PEKING/BERLIN (dpa) — Peking verfolgt weiter eine stren­ge Null-Covid-Strate­gie, die Zahl der Corona-Neufink­tio­nen steigt dennoch deutlich an. Auch in Deutsch­land werden wieder mehr Fälle registriert.

Die Zahl der tägli­chen Neuin­fek­tio­nen mit dem Corona-Virus ist in China auf den höchs­ten Stand seit einem halben Jahr gestie­gen. Wie die natio­na­le Gesund­heits­kom­mis­si­on am Diens­tag in Peking mitteil­te, wurden mehr als 7400 Fälle gemel­det. Das ist der höchs­te Wert seit dem zweimo­na­ti­gen Lockdown der ostchi­ne­si­schen Hafen­stadt Shang­hai im März und April.

Während der Rest der Welt versucht, mit dem Virus zu leben, verfolgt China eine stren­ge Null-Covid-Strate­gie mit Ausgangs­sper­ren, alltäg­li­chen Massen­tests, stren­ger Kontrol­le, Kontakt­ver­fol­gung und Zwangs­qua­ran­tä­ne. Trotz­dem nimmt die Zahl der Neuin­fek­tio­nen täglich zu, während sich leicht anste­cken­de Omikron-Varian­ten schnell verbrei­ten. Die Zahl hat sich in zwei Wochen verdreifacht.

Nach auslän­di­schen Schät­zun­gen gelten Lockdowns für zig Millio­nen Menschen, die für ein Zehntel der Wirtschafts­leis­tung verant­wort­lich sind. Hoffnun­gen auf eine Locke­rung der Null-Toleranz-Politik haben die Gesund­heits­be­hör­den zuletzt am Wochen­en­de wieder enttäuscht. Es wurde ledig­lich in Aussicht gestellt, die stren­gen Maßnah­men anpas­sen zu wollen, um Auswir­kun­gen, Kosten und Dauer zu verringern.

Nachbar­schaf­ten werden überra­schend abgeriegelt

Es wird auch nicht mehr offen von Lockdowns gespro­chen, sondern von «vorüber­ge­hen­der Kontrol­le» oder «Still­le­gung». Nachbar­schaf­ten werden nach und nach abgerie­gelt, so dass keine großen Ankün­di­gun­gen mehr gemacht werden, was viele Bewoh­ner dann überrascht.

Der Unmut in der Bevöl­ke­rung wächst. Einwoh­ner von Millio­nen­städ­ten müssen an Eingän­gen zu Super­märk­ten, Wohnan­la­gen oder Restau­rants einen negati­ven PCR-Test auf der Corona-App nachwei­sen. Er darf nicht älter als 48 oder 72 Stunden sein. Auch müssen sie sich mit dem Handy einscan­nen, damit ihre Bewegun­gen nachver­folgt werden können. Wer als mögli­che Kontakt­per­son identi­fi­ziert wird, muss sich isolieren.

Bei den ohnehin nur wenigen erlaub­ten Einrei­sen aus dem Ausland sind sieben bis zehn Tage Quaran­tä­ne in einem Hotel­zim­mer vorge­schrie­ben. Manche lokale Behör­den ordnen noch zusätz­li­che Beschrän­kun­gen an. Bei Reisen im Inland werden Nachwei­se verlangt, dass man nicht aus «Hoch-Risiko-Gebie­ten» kommt.

Wenig natür­li­che Immuni­tät in China

Da China nie flächen­de­cken­de Infek­tio­nen mit Covid-19 hatte, gibt es in der Milli­ar­den­be­völ­ke­rung wenig natür­li­che Immuni­tät. Bei den Impfkam­pa­gnen wurden ältere oder chronisch kranke Menschen häufig aus Angst vor Neben­wir­kun­gen ausge­nom­men, so dass diese Gruppe beson­ders gefähr­det ist. Auch hat China keine fortschritt­li­chen auslän­di­schen Impfstof­fe wie mRNA-Vakzi­ne zugelas­sen, sondern nur seine eigenen herkömm­li­chen Produk­te zum Einsatz gebracht.

Unver­ständ­nis herrscht unter auslän­di­schen Exper­ten auch darüber, dass die Impf- oder Booster­kam­pa­gne aus ihrer Sicht nicht verstärkt voran­ge­trie­ben wird. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz erhielt bei seinem Besuch am Freitag in Peking die Zusage, dass der mRNA-Impfstoff von Biontech zumin­dest für Auslän­der zugelas­sen werden könnte. Gesprä­che laufen.

61.063 Corona-Neuin­fek­tio­nen in Deutschland

Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) gibt die bundes­wei­te Sieben-Tage-Inzidenz am Diens­tag­mor­gen mit 282,9 an. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 5.00 Uhr wieder­ge­ben. Am Vortag hatte der Wert der Corona-Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner und Woche bei 260,2 gelegen (Vorwo­che: 351,7; Vormo­nat: 635,7). Aller­dings liefern diese Angaben nur ein sehr unvoll­stän­di­ges Bild der Infek­ti­ons­zah­len. Exper­ten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfass­ter Fälle aus — vor allem weil bei weitem nicht alle Infizier­te einen PCR-Test machen lassen. Nur positi­ve PCR-Tests zählen in der Statis­tik. Zudem können Nachmel­dun­gen oder Übermitt­lungs­pro­ble­me zu einer Verzer­rung einzel­ner Tages­wer­te führen.

Die Gesund­heits­äm­ter in Deutsch­land melde­ten dem RKI zuletzt 61.063 Corona-Neuin­fek­tio­nen (Vorwo­che: 48.556) und 250 Todes­fäl­le (Vorwo­che: 150) inner­halb eines Tages. Verglei­che der Daten sind auch hier wegen des Testver­hal­tens, Nachmel­dun­gen oder Übermitt­lungs­pro­ble­men nur einge­schränkt möglich. Generell schwankt die Zahl der regis­trier­ten Neuin­fek­tio­nen und Todes­fäl­le deutlich von Wochen­tag zu Wochen­tag, da insbe­son­de­re am Wochen­en­de viele Bundes­län­der nicht ans RKI übermit­teln und ihre Fälle im Wochen­ver­lauf nachmelden.

Das RKI zählte seit Beginn der Pande­mie 35 884 834 nachge­wie­se­ne Infek­tio­nen mit Sars-CoV‑2. Die tatsäch­li­che Gesamt­zahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infek­tio­nen nicht erkannt werden.