MELBOURNE (dpa) — Novak Djoko­vic kam nach Austra­li­en, um mit dem 21. Grand-Slam-Titel einen Meilen­stein in der Tennis-Geschich­te zu errei­chen. Nun wird der serbi­sche Weltrang­lis­ten-Erste das Land nach einem Corona-Drama um sein Visum ohne ein Austra­li­an-Open-Match verlassen.

Der Gerichts­kri­mi ist entschie­den: Der serbi­sche Tennis­star Novak Djoko­vic kann seinen Titel bei den Austra­li­an Open nicht vertei­di­gen und muss das Land verlassen.

Der Weltrang­lis­ten-Erste hat in seiner Visums-Frage vor dem austra­li­schen Bundes­ge­richt verlo­ren. Wie das Gericht entschied, wurde der Einspruch des 34-Jähri­gen gegen seine verwei­ger­te Einrei­se und die Annul­lie­rung des Visums abgelehnt. Die Entschei­dung sei einstim­mig gefal­len, hieß es in der Bekannt­ga­be der drei Richter James Allsop, Antho­ny Besan­ko und David O’Cal­lag­han. Die Begrün­dung solle frühes­tens am Montag, dem ersten Turnier­tag der Austra­li­an Open, erfol­gen. Djoko­vic müsse die Kosten des Verfah­rens zahlen.

«Ich bin extrem enttäuscht über die Entschei­dung», teilte Djoko­vic kurz darauf in einer Stellung­nah­me mit, aus der mehre­re Medien zitier­ten. Das Urteil ist die abschlie­ßen­de Wendung in der Einrei­se-Geschich­te, die seit knapp zwei Wochen weit über die Tennis-Szene hinaus inter­na­tio­na­les Inter­es­se auf sich gezogen hat. «Ich fühle mich unwohl, dass ich der Fokus der vergan­ge­nen Wochen gewesen bin, und ich hoffe, dass wir uns nun alle auf das Spiel und das Turnier, das ich liebe, konzen­trie­ren können», so Djokovic.

Regie­rungs­chef Morri­son begrüßt Gerichtsentscheid

Austra­li­ens Premier­mi­nis­ter Scott Morri­son begrüß­te die Gerichts­ent­schei­dung. «Jetzt ist es an der Zeit, mit den Austra­li­an Open weiter­zu­ma­chen und wieder den Tennis-Sommer zu genie­ßen», schrieb der Regie­rungs­chef bei Facebook.

Die Entschei­dung sei aus Gründen der «Gesund­heit, Sicher­heit und der Ordnung» gefal­len, schrieb Morri­son. Es sei «im öffent­li­chen Inter­es­se» gesche­hen. «Starke Grenzen sind für die austra­li­sche Lebens­wei­se von grund­le­gen­der Bedeu­tung — genau­so wie die Rechtsstaatlichkeit.»

Wüten­de Reaktio­nen aus Serbien

Die Reaktio­nen aus Djoko­vics Heimat Serbi­en auf die Entschei­dung fielen empört aus. «In Melbourne geschah die größte Schan­de in der Geschich­te des Sports! Schäm dich, Austra­li­en!», schrieb das Portal «kurir.rs». «Das Recht hat verlo­ren, die Politik hat gesiegt.» Das Portal «informer.rs» titel­te: «Erschüt­tert wie noch nie!»

Djoko­vic zieht offen­bar keine weite­ren juris­ti­schen Schrit­te in Erwägung. Er respek­tie­re die Entschei­dung des Gerichts und werde mit den entspre­chen­den Autori­tä­ten koope­rie­ren, was seine Abrei­se aus Austra­li­en betref­fe, teilte er mit. Einem Bericht der Nachrich­ten­agen­tur AAP zufol­ge wäre eine Berufung vor dem High Court, dem höchs­ten Gericht Austra­li­ens, möglich gewesen. Die Erfolgs­chan­cen waren aber ohnehin gering.

ATP bedau­ert Djoko­vics Fehlen

Die Herren-Tennis-Organi­sa­ti­on ATP bedau­er­te die endgül­ti­ge Auswei­sung von Djoko­vic. Zwar sei die Entschei­dung des Gerichts letzten Endes zu akzep­tie­ren — «unabhän­gig davon, wie dieser Punkt erreicht worden ist, ist Novak einer der größten Champi­ons unseres Sports und sein Fehlen bei den Austra­li­an Open ist ein Verlust für das Spiel», hieß es in einer ATP-Mitteilung.

