KIEW (dpa) — Seit Kriegs­be­ginn hat kein hochran­gi­ger Politi­ker der Bundes­re­pu­blik die Ukrai­ne besucht. Nun ist die formal zweit­höchs­te deutsche Reprä­sen­tan­tin in Kiew zu Besuch.

Bundes­tags­prä­si­den­tin Bärbel Bas ist am Sonntag in Kiew einge­trof­fen, wo sie an den Gedenk­ver­an­stal­tun­gen zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 77 Jahren teilneh­men will.

Die SPD-Politi­ke­rin ist nach dem Bundes­prä­si­den­ten die zweit­höchs­te Reprä­sen­tan­tin der Bundes­re­pu­blik und damit die wichtigs­te deutsche Politi­ke­rin, die die Ukrai­ne seit Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs besucht. Sie folgt einer Einla­dung des ukrai­ni­schen Parla­ments­prä­si­den­ten Ruslan Stefantschuk.

Im Namen des Deutschen Bundes­ta­ges will die SPD-Politi­ke­rin am Grabmal des Unbekann­ten Solda­ten und am Denkmal für die ermor­de­ten ukrai­ni­schen Juden in Babyn Jar Kränze nieder­le­gen. Bas und Stefant­schuk wollen gemein­sam aller zivilen und militä­ri­schen Opfer des Zweiten Weltkrie­ges geden­ken. Geplant ist auch ein Gespräch mit dem ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Wolodym­yr Selen­skyj — sofern die Sicher­heits­la­ge dies zulässt.

Das Verhält­nis zwischen Berlin und Kiew war in den vergan­ge­nen Wochen extrem angespannt gewesen. Verur­sacht wurde dies vor allem durch das Ausla­den von Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er, der zusam­men mit den Präsi­den­ten Polens und der drei balti­schen Staaten nach Kiew reisen wollte. In Berlin wurde dies als ein beispiel­lo­ser Vorgang und Affront gewer­tet. Die Irrita­tio­nen wurden laut Bundes­prä­si­di­al­amt bei einem Telefon­ge­spräch von Stein­mei­er und Selen­skyj am vergan­ge­nen Donners­tag aber ausgeräumt.

Baerbock-Reise geplant

Vor der Bundes­tags­prä­si­den­tin war am vergan­ge­nen Diens­tag der CDU-Vorsit­zen­de Fried­rich Merz in Kiew gewesen. In den kommen­den Tagen ist zudem eine Reise von Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock (Grüne) geplant.

Bas will mit dem Besuch der Millio­nen Opfer geden­ken, die der von Hitler-Deutsch­land entfes­sel­te Zweite Weltkrieg weltweit verur­sacht hat — in der Ukrai­ne, aber auch in Russland, Belarus, Polen, im Balti­kum und in den übrigen Staaten Mittel- und Osteu­ro­pas. In beson­de­rer Weise möchte sie auch der im Holocaust ermor­de­ten Juden geden­ken, der immensen Opfer in der Zivil­be­völ­ke­rung und in der Roten Armee.

Die SPD-Politi­ke­rin versteht ihre Reise zugleich als beson­de­ren Ausdruck der Solida­ri­tät des Bundes­ta­ges mit der Ukrai­ne. Sie will deutlich machen, dass Deutsch­land in dem von Russland ausge­hen­den völker­rechts­wid­ri­gen Angriffs­krieg fest an der Seite der um ihre Existenz kämpfen­den Ukrai­ne steht. Deutsch­land hat die Ukrai­ne seit 2014 mit rund zwei Milli­ar­den Euro unter­stützt. Bas wirbt auch dafür, weiter­hin mit diplo­ma­ti­schen Mitteln eine politi­sche Lösung für die Beendi­gung des Konflikts zu suchen.

Offen ist weiter, ob und wann Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) in die Ukrai­ne reisen wird. Selen­skyj hat ihn für diesen Montag einge­la­den. Am 9. Mai feiert Russland den sowje­ti­schen Sieg über das natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Deutsch­land im Zweiten Weltkrieg. Scholz könne einen «sehr starken politi­schen Schritt» unter­neh­men und am 9. Mai in die ukrai­ni­sche Haupt­stadt kommen, sagte Selen­skyj bei einer Veran­stal­tung der Londo­ner Denkfa­brik Chatham House am vergan­ge­nen Freitag.