BERLIN (dpa) — Mitten in der vierten Corona-Welle hat der Bundes­rat nach langem Ringen grünes Licht für neue Corona-Aufla­gen gegeben. Die Länder stimm­ten am Freitag einstim­mig für das umstrit­te­ne, von SPD, Grünen und FDP vorge­leg­te Infektionsschutzgesetz.

Eskala­ti­on abgewen­det. Die Länder haben den Corona-Plänen der Ampel-Fraktio­nen doch zugestimmt. Doch die Kritik bleibt: Der «Instru­men­ten­kas­ten» reiche nicht aus, um die vierte Corona-Welle zu brechen.

Das bedeu­tet 3G am Arbeits­platz, in Bussen und Zügen, aber vorerst keine Ausgangs­be­schrän­kun­gen und flächen­de­cken­de Schul­schlie­ßun­gen mehr.

Die Union hatte ursprüng­lich mit einer Blocka­de gedroht: Der neue «Instru­men­ten­kas­ten» schrän­ke die Möglich­kei­ten der Länder zu stark ein und reiche nicht zum Brechen der Infek­ti­ons­wel­le, hatten CDU-Politi­ker kriti­siert. Nach einer Bund-Länder-Runde am Donners­tag zeich­ne­te sich jedoch ein Kompro­miss ab: Das Gesetz der Ampel-Partei­en soll bereits in drei Wochen evalu­iert und gegebe­nen­falls nachge­bes­sert werden.

Bund-Länder-Runde brach­te den Durchbruch

Das sei der Grund, warum man dem Gesetz im Bundes­rat überhaupt zustim­men könne, machten mehre­re Minis­ter­prä­si­den­ten unions­ge­führ­ter Länder klar. Inhalt­lich seien die Pläne der Ampel-Partei­en falsch und gefähr­lich, sagte der Minis­ter­prä­si­dent von Hessen, Volker Bouffier (CDU). SPD, Grüne und FDP hätten sich geirrt — aber nicht die Größe, das einzu­ge­ste­hen. Die Unions-Länder stimm­ten jetzt nur zu, um zu verhin­dern, dass man am Ende ganz ohne Rechts­grund­la­ge für Corona-Aufla­gen daste­he, machten Sachsen-Anhalts Minis­ter­prä­si­dent Reiner Hasel­off und Nordrhein-Westfa­lens Minis­ter­prä­si­dent Hendrik Wüst (beide CDU) klar.

Das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz beinhal­tet unter anderem 3G-Vorga­ben am Arbeits­platz sowie in Bussen und Bahnen. Hier wären dann jeweils Nachwei­se über Impfung, Genesung oder negati­ven Test nötig. Für Pflege­hei­me und Klini­ken sind Testpflich­ten für Beschäf­tig­te und Besucher vorge­se­hen. Außer­dem kehrt die Homeof­fice-Pflicht zurück. Wer Impfpäs­se fälscht, kann härter bestraft werden.

Kontakt­be­schrän­kun­gen, Masken­pflicht, Abstand

Weiter­hin möglich sind demnach auch Kontakt­be­schrän­kun­gen, Vorschrif­ten zum Abstand halten, die Masken­pflicht und auch Zutritts­be­schrän­kun­gen nur auf Geimpf­te und Genese­ne (2G).

Auf der anderen Seite aber sollen etwa flächen­de­cken­de Schlie­ßun­gen von Schulen, Kitas, Betrie­ben und Geschäf­ten künftig nicht mehr möglich sein. Nur einzel­ne Einrich­tun­gen mit beson­ders hohen Infek­ti­ons­zah­len können geschlos­sen werden, nicht aber etwa alle in einem Landkreis oder gar einem Bundes­land. Auch Beschrän­kun­gen von Reisen, Übernach­tungs­mög­lich­kei­ten und Schlie­ßun­gen von Restau­rants sind mit dem neuen Gesetz tabu.

Schlie­ßung der Gastro­no­mie nicht mehr möglich

Das hält die Union für riskant. Es könne nicht sein, dass etwa die flächen­de­cken­de­re Schlie­ßung der Gastro­no­mie nicht mehr möglich sei, sagte Wüst bereits am Donners­tag­abend. Außer­dem dürfe die derzei­ti­ge Rechts­grund­la­ge für Corona-Aufla­gen, die «Epide­mi­sche Lage von natio­na­ler Tragwei­te», nicht einfach auslau­fen. Das sei ein «fatales Signal an die Bevöl­ke­rung», sagte auch Bouffier.

Dieser Ausnah­me­zu­stand gibt den Landes­re­gie­run­gen bisher die Möglich­keit, auf einfa­chem Verord­nungs­weg weitrei­chen­de Schrit­te zu ergrei­fen. Nach dem Willen der Ampel-Fraktio­nen sollen künftig über viele Fragen die Landes­par­la­men­te entschei­den, etwa über Einschrän­kun­gen von Kultur- und Sportveranstaltungen.

Einschrän­kun­gen für Ungeimpfte

In den kommen­den Wochen kommen vor allem auf Ungeimpf­te ohnehin bereits Einschrän­kun­gen zu. Bund und Länder beschlos­sen am Donners­tag, dass sie künftig überall da keinen Zutritt zu Freizeit­ver­an­stal­tun­gen, Gastro­no­mie und Hotels mehr haben, wo eine bestimm­te Anzahl an Corona-Patien­ten ins Kranken­haus einge­wie­sen wird. Die meisten Länder reißen diesen Schwel­len­wert schon jetzt. Hier soll künftig 2G gelten, also Teilnah­me nur für Geimpf­te und Genesene.

Die Bundes­län­der baten den Bund zudem, in bestimm­ten Einrich­tun­gen wie Kranken­häu­sern und Pflege­hei­men eine Impfpflicht für alle einzu­füh­ren, die Kontakt zu beson­ders gefähr­de­ten Perso­nen haben. Der Bund wolle darüber in Kürze entschei­den, kündig­te die geschäfts­füh­ren­de Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) an. Auch die Kontrol­len der Impf- und Testnach­wei­se sollen verschärft werden.