PEKING (dpa) — Team D will zwischen 19 und 31 Olympia-Medail­len. Vom Störfeu­er des Ex-Präsi­den­ten lässt man sich nicht beein­flus­sen. Der erste Corona-Fall eines Athle­ten in Peking trübt die Stimmung.

Die Nachricht vom ersten Corona-Fall eines deutschen Athle­ten in Peking, ein Störma­nö­ver aus der Heimat vom Vorgän­ger und eine mit Zweifeln behaf­te­te Olympia-Prognose.

Der neue DOSB-Präsi­dent Thomas Weikert musste sich bei der ersten Presse­kon­fe­renz des Team D zwei Tage vor Winter­spie­le-Eröff­nung in Peking schon als Krisen­ma­na­ger bewäh­ren. «Ich hoffe, dass in den nächs­ten Tagen das Sport­li­che in den Vorder­grund rückt», sagte der Chef des Deutschen Olympi­schen Sport­bun­des und wünsch­te sich: «Wenn es geht, so wenig Kritik wie möglich zu haben und so viele gute sport­li­che Erfol­ge wie möglich.»

Die sport­li­chen Ziele rückten nach der Nachricht vom ersten deutschen Athle­ten, der in Peking positiv auf das Corona­vi­rus getes­tet wurde, erst einmal in den Hinter­grund. Ein zweiter PCR-Test bestä­tig­te den Verdacht beim Eiskunst­läu­fer Nolan Seegert, der mit Miner­va Hase im Paarlauf-Wettbe­werb antre­ten sollte. Der 29-Jähri­ge sei symptom­frei und befin­de sich in einem Isola­ti­ons-Hotel, teilte der Deutsche Olympi­sche Sport­bund mit. Der weite­re Prozess werde nun in engem Austausch mit dem Organi­sa­ti­ons­ko­mi­tee begleitet.

Auch DEB-Team betroffen

Zudem reist das deutsche Eisho­ckey-Team nach einem Corona-Fall vorerst mit einem Spieler später nach Peking. Einer der 25 Natio­nal­spie­ler im Kader von Bundes­trai­ner Toni Söder­holm habe sich kürzlich mit dem Corona­vi­rus infiziert und habe noch nicht die notwen­di­gen vier Negativ­tests nachein­an­der vorwei­sen können, teilte der Deutsche Eisho­ckey-Bund mit. Wer der betrof­fe­ne Athlet ist, ließ der Verband offen. Der Spieler werde voraus­sicht­lich am Freitag nach China fliegen.

Neben den Corona-Sorgen beschäf­tig­ten Weikert auch die kurz vor dem Olympia-Start platzier­ten Anschul­di­gun­gen seines Vorgän­gers Alfons Hörmann. Diese würden aber nicht für Unruhe im deutschen Olympia-Team sorgen, sagte Weikert. «Stören tun die nicht. Hier in Peking konzen­triert sich jeder an seinem Wettkampf­ort auf den Sport», beton­te er. «Wir tun hier unsere Arbeit. Das ist zunächst das Wichtigste.»

Angesichts der neuen Attacke des von ihm abgelös­ten Hörmann blieb das sport­po­li­tisch noch ein frommer Wunsch. Erneut sah sich Weikert mit dem Vorwurf konfron­tiert, an Hörmanns Entmach­tung aktiv mitge­wirkt zu haben und schon vor seiner Wahl ins DOSB-Spitzen­amt am 4. Dezem­ber an einer Kampa­gne gegen den Ex-Präsi­den­ten betei­ligt gewesen sein. «Ich gehe aus guten Gründen davon aus, dass mein Nachfol­ger weit früher und auch aktiv an der gesam­ten Entwick­lung betei­ligt gewesen ist», sagte Hörmann der «Augsbur­ger Allgemeinen/Allgäuer Zeitung».

Ziel: Top drei

Jurist Weikert konter­te gelas­sen: «Ich kenne keine Kampa­gne.» Hörmann hatte nach einem anony­men Brief aus der Mitar­bei­ter­schaft mit dem Vorwurf, es herrsche eine «Kultur der Angst» in der DOSB-Zentra­le, seinen Rückzug angekün­digt — sich aber als Opfer einer Intri­ge gesehen.

Dieses Schar­müt­zel überla­ger­te ein wenig die nicht ganz neue Erwar­tungs­hal­tung von Chef de Missi­on Dirk Schim­mel­p­fen­nig vor den Peking-Spielen. «Wir haben grund­sätz­lich im Winter­sport die Zielstel­lung, unter den ersten drei Natio­nen zu sein», bekräf­tig­te er. «Unser Ziel ist, in den Korri­dor zwischen dem Ergeb­nis von Sotschi 2014 und Pyeongchang 2018 einzu­lau­fen.» In Russland reich­te es in der Länder­wer­tung mit 19 Medail­len nur zum 6. Platz, 2018 in Südko­rea zu 31 Edelpla­ket­ten und Rang zwei. «Wenn es am Ende zu einem Platz unter den ersten drei kommt, würden wir uns freuen.»

Die Winter­spie­le in Chinas Haupt­stadt sind nach Ansicht von Schim­mel­p­fen­nig durch die Pande­mie nicht mit vorhe­ri­gen vergleich­bar. Schon die Zahl der Teammit­glie­der, die negativ angereist seien und die große Chance hätten, in der Blase virus­frei zu bleiben, sei «sehr erfreu­lich», sagte er, noch bevor der Corona-Verdacht bei Eiskunst­läu­fer Seegert durch den zweiten PCR-Test bestä­tigt wurde.

«Quartie­re haben Topstandard»

Abgese­hen von der durch die Omikron-Varian­te hohen Infek­ti­ons­ge­fahr konnte Schim­mel­p­fen­nig auch Positi­ves aus Peking berich­ten. «Die Wettkampf­stät­ten und Quartie­re haben Topstan­dard», attes­tier­te der Leistungs­sport­chef des DOSB. «Auch die Stimmung ist gut. Sie freuen und konzen­trie­ren sich auf die Wettbe­wer­be», berich­te­te er mit Blick auf die Athle­ten. «Das ist eine ganz gute Ausgangsposition.»

Dass der psychi­sche Druck durch die Corona-Gefahr oder die Debat­te über Meinungs­frei­heit und Menschen­rech­te Auswir­kun­gen auf die Leistungs­fä­hig­keit haben könnten, erwar­tet Weikert nicht. «Es ist immer so, wenn Schwie­rig­kei­ten von außen hinein­drän­gen, hält man immer zusam­men», meinte er. «Wegen der Pande­mie ist es kein Desas­ter, wenn man sagt: Wir zählen keine Medail­len und versu­chen, so gut wie möglich abzuschnei­den — ohne einen bestimm­ten Platz in der Natio­nen­wer­tung im Auge zu haben.»

Trotz der mögli­chen Medail­len­ein­bu­ßen und der damit verbun­de­nen Aussicht, mögli­cher­wei­se nicht unter die ersten drei Natio­nen in der Länder­wer­tung zu kommen, stellt Weikert den Status von Deutsch­land im Winter­sport nicht infra­ge: «Ich denke, dass wir eine der führen­den Winter­sport-Natio­nen sind.»

Von Andre­as Schirm­er, dpa