Es ist ein überra­schen­der Kompro­miss im Macht­kampf um den CDU-Vorsitz. Merz, Laschet und Röttgen erspa­ren der Partei damit vor dem wichti­gen Super­wahl­jahr 2021 eine Zerreiß­pro­be. Vorerst.

Ex-Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz, NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet und der Außen­po­li­ti­ker Norbert Röttgen hätten sich nach inten­si­ver Beratung verstän­digt, den Bundes­vor­stand zu bitten, den Partei­tag zu diesem Zeitpunkt anzuset­zen. Die Kandi­da­ten äußer­ten sich erfreut über den Kompromiss.

Merz, Laschet und Röttgen hatten sich nach dpa-Infor­ma­tio­nen bei mehre­ren Schalt­kon­fe­ren­zen am Freitag und Samstag auf die Einigung verstän­digt. Damit haben sie der Partei vorerst eine weite­re Zerreiß­pro­be im Macht­kampf um die Nachfol­ge von Partei­che­fin Annegret Kramp-Karren­bau­er erspart.

Mit dazu beigetra­gen haben dürften Äußerun­gen von Merz in einer Mail an seine Anhän­ger vom Freitag. Darin hatte er geschrie­ben, er habe in der Partei sehr viel Zustim­mung, aber auch Kritik für seinen Vorstoß von Anfang der Woche bekom­men. «Über die Zustim­mung freue ich mich, die Kritik nehme ich sehr ernst.» Merz hatte zudem geschrie­ben: «Ich bin keines­wegs dogma­tisch festge­legt auf ein bestimm­tes Datum und zu vernünf­ti­gen Kompro­mis­sen natür­lich jeder­zeit bereit.» Dies wurde in der CDU auch als Bemühen verstan­den, dem mit großer Schär­fe aufge­flamm­ten Streit die Spitze zu nehmen.

Merz hatte nach der Verschie­bung des am 4. Dezem­ber geplan­ten Präsenz­par­tei­tags wegen der drastisch steigen­den Corona-Infek­ti­ons­zah­len ins neue Jahr auf eine Lösung der Vorsitz­fra­ge noch in diesem Jahr gepocht. Zugleich warf er Teilen des «Partei­estab­lish­ments» wegen der Absage vor, ihn verhin­dern zu wollen. Der «Welt» sagte er, er habe «ganz klare, eindeu­ti­ge Hinwei­se darauf, dass Armin Laschet die Devise ausge­ge­ben hat: Er brauche mehr Zeit, um seine Perfor­mance zu verbes­sern.» CDU-Chefin Annegret Kramp-Karren­bau­er wies die Thesen von Merz deutlich zurück und warnte vor Verschwörungstheorien.

Ziemi­ak schrieb: «Die Kandi­da­ten präfe­rie­ren einen zentra­len Präsenz­par­tei­tag. Wenn das und auch ein dezen­tra­ler Präsenz­par­tei­tag nicht möglich sein sollten, plädie­ren sie für einen Online-Partei­tag mit digita­ler Wahl des Bundes­vor­stan­des.» Diese Wahl soll anschlie­ßend durch eine einma­li­ge schrift­li­che Schluss­ab­stim­mung bestä­tigt werden. Über das Verfah­ren im Einzel­nen sowie die recht­li­chen und techni­schen Fragen soll laut Ziemi­ak abschlie­ßend in der CDU-Vorstands­sit­zung am 14. Dezem­ber entschie­den werden.

Das Thema dürfte aller­dings auch bei den CDU-Gremi­en­sit­zun­gen im Novem­ber eine wichti­ge Rolle spielen. So kommt das CDU-Präsi­di­um, die engste Führungs­spit­ze um Kramp-Karren­bau­er, am 9. und 16. Novem­ber zusam­men. Der größe­re Vorstand tagt am 16. November.

Der Partei­tag könnte nach der Einigung der drei Bewer­ber am 16. Januar statt­fin­den. Dass das Treffen der 1001 Delegier­ten angesichts der grassie­ren­den Corona-Pande­mie doch noch an einem zentra­len Ort organi­siert werden kann, galt in der CDU zuletzt als unwahr­schein­lich. Ein Online-Partei­tag mit einer rein digita­len Abstim­mung ist derzeit recht­lich noch nicht möglich. Es wird aber geprüft, ob und wie in den nächs­ten Wochen eine parla­men­ta­ri­sche Einig­keit über ein solches Vorge­hen herge­stellt werden kann.

So rief Kramp-Karren­bau­er die anderen Partei­en auf, an einer Änderung des Grund­ge­set­zes mitzu­wir­ken, um in Corona-Zeiten einen Partei­vor­stand auch online wählen zu können. «Die sichers­te Form wäre eine Grund­ge­setz­än­de­rung, die für die Zukunft digita­le Wahlen möglich macht», sagte sie dem «Spiegel». «Alle sind betrof­fen. Deswe­gen appel­lie­re ich an alle: Lasst uns das gemein­sam hinbekommen.»

Zudem war in den vergan­ge­nen Wochen auch noch über andere Varian­ten zur Vorsit­zen­den­wahl nachge­dacht worden. Eine Möglich­keit war, dass Delegier­te an mehre­ren Orten zusam­men­kom­men und per Urnen­wahl abstim­men. Auch dieses Modell ist stark von der Pande­mie-Entwick­lung abhän­gig und wurde deshalb intern als unsicher bewertet.

Eine weite­re Varian­te wäre ein digita­ler Partei­tag mit anschlie­ßen­der Brief­wahl. Auch hier gab es intern Beden­ken, da davon ausge­gan­gen wird, dass ein solcher Modus wegen mögli­cher Stich­wah­len und des langen Postver­kehrs bis zu zweiein­halb Monate dauern könnte. Dieses quälen­de Verfah­ren könnte die Wahlkämp­fe vor den wichti­gen Landtags­wah­len in Baden-Württem­berg und Rhein­land-Pfalz am 14. März beein­träch­ti­gen, die als erste Gradmes­ser für die Stimmung im Land vor der Bundes­tags­wahl im Septem­ber gelten.

Der CDU-Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te Axel Fischer sagte: «Dies zeigt, dass alle drei Kandi­da­ten die Dring­lich­keit erkannt haben und die monate­lan­ge lähmen­de Hänge­par­tie um den CDU-Vorsitz beenden wollen. Dies ermög­licht es der CDU, zügig ein Profil für die vor uns stehen­den Wahlen zu erarbei­ten und nach außen kraft­voll zu vertreten.»

Alle drei Kandi­da­ten reagier­ten auch auf Twitter. «Das Wichtigs­te in diesen Tagen ist für uns, das Land gut durch die Corona-Pande­mie zu bringen», schrieb Laschet. Deshalb sei entschie­den worden, den Partei­tag zu verschie­ben. «Wir brauchen aber Klarheit für das neue Jahr. Dem dient unser gemein­sa­mer Vorschlag.»

Merz twitter­te: «Ich begrü­ße die Einigung auf einen Partei­tag Mitte Januar 2021 sehr. Es ist ein guter Kompro­miss, auf den wir uns heute verstän­digt haben.» Und Röttgen schrieb in dem Kurznach­rich­ten­dienst: «Es freut mich sehr, dass wir gemein­sam zu einer guten Lösung für den Bundes­par­tei­tag gekom­men sind, sodass dieser im Januar statt­fin­den kann. Wir müssen unsere Führungs­fra­ge zügig klären, um uns dann mit neuer Kraft auf die anste­hen­den Wahlkämp­fe zu konzen­trie­ren. Das ist nun möglich!»