Deutsch­land steuert auf zusätz­li­che Alltags­be­schrän­kun­gen zu. Die Infek­ti­ons­zah­len und viele Äußerun­gen der Politik deuten darauf hin. Die Frage ist aller­dings: Was genau soll kommen — und wie lange?

Kurz vor Beratun­gen über mögli­che neue Verschär­fun­gen des Lockdowns wegen der Corona-Pande­mie ringen Bund und Länder um das weite­re Vorgehen.

Schles­wig-Holsteins Minis­ter­prä­si­dent Daniel Günther forder­te, nicht allein über neue Beschrän­kun­gen zu reden. «Wir müssen auch beschrei­ben, was heißt das in den Monaten Febru­ar, März, April, wenn bestimm­te Inzidenz­wer­te unter­schrit­ten werden, welche Berei­che können wir auch dann dauer­haft wieder öffnen», sagte der CDU-Politi­ker am Samstag im Sender Phoenix. Bei den angelau­fe­nen Corona-Impfun­gen kann Impfstoff künftig einfa­cher einge­setzt werden.

Wie aus aktua­li­sier­ten Handlungs­emp­feh­lun­gen des Herstel­lers Biontech hervor­geht, kann sein Präpa­rat nun auch schon als ferti­ge Dosis in der Sprit­ze bis zu sechs Stunden bei 2 bis 8 Grad trans­por­tiert werden. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) sprach von einer guten Nachricht beson­ders für Pflege­be­dürf­ti­ge, die zu Hause auf eine Impfung warten. Die Länder könnten nun flexi­bler organi­sie­ren. «Dass ferti­ge Impfdo­sen in Sprit­zen künftig bereits in den Impfzen­tren für den Trans­port vorbe­rei­tet werden können, hilft ganz praktisch beim Kampf gegen die Pande­mie», sagte Spahn der Deutschen Presse-Agentur.

Bisher wurde empfoh­len, schon verdünn­ten Impfstoff nicht zwischen Einrich­tun­gen zu trans­por­tie­ren — also zwischen den Impfzen­tren der Länder, wo das Präpa­rat bei minus 70 Grad lagert, und Impf-Einsät­zen in Pflege­hei­men oder Einrich­tun­gen des betreu­ten Wohnens. Aus einer Ampul­le können nun auch sechs statt fünf Impfdo­sen gezogen werden. Der Impfstoff von Biontech und seines US-Partners Pfizer wurde Ende 2020 als erster in der EU zugelas­sen, inzwi­schen wird auch das Präpa­rat des US-Herstel­lers Moder­na in Deutsch­land eingesetzt.

Mit Blick auf die Eindäm­mung des Corona­vi­rus ziehen Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) und die Minis­ter­prä­si­den­ten ihre Beratun­gen auf kommen­den Diens­tag vor — Hinter­grund sind weiter hohe Infek­ti­ons- und Todes­zah­len und Sorge wegen einer neuen, wohl anste­cken­de­ren Virus-Varian­te. Günther sagte, natür­lich müsse man sich mit der Mutati­on ausein­an­der­set­zen und ob die Maßnah­men ausreich­ten. Man habe aber feststel­len können, dass die gerade verschärf­ten Beschrän­kun­gen eine Wirkung entfal­tet hätten. «Die Infek­ti­ons­zah­len gehen in vielen Ländern runter.» So liege in Schles­wig-Holstein die Zahl der Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner in sieben Tagen nun bei gut 85. Dies sei noch weit von 50 entfernt — diese Sieben-Tage-Inzidenz wird bundes­weit angestrebt. Es sei aber auch noch ein bisschen Zeit bis Ende des Monats, sagte Günther.

Kanzler­amts­chef Helge Braun (CDU) hält eine «Kraft­an­stren­gung» bis zum Sommer für nötig. Die Infek­ti­ons­zah­len müssten gesenkt werden, beson­ders die nächs­ten drei bis vier Monate würden schwer, sagte er am Freitag­abend auf dem digita­len CDU-Partei­tag. Im Sommer werde sich alles sehr gut fügen. Thürin­gens Minis­ter­prä­si­dent Bodo Ramelow (Linke) sprach von drei schwe­ren Monaten und sagte dem Nachrich­ten­por­tal t‑Online: «Ab Ostern kommen uns hoffent­lich das besse­re Wetter und zusätz­li­che Impfstof­fe zur Hilfe.»

Unions­frak­ti­ons­chef Ralph Brink­haus (CDU) plädier­te für eine umfas­sen­de Auswei­tung der Maßnah­men. «Jetzt lieber einmal richtig — anstatt eine Endlos­schlei­fe bis in den Sommer hinein», sagte er der «Neuen Osnabrü­cker Zeitung». Saar-Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans (CDU) sagte der «Rheini­schen Post»: «Mehr Impfen allein verhin­dert nicht einen weite­ren Lockdown.» Brink­haus und Hans zeigten sich offen dafür, auch nächt­li­che Ausgangs­be­schrän­kun­gen zu erwägen. «Es muss alles auf den Tisch gelegt werden», sagte Brink­haus im WDR. Hans sagte: «Dies gilt für das Thema Ausgangs­sper­re, aber auch für die Diskus­si­on um die Arbeit im Homeof­fice.» SPD-Frakti­ons­vi­ze Bärbel Bas, regte im Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land eine Homeof­fice-Pflicht an, die aber auch durch­ge­setzt werden müsste.

Die Gesund­heits­äm­ter melde­ten 18.678 neue Infek­tio­nen und 980 neue Todes­fäl­le binnen eines Tages, wie das Robert Koch-Insti­tut (RKI) am Samstag bekannt­gab. Bundes­weit liegt die Zahl der Neuin­fek­tio­nen pro pro 100.000 Einwoh­ner in sieben Tagen nun bei 139. Unter den Ländern gibt es aber weiter erheb­li­che Unter­schie­de. Die höchs­ten Fallzah­len hat Thürin­gen mit 268, den niedrigs­ten Wert hat Bremen mit 80.