Die Vorbe­rei­tun­gen für die Covid-19-Impfun­gen in Deutsch­land laufen auf Hochtou­ren. Ab Sonntag soll geimpft werden. Die meisten Menschen werden sich jedoch gedul­den müssen.

In Deutsch­land und anderen Ländern der Europäi­schen Union ist am Samstag der erste Impfstoff gegen Covid-19 ausge­lie­fert worden.

Rund zehn Monate nach dem Ausbruch der Corona-Pande­mie in Europa sollen die Impfun­gen an diesem Sonntag begin­nen — nicht nur in Deutsch­land, sondern auch in Itali­en, Frank­reich und zahlrei­chen anderen EU-Staaten. Als erste sollen beson­ders gefähr­de­te Menschen das Präpa­rat der Firmen Biontech und Pfizer erhalten.

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen Hoffnung sprach von einem bewegen­den Moment der Einheit und einer europäi­schen Erfolgs­ge­schich­te. «Die Impfun­gen werden dabei helfen, nach und nach zu unserem norma­len Leben zurück­zu­keh­ren», sagte sie in einem am Samstag auf Twitter veröf­fent­lich­ten Video. Sobald genügend Menschen geimpft worden seien, könne man wieder begin­nen zu reisen, Freun­de und Familie zu treffen und die Feier­ta­ge normal zu verbrin­gen. «Aber bis dahin müssen wir weiter vorsich­tig sein.»

«Heute ist Liefer­tag», sagte von der Leyen. «Und morgen begin­nen die Impfun­gen gegen Covid-19 in der Europäi­schen Union.» Nach ihren Angaben steht der Impfstoff zeitgleich in allen 27 EU-Staaten zur Verfü­gung. «Und die Menschen begin­nen mit den Impfun­gen in Athen, in Rom, in Helsin­ki, in Sofia, wo auch immer.» Bald schon würden weite­re Impfstof­fe zur Verfü­gung stehen. «Lasst uns 2021 zum unserem Jahr der Europäi­schen Erholung und Hoffnung machen.»

Deutsch­land ist laut Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn gut auf die größte Impfkam­pa­gne in der Geschich­te des Landes vorbe­rei­tet. «Die Impfzen­tren sind start­klar, die Impfteams stehen», sagte der CDU-Politi­ker in Berlin. Gleich­zei­tig machte er klar, dass das Corona­vi­rus mit dem Start der Impfak­ti­on noch nicht besiegt ist. «Wir werden einen langen Atem brauchen, um diese Pande­mie hinter uns zu lassen.»

In Deutsch­land wurde der Impfstoff am Samstag an die Bundes­län­der verteilt. Der Bund lässt mehre­re Zehntau­send Dosen der Firma Biontech an insge­samt 27 Stand­or­te liefern. Von dort sollten sie an Impfzen­tren und mobile Teams verteilt werden, die dann am Sonntag die ersten Impfun­gen verab­rei­chen sollen. Zuerst sollen Menschen über 80 Jahre sowie Pflege­kräf­te und beson­ders gefähr­de­tes Kranken­haus­per­so­nal immuni­siert werden.

Ins bevöl­ke­rungs­reichs­te Land Nordrhein-Westfa­len wurden zunächst 9750 Dosen gelie­fert und in ein gehei­mes Zentral­la­ger gebracht. Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet (CDU) sagte: «Das ist ein wichti­ger Moment der Zuver­sicht. Mit der Liefe­rung des ersten Corona-Impfstof­fes entsteht Hoffnung auf ein norma­les Leben, wie wir es vor dem Virus gekannt haben.»

In Bayern nahmen Innen­mi­nis­ter Joachim Herrmann und Gesund­heits­mi­nis­te­rin Melanie Huml (beide CSU) die Liefe­rung in Erlan­gen in Empfang. Es hande­le sich um die Hälfte der für den Freistaat bestimm­ten ersten 9750 Impfdo­sen, sagte Huml. Die übrigen sollten in München ankom­men. Auch in anderen Bundes­län­dern liefen die Vorbe­rei­tun­gen zur Vertei­lung des Impfstoffs auf Hochtouren.

In Itali­en erreich­ten die ersten Dosen des Biontech/PfizerPräparats unter Militär­ge­leit ihr Ziel in der Haupt­stadt. Der Trans­por­ter sei am späten Freitag­abend in einer Kaser­ne der Carabi­nie­ri im Norden Roms angekom­men, bestä­tig­te das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um. Auch in Öster­reich wurden die ersten Impfdo­sen ausge­lie­fert, sie kamen aus Belgi­en über Deutsch­land ins Land. Die etwa 10.000 Dosen seien ab dem Grenz­über­gang in Suben in Oberös­ter­reich unter Polizei­be­gleit­schutz in ein Lager in Wien gebracht worden, erklär­ten die Behörden.

Nach einer YouGov-Umfra­ge im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur wollen sich etwa zwei Drittel der Deutschen impfen lassen. 32 Prozent der Befrag­ten gaben an, sich so schnell wie möglich impfen lassen zu wollen. Weite­re 33 Prozent sind zwar ebenfalls dazu entschlos­sen, wollen aber trotz­dem erst einmal mögli­che Folgen der Impfung bei anderen abwar­ten. 19 Prozent haben sich gegen eine Impfung entschie­den, 16 Prozent sind noch unentschlossen.

Bis Ende März sollen 11 bis 12 Millio­nen Impfdo­sen in Deutsch­land zur Verfü­gung stehen. Da das Präpa­rat zweimal verab­reicht werden muss, würde diese Menge in etwa für 5,5 bis 6 Millio­nen Menschen reichen. Spahn geht davon aus, bis zum Sommer allen Bürgern in Deutsch­land ein «Impfan­ge­bot» machen zu können — sofern weite­re Präpa­ra­te eine Zulas­sung erhal­ten. Neben dem Impfstoff von Biontech und seines US-Partners Pfizer spielt derzeit auch das Mittel des US-Unter­neh­mens Moder­na eine Rolle, über dessen Zulas­sung die Europäi­sche Arznei­mit­tel­agen­tur (EMA) bis zum 6. Januar entschei­den will.

Der Deutsche Städte­tag dämpf­te die Erwar­tun­gen. «Es ist ein Anfang gemacht, aber der Spuk mit dem gefähr­li­chen Corona­vi­rus ist noch nicht vorbei», sagte Städte­tags­prä­si­dent Burkhard Jung (SPD) den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. Die Infek­ti­ons­la­ge sei derzeit weiter­hin besorg­nis­er­re­gend und die Zeit für Massen­imp­fun­gen noch nicht gekom­men. «Dafür gibt es zunächst viel zu wenig Impfstoff», sagte Jung, der auch Oberbür­ger­meis­ter von Leipzig ist.

Der FDP-Vorsit­zen­de Chris­ti­an Lindner sieht Deutsch­land «nicht ausrei­chend vorbe­rei­tet auf das Impfen». Die FDP hätte sich eine klare gesetz­li­che Grund­la­ge dafür gewünscht, weil so wichti­ge Fragen von Leben und Tod auf breites­ter Grund­la­ge beschlos­sen werden sollten, sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Bei der Frage der Logis­tik sollten wir baldmög­lichst über die Impfzen­tren hinaus auch den nieder­ge­las­se­nen medizi­ni­schen Bereich nutzen, damit wir schnell voran­kom­men beim Durch­imp­fen», mahnte der FDP-Chef.