VALENCE (dpa) — Weltmeis­ter Alaphil­ip­pe berei­tet vor, Altstar Caven­dish vollendet: Die Quick-Step-Maschi­ne läuft bei der Tour de France, der alte Rekord von Eddy Merckx wackelt.

Unter den dunklen Gewit­ter­wol­ken von Valence herzte Mark Caven­dish Weltmeis­ter Julian Alaphil­ip­pe, setzte sein breites­tes Grinsen auf — und redete kurz vor der Einstel­lung des Uralt-Rekords von Eddy Merckx seine eigene Leistung klein.

«Ich habe fast nix gemacht, außer die letzten paar Meter schnell zu fahren», sagte der 36 Jahre Altstar nach seinem dritten Etappen­sieg bei der diesjäh­ri­gen Tour de France. Mit seinem insge­samt 33. Triumph rückt er der belgi­schen Rad-Legen­de Merckx (34) immer näher — und in Abwesen­heit mehre­rer Top-Sprin­ter scheint der Brite in diesem Jahr einfach nicht zu überwinden.

«War die alte Schule»

«Das war die alte Schule, das war eine perfek­te Anfahrt meines Teams — es war so, wie du es im Lehrbuch erwar­ten würdest», hob Caven­dish nach dem dritten Erfolg im dritten Massen­sprint dieser Tour hervor. Sein Rennstall Deceu­ninck-Quick-Step hatte das Finale nach 190,7 Kilome­tern vom Olympia-Ort Albert­ville nach Valence am Diens­tag ideal vorbe­rei­tet. Caven­dish selbst vollende­te dann, indem er vor den beiden Belgi­ern Wout van Aert und Jasper Philip­sen siegte. «Ich gehe nicht auf das Grüne Trikot, ich gehe auf Etappen­sie­ge. Und so sammle ich die Punkte für das Trikot», schil­der­te Cavendish.

Unter anderem Alaphil­ip­pe hatte für den Routi­nier gearbei­tet. Caven­dish präsen­tier­te beim ersten Sieger­inter­view stolz und verschwitzt das Grüne Trikot und hörte gar nicht mehr damit auf, seinen Mitstrei­tern zu danken. «Ich bin so demütig. Der Sieger der Flandern-Rundfahrt fährt für mich, der Weltmeis­ter fährt für mich — und ich muss es dann zu Ende bringen», sagte Caven­dish — es gelang ihm wie schon in Fougè­res und Château­roux famos. Im Kampf ums Grüne Trikot ist er mit 218 Zählern schon weit voraus, 59 Punkte liegt er vor Micha­el Matthews.

Weltmeis­ter­li­che Vorarbeit

Auch der geschla­ge­ne Van Aert musste zugeben: «Ich war sehr gut positio­niert und am Hinter­rad von Caven­dish. Aber am Ende hat der beste Mann gewon­nen.» Weltmeis­ter Alaphil­ip­pe freute sich, dass seine Vorar­beit belohnt wurde. «Wir wollten heute etwas zeigen und wussten, dass Mark in großar­ti­ger Form ist», sagte der 29-Jähri­ge, der selbst schon eine Etappe bei dieser Tour für sich entschie­den hat.

Bis Paris gibt es vier weite­re Sprint­chan­cen. Dann will auch der deutsche Routi­nier André Greipel besser abschnei­den. Am Diens­tag schaff­te er es auf Rang sieben. Es war sein bislang stärks­tes Resul­tat, doch für einen Podest­platz scheint die Endge­schwin­dig­keit des 38-Jähri­gen nicht mehr zu reichen. «Der Körper ist nach dem Ruhetag ein bisschen einge­schla­fen. Es wird ein paar Kilome­ter brauchen, ihn wieder aufzu­we­cken», hatte Greipel am Start gesagt.

Nach der Sprint-Show zum Ventoux

Nach der perfekt vorbe­rei­te­ten Sprint-Show von Routi­nier Caven­dish, der ein nervö­ser Etappen­ver­lauf voraus­ging, dürfte sich der Fokus schon am Mittwoch wieder komplett auf den neuen Tour-Domina­tor Tadej Pogacar richten. Der Slowe­ne hatte in den Alpen am vergan­ge­nen Wochen­en­de die komplet­te Konkur­renz­dü­piert und gilt bei der schwe­ren Etappe, bei der am Mittwoch der legen­dä­re Mont Ventoux in der Provence erstmals gleich doppelt überquert wird, als heißes­ter Anwär­ter auf den nächs­ten großen Coup.

Im Gegen­satz zu den harten und kalten Alpen-Etappen am Wochen­en­de hat die nächs­te Corona-Testrei­he keine Folgen für das Feld ergeben. 164 von 165 Fahrern konnten das Rennen zum Start der zweiten Tour-Woche fortset­zen, nur der Deutsche Jonas Koch konnte wegen einer nicht näher genann­ten Krank­heit nicht mehr an den Start gehen.

Schon seit dem Wochen­en­de nicht mehr dabei ist der von einem Sturz geplag­te Primoz Roglic. Der Jumbo-Visma-Profi galt als einer der Topfa­vo­ri­ten auf Gelb, nachdem er sich 2020 nur knapp Lands­mann Tadej Pogacar geschla­gen geben musste. Wenn es nach Sport­di­rek­tor Merijn Zeeman geht, wird Roglic im nächs­ten Jahr einen weite­ren Anlauf wagen. «Er wird nächs­tes Jahr zur Tour zurück­keh­ren. Das ist das Rennen, bei dem er zeigen möchte, dass er die Nummer eins der Welt ist. Er wird zurück­kom­men», sagte Zeeman dem Fachpor­tal «Cycling­news».

Von Patrick Reichardt und Tom Bachmann, dpa