«Wir wissen, wie turbu­lent die vergan­ge­nen Tage für Novak gewesen sind und wie sehr er seinen Titel in Melbourne vertei­di­gen wollte. Wir wünschen ihm alles Gute und freuen uns darauf, ihn bald zurück auf dem Platz zu sehen», hieß es in dem ATP-State­ment weiter. Die ATP empfeh­le allen Spielern vehement, sich impfen zu lassen.

Einrei­se wurde verweigert

Djoko­vic ist nicht gegen das Corona­vi­rus geimpft und deswe­gen eine umstrit­te­ne Person in dem Land, das seit Beginn der Pande­mie harte Regeln aufge­stellt hat. Er wollte mit einer medizi­ni­schen Ausnah­me­ge­neh­mi­gung an den Austra­li­an Open teilneh­men, bei denen eigent­lich nur geimpf­te Spiele­rin­nen und Spieler dabei sein dürfen. Die Behör­den hatten ihm in der vorigen Woche die Einrei­se verwei­gert. Eine erste Gerichts­ent­schei­dung am Montag war zu seinen Gunsten ausge­fal­len, Djoko­vic hatte darauf­hin die Vorbe­rei­tung auf die Austra­li­an Open fortgesetzt.

Das erste Grand-Slam-Turnier der Saison hat der 20-fache Grand-Slam-Turnier­sie­ger bereits neunmal gewon­nen und zuletzt drei Jahre nachein­an­der trium­phiert. Er ist Rekord­cham­pi­on des Events. Am Montag­abend sollte der Topge­setz­te seine Erstrun­den­par­tie gegen seinen Lands­mann Miomir Kecma­no­vic bestrei­ten. Für ihn wird nun ein Lucky Loser nachrü­cken — also ein Spieler, der eigent­lich in der Quali­fi­ka­ti­on ausge­schie­den war.

Sein Ziel war, mit dem zehnten Austra­li­an-Open- und insge­samt 21. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier allei­ni­ger Rekord­hal­ter vor Roger Federer und Rafael Nadal zu werden. Momen­tan teilt sich Djoko­vic mit seinen Rivalen aus der Schweiz und Spani­en diese Bestmar­ke. Alle drei haben je 20 Titel bei den vier wichtigs­ten Turnie­ren geholt.

Sitzung auf YouTube-Kanal des Bundesgerichts

Die Anhörung vor dem Bundes­ge­richt hatte am Sonntag­mor­gen Ortszeit um 9.30 Uhr begon­nen. Rund fünf Stunden später hatten sich die drei Richter für die Urteils­fin­dung zurück­ge­zo­gen, ehe sie die Entschei­dung am frühen Abend verkün­de­ten. Mehr als 85.000 Menschen schau­ten zwischen­zeit­lich die entschei­den­de Sitzung auf dem YouTube-Kanal des Bundesgerichts.

In der Anhörung ging es unter anderem darum, ob Djoko­vic mit seinem Aufent­halt eine «Anti-Impf-Stimmung» in Austra­li­en förde­re. Das hatte die austra­li­sche Regie­rung als einen Grund angege­ben, warum Einwan­de­rungs­mi­nis­ter Alex Hawke am Freitag das Visum von Djoko­vic erneut für ungül­tig erklärt hatte. Die Anwäl­te des Serben warfen die Frage auf, ob Hawke nicht bedacht habe, ob auch eine «Anti-Impf-Stimmung» geschürt werde, wenn das Visum des Tennis­pro­fis für ungül­tig erklärt werde.

Wie AAP berich­te­te, hatte Djoko­vic die Sitzung aus dem Büro seiner Anwäl­te in Melbourne verfolgt. Die Nacht vor der Verhand­lung beim Bundes­ge­richt hatte er in einem Abschie­be­ho­tel verbracht. Dort war er bereits für vier Tage gewesen, als ihm anfangs die Einrei­se verwei­gert worden war. Der abschlie­ßen­den Verhand­lung war eine tagelan­ge Hänge­par­tie vorausgegangen.

Er werde sich nun ein bisschen Zeit nehmen, sich zu erholen, bevor er darüber hinaus weite­re Kommen­ta­re abgebe, teilte Djoko­vic mit. Mit seinem Aus steigen auch für Olympia­sie­ger Alexan­der Zverev die Titel­chan­cen. Der Hambur­ger hat sich vorge­nom­men, in Melbourne seinen ersten Grand-Slam-Titel zu erobern.