ST. INGBERT (dpa) — Für den CDU-Vorstand war es die erste Klausur mit dem neuen Partei­chef Fried­rich Merz. Überschat­tet wurde das Treffen vom Krieg. Doch es gibt auch klare Ansagen in Richtung Ampel-Regierung.

Die CDU fordert im Zusam­men­hang mit den nach Deutsch­land kommen­den Kriegs­flücht­lin­gen aus der Ukrai­ne die Einrich­tung eines zentra­len Krisen­sta­bes des Bundes.

Dieser Krisen­stab sei nötig, «auch um die Vertei­lung der Flücht­lin­ge bundes­weit und in Europa gerecht zu beglei­ten», heißt es in einem bei der Klausur des CDU-Bundes­vor­stan­des am Samstag im saarlän­di­schen St. Ingbert einstim­mig verab­schie­de­ten Beschluss. Der Bund müsse zentra­le Liegen­schaf­ten zur Verfü­gung stellen, um die Unter­brin­gung der Menschen in Turnhal­len und Schulen unbedingt zu vermeiden.

Außer­dem fordert die CDU einen stärke­ren Einsatz für die Energie­si­cher­heit. «Wir sind nicht Notna­gel, wir sind konstruk­ti­ve Opposi­ti­on», sagte der CDU-Vorsit­zen­de Fried­rich Merz. In einer ganzen Reihe wichti­ger Fragen fehlten aber dringend benötig­te Vorschlä­ge der Bundesregierung.

Die wichtigs­ten Themen, Aussa­gen und Beschlüs­se der CDU-Spitze:

Russland

Nicht alle Brücken zu Russland sollten abgebro­chen werden, sagte Merz. «Wir wollen mit denen im Kontakt bleiben, die insbe­son­de­re aus dem kultu­rel­len Bereich den Austausch mit uns weiter wollen. Und wir sollten ihn auch von unserer Seite aus fortset­zen, wo immer möglich». Er beton­te: «Russland ist nicht unser Feind.» Es gebe dort «eine despo­ti­sche Regie­rung, ein verbre­che­ri­sches Regime, das diesen Angriffs­krieg jetzt führt». Putin müsse «als das bezeich­net werden, was er ist: Ein Kriegs­ver­bre­cher», heißt es in einem einstim­mig verab­schie­de­ten Beschluss der CDU-Spitze.

Die CDU hoffe, dass man mit der russi­schen Bevöl­ke­rung auch künftig, «im guten Austausch und in einer guten Nachbar­schaft sein und vielleicht irgend­wann wieder auf Dauer bleiben können», sagte Merz. Auch die Städte­part­ner­schaf­ten sollten nicht gekün­digt werden.

Flücht­lin­ge

Es sei eine «gemein­sa­me Pflicht in Europa, die Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne aufzu­neh­men». Nötig sei nun ein zentra­ler Krisen­stab des Bundes, um die Vertei­lung der Flücht­lin­ge gerecht zu beglei­ten. Der Bund müsse auch zentra­le Liegen­schaf­ten zur Verfü­gung stellen, um die Unter­brin­gung in Turnhal­len und Schulen zu vermeiden.

Energie­si­cher­heit

Bei Gas, Öl und Kohle sei Deutsch­land sehr stark darauf angewie­sen, dass Russland liefe­re, sagte Merz. «Wir müssen von einem Szena­rio ausge­hen, dass diese Liefe­run­gen reduziert oder gar unter­bro­chen werden.» Für diesen Fall müssten «alle Optio­nen ergeb­nis­of­fen geprüft werden, wie aktuell, für den nächs­ten Winter und in den nächs­ten Jahren Energie­si­cher­heit gewähr­leis­tet werden kann».

Zurück­hal­tend äußer­te sich Merz zu einer Verlän­ge­rung der Laufzei­ten der verblie­be­nen Kernkraft­wer­ke in Deutsch­land, um die Energie­si­cher­heit sicher­zu­stel­len. Es sei ein Fehler gewesen, 2011 aus der Kernener­gie auszu­stei­gen. Dieser sei aber nicht rückgän­gig zu machen, sagte er. Der Wieder­ein­stieg in die noch laufen­den Kernkraft­wer­ke, die zum Ende des Jahre abgeschal­tet werden sollen, werde in jeder Hinsicht sehr schwie­rig. Es sei offen, ob dies gehe. Falls die Bundes­re­gie­rung tatsäch­lich aus der Braun­koh­le­ver­stro­mung ausstei­gen wolle, brauche man andere siche­re Energie­trä­ger: «Hier liegen die Aufga­ben bei der Bundesregierung.»

Derzeit sei die CDU gegen einen Verzicht auf Gas- und Ölimpor­te aus Russland, sagte Merz. «Aber wir sind offen, wenn sich dieser Krieg fortsetzt, wenn auch die Grausam­kei­ten an der Zivil­be­völ­ke­rung sich fortset­zen sollten, dass wir dann auch zu diesem Mittel greifen müssten.»

Bundes­wehr

Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe die «unein­ge­schränk­te Unter­stüt­zung» beim Vorha­ben, 100 Milli­ar­den Euro für Inves­ti­tio­nen in die Bundes­wehr bereit­zu­stel­len. Es bestehe aber kein Spiel­raum «für andere Vorha­ben, andere Pläne oder andere Ideen, die der eine oder andere immer schon gehabt haben mag». Das Geld müsse «vollstän­dig in die Ausrüs­tung, in die Ausbil­dung und in die Struk­tur der Bundes­wehr gesteckt werden». «Einige Versäum­nis­se aus der Vergan­gen­heit» müssten korri­giert werden. «Wir sind aber nicht bereit, diese Versäum­nis­se ausschließ­lich uns zuord­nen zu lassen.»

Opposi­ti­ons­rol­le

Die CDU will laut Merz in der Opposi­ti­on Vorschlä­ge der Bundes­re­gie­rung kritisch prüfen. Aber: «Wir sind für die Bundes­re­gie­rung nicht die Reser­ve­bank, aus der sie sich die Ersatz­spie­ler nachho­len kann, wenn sie die eigenen Spieler nicht mehr auf den Platz bringt. Die Bundes­re­gie­rung muss schon im Parla­ment bei den wichti­gen Fragen auch in Zukunft eine eigene Mehrheit haben.» Für Grund­ge­setz­än­de­run­gen könne es Gründe geben: «Und dann schau­en wir uns an, ob wir die Notwen­dig­keit auch sehen.»

Von Dieter Ebeling und Jörg Blank, dpa