Bund und Länder haben ihren Streit über die Finan­zie­rung geplan­ter Entlas­tungs­maß­nah­men in der Krise beigelegt und den Weg unter anderem für einen Nachfol­ger für das 9‑Euro-Ticket freigemacht.

Bei Beratun­gen der Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und ‑präsi­den­ten der Länder mit Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch im Kanzler­amt wurden auch Finan­zie­rungs­fra­gen beim Wohngeld und bei der Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen geklärt sowie zusätz­li­che finan­zi­el­le Unter­stüt­zungs­maß­nah­men für Härte­fäl­le, etwa im Gesund­heits­we­sen und im Kultur­be­reich vereinbart.

«Wir haken uns unter und wir lösen die Proble­me unseres Landes gemein­sam», sagte Scholz nach dem Beratun­gen. Die Verstän­di­gung zur Finan­zie­rung von Entlas­tungs­maß­nah­men sei sehr sorgfäl­tig vorbe­rei­tet und dann zügig gefun­den worden. Der Vorsit­zen­de der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz, Nieder­sach­sens Regie­rungs­chef Stephan Weil (SPD), sagte, man habe Themen über die es monate­lang Streit gegeben habe zwischen Bund und Ländern, abräu­men können. Nordrhein-Westfa­lens Minis­ter­prä­si­dent Hendrik Wüst (CDU) sprach von Klarheit, die die Menschen bräuch­ten, um gut durch den Winter zu kommen.

Bei der vorhe­ri­gen Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz im Oktober waren viele Fragen offen geblie­ben. Bund und Länder standen diesmal unter Einigungs­druck. Grund­sätz­lich ging es bei den Beratun­gen um viele bereits bekann­te Vorha­ben, wie die Gaspreis­brem­se, bei denen die Finan­zie­rung und die Ausge­stal­tung im Detail bisher aber noch nicht geklärt waren.

«Deutsch­land­ti­cket»

Das greif­bars­te Ergeb­nis gab es beim Nachfol­ger des 9‑Euro-Tickets. Die Verkehrs­mi­nis­ter von Bund und Ländern hatten sich bereits auf ein künfti­ges 49-Euro-Ticket verstän­digt. Die Bundes­län­der hatten aber dauer­haft höhere Zuschüs­se für ihren öffent­li­chen Nahver­kehr vom Bund (Regio­na­li­sie­rungs­mit­tel) zur Bedin­gung gemacht. Die zusätz­li­chen Mittel aus Berlin soll es nun geben. Damit kann das geplan­te «Deutsch­land­ti­cket» für 49 Euro kommen — «so schnell wie technisch möglich», wie Verkehrs­mi­nis­ter Volker Wissing (FDP) am Mittwoch­abend sagte. Ob es schon zum 1. Januar klappt, ist offen.

Gaspreis­brem­se

Die wesent­li­chen Regelun­gen waren hier schon bekannt: Neben der Übernah­me des Dezem­ber­ab­schlags der Gasrech­nung soll im kommen­den Jahr der Gaspreis für einen bestimm­ten Verbrauch gedeckelt werden — ab Januar für die Indus­trie, für Privat­kun­den ab März. Die Länder konnten sich nicht damit durch­set­zen, die «Winter­lü­cke» zwischen Dezem­ber­ab­schlag und März zu schlie­ßen und auch für die Privat­kun­den eine Preis­brem­se schon ab Januar zu errei­chen. Immer­hin haben sie aber die Zusage vom Bund bekom­men, dass eine Umset­zung für Febru­ar angestrebt werden soll. Die geplan­te Strom­preis­brem­se soll dagegen schon «zum 1. Januar 2023 entlas­tend wirken», wie es im Beschluss von Bund und Ländern heißt.

Holzpel­lets und Ölheizungen

Hier könnte es auch Hilfen geben, aber Bund und Länder bleiben in dem Punkt noch ziemlich vage. «Miete­rin­nen und Mieter, die durch Aufwen­dun­gen für die Bevor­ra­tung dieser Heizmit­tel finan­zi­ell stark überfor­dert sind, sollen entlas­tet werden», heißt es im gemein­sa­men Beschluss. Und weiter: «Auch für selbst­ge­nutz­tes Wohnei­gen­tum, bei dem die Bevor­ra­tung dieser Heizmit­tel zu unzumut­ba­ren Belas­tun­gen führt, ist eine Unter­stüt­zung im Sinne einer Härte­fall­re­ge­lung angedacht.»

Zusätz­li­ches Geld für Klini­ken, Kultur und kleine­re Unternehmen

Strom- und Gaspreis­brem­se werden in manchen Berei­chen nicht ausrei­chen, damit sich Einrich­tun­gen und Betrie­be finan­zi­ell über Wasser halten können, weil sie selbst zum Beispiel kaum Strom und Gas sparen können. Deshalb soll es eine Härte­fall­re­ge­lung geben: 12 Milli­ar­den Euro, davon 8 für Klini­ken und Pflege­ein­rich­tun­gen. Das Geld soll aus dem Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds kommen, der in der Pande­mie für Unter­neh­mens­hil­fen einge­rich­tet und nun für die Abfede­rung der aktuel­len Krise mit bis zu 200 Milli­ar­den Euro ausge­stat­tet wurde — zur Finan­zie­rung der Gaspreis­brem­se und anderer Maßnahmen.

Über den Fonds sollen Bund und Ländern zufol­ge zudem «geziel­te Hilfen» für Kultur­ein­rich­tun­gen zur Verfü­gung gestellt werden. Kultur­staats­mi­nis­te­rin Claudia Roth (Grüne) sprach von einer Milli­ar­de Euro. Auch für kleine und mittle­re Unter­neh­men könnte es eine Härte­fall­re­ge­lung geben, die aber noch geson­dert ausge­han­delt werden soll. Der Bund will dafür ebenfalls eine Milli­ar­de Euro aus dem Wirtschafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds bereitstellen.

Wohngeld-Reform

Bund und Länder wollen sich die Kosten für die geplan­te Reform des Wohngelds teilen. Es bleibe dabei, dass die staat­li­che Hilfe für Gering­ver­die­ner zur Hälfte von den Ländern finan­ziert werde, heißt es im Beschluss. Eigent­lich wollten die Länder das Wohngeld finan­zi­ell nicht mehr mittra­gen. Damit ist auch diese Hürde aus dem Weg und der staat­li­che Mietzu­schuss für Menschen mit gerin­gen Einkom­men kann wie geplant zum 1. Januar refor­miert werden. Er soll dann um durch­schnitt­lich 190 Euro pro Monat steigen. Außer­dem soll er an 1,4 Millio­nen Bürger mehr gezahlt werden als bisher. Es geht um Kosten von 5,1 Milli­ar­den Euro.

Flücht­lin­ge

Der Bund betei­ligt sich mit zusätz­li­chen Mitteln in Milli­ar­den­hö­he bei der Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen. Das hatten die Länder gefor­dert. Für das laufen­de Jahr geht es um zusätz­li­che 1,5 Milli­ar­den Euro für die Versor­gung von Geflüch­te­ten unter anderem aus der Ukrai­ne, wie Scholz sagte. Bisher waren 2 Milli­ar­den Euro für die Versor­gung von Ukrai­ne-Flücht­lin­gen zugesagt. Für das kommen­de Jahr soll es 1,5 Milli­ar­den Euro für die Aufnah­me von Flücht­lin­gen aus der Ukrai­ne geben, für Menschen aus anderen Ländern wird eine jährli­che Pauscha­le von 1,25 Milli­ar­den Euro angekündigt.