BRÜSSEL (dpa) — Deutsch­land stand in der europäi­schen Diskus­si­on um ein Öl-Embar­go gegen Russland lange auf der Bremse. Das hat sich offen­bar geändert. Muss Russland bald auf weite­re Milli­ar­den-Umsät­ze verzichten?

Die Bundes­re­gie­rung unter­stützt nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur europäi­sche Planun­gen für ein Einfuhr­ver­bot für russi­sches Öl.

Berlin habe sich in den jüngs­ten Vorge­sprä­chen zu einem sechs­ten Sankti­ons­pa­ket klar für die Einfüh­rung eines Embar­gos ausge­spro­chen, erfuhr die Agentur am Wochen­en­de von EU-Diplo­ma­ten in Brüssel. Ein entspre­chen­der Beschluss der Europäi­schen Union sei damit deutlich wahrschein­li­cher geworden.

Als Bremser bei dem Thema Ölembar­go gelten damit nur noch Ungarn, Öster­reich und die Slowa­kei sowie Spani­en, Itali­en und Griechen­land. Länder wie die Slowa­kei und Ungarn sind dabei nach Angaben von Diplo­ma­ten bislang vor allem wegen ihrer großen Abhän­gig­keit von russi­schen Öllie­fe­run­gen gegen ein schnel­les Einfuhr­ver­bot. In den südeu­ro­päi­schen Ländern wird unter­des­sen vor allem der nach einem Embar­go erwar­te­te Anstieg der Energie­prei­se für Verbrau­cher mit großer Besorg­nis gesehen.

Erfolg­rei­che Suche nach Alternativen

Grund für die deutsche Kurswen­de dürften die jüngs­ten Erfol­ge bei der Suche nach alter­na­ti­ven Öl-Liefe­ran­ten sein. So hatte Wirtschafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) am vergan­ge­nen Diens­tag angekün­digt, es sei gelun­gen, die Abhän­gig­keit Deutsch­lands von russi­schem Öl von 35 Prozent vor Beginn des Ukrai­ne-Krieges inner­halb von acht Wochen auf 12 Prozent zu senken.

Wie es mit den Embar­go-Planun­gen weiter­geht, wird sich vermut­lich bereits in den kommen­den Tagen zeigen. Die EU-Kommis­si­on unter Führung von Ursula von der Leyen will nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur so schnell wie möglich den Entwurf für ein neues Paket mit Russland-Sanktio­nen präsen­tie­ren, um den Druck auf die Regie­rung in Moskau noch einmal zu erhöhen.

Große Frage beim Ölembar­go war aller­dings bis zuletzt noch, was für Übergangs­fris­ten gelten sollten. Angesichts der relativ großen Gruppe von Staaten mit Beden­ken könnte der Vorschlag lauten, die Einfuhr russi­schen Öls noch bis Herbst oder sogar bis in den Winter zuzulas­sen. Ursprüng­li­cher Plan der Kommis­si­on war es nach dpa-Infor­ma­tio­nen, das neue Sankti­ons­pa­ket Anfang der Woche zu präsen­tie­ren, nun könnte es wegen noch anhal­ten­der Abstim­mun­gen — auch mit Partnern außer­halb der EU — aber noch etwas länger dauern.

450 Millio­nen Euro täglich

Als denkba­re Alter­na­ti­ve zu einem Import­ver­bot gilt die Einfüh­rung von Preis­ober­gren­zen für Öl aus Russland. Befür­wor­ter argumen­tie­ren, dass sie ebenfalls dafür sorgen könnten, dass Russland deutlich weniger Geld mit Energie­ex­por­ten verdient — zugleich dürften aber die Risiken für die europäi­sche Wirtschaft gerin­ger sein. Voraus­set­zung für das Funktio­nie­ren eines solchen Plans wäre aller­dings, dass auch aus Staaten außer­halb der EU kein russi­sches Öl zu Preisen oberhalb der Obergren­zen gekauft wird. Nach Schät­zun­gen der Denkfa­brik Bruegel wurde in die EU zuletzt täglich russi­sches Öl im Wert von etwa 450 Millio­nen Euro importiert.

Neben neuen Sanktio­nen gegen den russi­schen Ölsek­tor wird das neue Sankti­ons­pa­ket der EU vermut­lich weite­re Handels­be­schrän­kun­gen sowie Straf­maß­nah­men gegen weite­re Perso­nen und Unter­neh­men umfas­sen. Unter letzte­ren soll nach dpa-Infor­ma­tio­nen diesmal auch die größte russi­sche Bank, die Sberbank, sein.