heißt es im «Schwarz­buch», das am Mittwoch veröf­fent­licht wurde.

Das Minis­te­ri­um wies die Vorwür­fe zurück und stell­te klar, dass die Geräte 37,7 Millio­nen Euro gekos­tet hätten und nicht — wie vom Steuer­zah­ler­bund berich­tet — 53 Millio­nen Euro. Minis­ter Manne Lucha (Grüne) sagte: «Es ist absurd, uns jetzt vorzu­hal­ten, Hilfs­gü­ter auf dem Weltmarkt beschafft zu haben, die nicht alle zum Einsatz kamen. Ich möchte gerne wissen, was los gewesen wäre, wenn wir nicht genügend Beatmungs­ge­rä­te zur Verfü­gung gehabt hätten und dadurch Menschen gestor­ben wären.» Die SPD verwies darauf, dass Bayern in der Hochpha­se der Pande­mie auch solche Appara­te bestellt habe. «Dort wurden die Verträ­ge aller­dings so gestal­tet, dass am Ende deutlich weniger Geräte abgenom­men werden mussten.»

Warnung vor Debakel bei Pflegekammer

Im Kapitel «Verschwen­dung droht» warnt der Bund der Steuer­zah­ler Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) davor, für viel Geld eine Pflege­kam­mer zu gründen. Obwohl solche Kammern in Nieder­sach­sen und Schles­wig-Holstein nach wenigen Jahren wieder geschlos­sen wurden, halte Lucha an seinen Plänen fest. Eigent­lich sollen Beschäf­tig­te mithil­fe der Pflege­kam­mer mehr Mitspra­che erhal­ten können. Doch ob das gelingt, daran hat auch die Gewerk­schaft Verdi große Zweifel. Das größte Problem dürfte jedoch sein: Alle Pflege­kräf­te müssten Mitglied in der Kammer werden und einen Zwangs­bei­trag bezah­len. Der Bund der Steuer­zah­ler warnt mit Blick auf den «teuren Flop» in anderen Ländern: «Ein solches Debakel darf sich in Baden-Württem­berg nicht wiederholen.»

«Geld spielt keine Rolle?» Hermann fördert E‑Autofahrer und Radler

Wie schon der Landes­rech­nungs­hof im Sommer geht der Steuer­zah­ler­bund mit Verkehrs­mi­nis­ter Winfried Hermann (Grüne) hart ins Gericht. Grund sind verschie­de­ne Förder­pro­gram­me, um Autofah­rer zum Umstieg auf ein E‑Auto zu bewegen. Es sei unver­ständ­lich, dass das Land weite­re Prämi­en wie den «BW-e-Solar-Gutschein» auslo­be, obwohl schon der Bund bis zu 6000 Euro Steuer­geld für die Anschaf­fung eines E‑Fahrzeugs zuschie­ße. Für die Landes­re­gie­rung gelte hier offen­sicht­lich das Motto: «Geld spielt keine Rolle», monier­te der Steuer­zah­ler­bund. Es könne nicht angehen, dass sich das Land einen «Überbie­tungs­wett­be­werb bei Förder­pro­gram­men» mit dem Bund liefere.

Null Verständ­nis hat der Verband auch für Hermanns Aktion «Pendler Brezel» zuguns­ten von Fahrrad­fah­rern. An fünf Tagen im Mai und Juni konnten sich Radler, die mit ihrem Draht­esel zur Arbeit fuhren, bei 650 teilneh­men­den Bäcke­rei­en morgens eine Gratis­bre­zel abholen. Das Minis­te­ri­um sponsor­te die Aktion mit über 58 000 Euro. Das sei eine «unnöti­ge PR-Aktion zu Lasten der Steuer­zah­ler» gewesen.

Und nochmal Verkehrs­mi­nis­te­ri­um: Mit einer App soll es künftig gelin­gen, Straßen­bau­stel­len im Südwes­ten besser abzuwi­ckeln. Die Kosten für die sogenann­te Integra­tor-App werden laut Steuer­zah­ler­bund auf etwa 200.000 Euro geschätzt. Das Problem: Die Bauin­dus­trie will nicht mitma­chen, weil sie ihre Daten nicht einfach weiter­ge­ben möchte. Auch hier moniert der Steuer­zah­ler­bund: Es wäre gut gewesen, sich vor der Entwick­lung der App mit der Branche auszu­tau­schen. Jetzt bestehe die Gefahr, «dass sich die bishe­ri­gen Kosten deutlich erhöhen oder die Ausga­ben sogar ganz ohne Nutzen sein werden».

Ein «baukul­tu­rel­les Ausru­fe­zei­chen» mit verdrei­fach­ten Kosten

Eine wahre Kosten­ex­plo­si­on erleb­te die Stadt Aalen im Ostalb­kreis bei ihren Plänen für einen Fußgän­ger­steg, der die Innen­stadt mit dem sogenann­ten Stadt­oval beim Bahnhof verbin­den soll. Ganz zu Anfang der Planun­gen, im Jahr 2015, hieß es noch, das Projekt solle drei Millio­nen Euro kosten. Einige Jahre später hieß es dann, die Stadt habe die Kosten zu niedrig angesetzt, zudem hätte das Projekt europa­weit ausge­schrie­ben werden müssen. Mittler­wei­le werden die Kosten auf fast 10,4 Millio­nen Euro geschätzt, im Mai war Baube­ginn. Die Stadt ist trotz­dem stolz auf den Steg, der 141 Meter lang sein und 19 Gleise überspan­nen soll. Er sei nicht nur eine «wichti­ge Fußgän­ger­brü­cke, sondern gleich­zei­tig ein baukul­tu­rel­les Ausru­fe­zei­chen», heißt es auf der Website der Stadt.

Bücher­schrank für Riesen in Mössingen

In der Lokal­zei­tung war schon von «Schild­bü­cher­streich» die Rede: In Mössin­gen bei Tübin­gen wurde in der Bahnhof­stra­ße ein öffent­li­cher Bücher­schrank aufge­stellt, aller­dings kommen an das obers­te Regal nur sehr große Menschen heran. Der 2,60 Meter hohe Schrank wurde auf einem 40 Zenti­me­ter hohen Beton­so­ckel aufge­baut. Kosten­punkt: 15.000 Euro. Die Stadt ist reumü­tig: «Bei der Planung ist leider ein Fehler passiert, was die Höhe des obers­ten Buchre­gals angeht», hieß es aus dem Rathaus laut Steuerzahlerbund.