BERLIN (dpa) — Angesichts der vierten Corona-Welle soll das gerade erst geänder­te Infek­ti­ons­schutz­ge­setz nachge­schärft werden. Unter anderem sollen härte­re Maßnah­men in Hotspots möglich sein.

Der Bundes­tag berät heute erstmals über die geplan­te Corona-Impfpflicht für Perso­nal in Klini­ken oder Pflegeheimen.

Die Pläne der Ampel-Partei­en SPD, Grüne und FDP sehen außer­dem vor, dass Impfun­gen künftig auch von Zahnärz­ten oder Apothe­kern durch­ge­führt werden können. Die Länder sollen darüber hinaus die Möglich­keit bekom­men, in Hotspots auch schär­fe­re Corona-Maßnah­men wie Restau­rant­schlie­ßun­gen zu ergreifen.

Für die Neure­ge­lun­gen soll erneut das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz geändert werden, das erst im Novem­ber refor­miert worden war. Ziel ist ein Beschluss noch in dieser Woche. Der Bundes­rat kommt deshalb am Freitag zu einer Sonder­sit­zung zusammen.

Kling­beil gegen Parteipolitik

SPD-General­se­kre­tär Lars Kling­beil, der am Wochen­en­de zum Co-Partei­chef gewählt werden soll, warb angesichts der Corona-Lage für ein gemein­sa­mes Vorge­hen über Partei­gren­zen hinweg. «Es darf da keine Farbspie­le geben. Sondern es muss überpar­tei­lich ein Bündnis geben, das den Schutz der Bürge­rin­nen und Bürger in den Mittel­punkt stellt», sagte er am Montag­abend in den ARD-«Tagesthemen».

Angespro­chen darauf, dass die Ampel-Partei­en gegen­über ihren ursprüng­li­chen Plänen zum Infek­ti­ons­schutz­ge­setz nachschär­fen mussten, sagte er: «Ja, aber da sage ich Ihnen auch: Da darf es keinen falschen Stolz geben, und da darf es kein partei­po­li­ti­sches Denken geben. Sondern wir müssen das tun, was notwen­dig ist, um schwie­ri­ge Wochen, die jetzt vor uns liegen, um die zu meistern.»

Einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht

Der vorab bekannt­ge­wor­de­ne Gesetz­ent­wurf sieht vor, dass zum 15. März 2022 eine sogenann­te einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht einge­führt wird: Betrof­fen sind Beschäf­tig­te etwa in Klini­ken, Pflege­hei­men, Arztpra­xen, bei Rettungs­diens­ten oder Entbin­dungs­ein­rich­tun­gen. Befris­tet sollen nach entspre­chen­den Schulun­gen auch Apothe­ker, Tier- und Zahnärz­te zu Impfun­gen bei Menschen ab 12 Jahren berech­tigt werden. Die Punkte im Einzelnen:

- Spezi­al-Impfpflicht: In Einrich­tun­gen wie Klini­ken oder Pflege­hei­men gebe es «nach mehrmo­na­ti­ger Impfkam­pa­gne noch relevan­te Impflü­cken», heißt es im dpa vorlie­gen­den Entwurf. Beschäf­tig­te sollen daher bis 15. März ihre vollstän­di­ge Impfung oder Genesung nachwei­sen — oder Arzt-Beschei­ni­gun­gen vorle­gen, dass sie nicht geimpft werden können. Gelten soll es auch für Perso­nal von Arztpra­xen, Rettungs­diens­ten oder Entbindungseinrichtungen.

- Mehr Impfun­gen: Neben Ärzten sollen befris­tet auch Apothe­ker, Tier- und Zahnärz­te zu Impfun­gen bei Menschen ab zwölf Jahren berech­tigt werden. Voraus­set­zung sollen eine ärztli­che Schulung und geeig­ne­te Räumlich­kei­ten oder Einbin­dun­gen in mobile Impfteams sein. Muster-Schulungs­kon­zep­te sollen bis 31. Dezem­ber entwi­ckelt werden.

- Schär­fe­re regio­na­le Maßnah­men I: Bei sehr kriti­scher Lage sollen die Länder — wenn ihre Parla­men­te das beschlie­ßen — härte­re Beschrän­kun­gen für Freizeit oder Sport anord­nen können. Ausgangs­be­schrän­kun­gen, pauscha­le Geschäfts- und Schul­schlie­ßun­gen sind nach einem ersten Ampel-Gesetz ausge­schlos­sen — nun soll laut Entwurf präzi­siert werden, dass Versamm­lun­gen und Veran­stal­tun­gen unter­sagt werden können, die keine geschütz­ten Demons­tra­tio­nen sind: beson­ders größe­re Sport­ver­an­stal­tun­gen. Klarge­stellt werden soll, dass Schlie­ßun­gen etwa der Gastro­no­mie und Verbo­te von Kongres­sen möglich sind — aber von Fitness­cen­tern und Schwimm­hal­len nicht.

- Schär­fe­re regio­na­le Maßnah­men II: Einzel­ne Länder hatten kurz vor Ende der «Epide­mi­sche Lage von natio­na­ler Tragwei­te» am 25. Novem­ber noch auf dieser alten Rechts­grund­la­ge umfas­sen­de­re härte­re Maßnah­men beschlos­sen. Diese können bisher bis 15. Dezem­ber in Kraft bleiben. Laut dem Entwurf soll diese Frist bis 15. Febru­ar verlän­gert werden.

Inzidenz stabi­li­siert

Die Sieben-Tage-Inzidenz — die Zahl der Corona-Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner inner­halb einer Woche — hatte sich zuletzt nach einem steilen Anstieg stabi­li­siert. Der Hambur­ger Virolo­ge Jonas Schmidt-Chana­sit sagte der «Passau­er Neuen Presse» dazu, man könne speku­lie­ren, «ob das mit den begrenz­ten Kapazi­tä­ten im Gesund­heits­we­sen zu tun hat, was die Fallmel­dun­gen beein­träch­ti­gen könnte» (…). «Einiges deutet auf eine gewis­se Beruhi­gung im Infek­ti­ons­ge­sche­hen hin. Ob das aber eine echte Trend­um­kehr ist, die in einem Rückgang der Zahlen mündet, das kann man noch nicht sagen.» Er sei da eher zurückhaltend.