BERLIN (dpa) — Der FC Bayern ist deutscher Meister, der Abstiegs­kampf noch spannend. Vieles in der Corona-Saison der Bundes­li­ga war Altbe­kann­tes — und doch irgend­wie anders. Die Fans fehlen.

Das, was bleibt, liefer­te Robert Lewan­dow­ski schon vor dem Saisonabschluss.

Die Einstel­lung des Bundes­li­ga-Torre­kor­des von Gerd Müller durch den bislang 40 Mal erfolg­rei­chen Weltfuß­bal­ler vom FC Bayern München wird als heraus­ra­gen­de Bestmar­ke dieser kompli­zier­ten 58. Bundes­li­ga-Saison in Erinne­rung bleiben — wie die tristen, leeren Ränge in den Stadi­en, die Aufre­gung über Corona-Fälle sowie die schwie­ri­ge Diskus­si­on über die Zukunft des deutschen Fußballs. Eine Saison überla­gert von der weltwei­ten Pandemie.

ZUM SPORT

Die Bayern waren schon mit der Gier eines Triple-Siegers in die Spiel­zeit gestar­tet. Und das 8:0 gegen den FC Schal­ke 04 Mitte Septem­ber 2020 nur kurz nach dem gewon­ne­nen Champi­ons-League-Finale war rückbli­ckend bezeich­nend — die Bayern feier­ten bereits am 32. Spiel­tag die neunte Meister­schaft in Serie. «Das Trainer­team ist so was von stolz, diese Mannschaft über zwei Jahre beglei­tet zu haben. Es war ein Genuss», sagte der schei­den­de Trainer Hansi Flick am Tag des Titel­ge­winns. Die Schal­ker hatten da schon keine Chance mehr auf den Klassenerhalt.

Der trauri­ge Absturz und Abstieg der Gelsen­kir­che­ner bleibt als Tiefpunkt der Spiel­zeit stehen. Zur Einstel­lung des Negativ­re­kor­des von Tasma­nia Berlin (31 Spiele ohne Sieg) fehlte nicht viel, der aktuel­le Trainer Dimitri­os Grammo­zis ist der fünfte Schal­ke-Coach der Saison. Sogenann­te Fans machten nach dem festste­hen­den Abstieg in der Nacht vor dem Stadi­on Jagd auf die Spieler.

Zwischen den Bayern und Schal­ke zeigten sich wie gewohnt Überra­schun­gen (Union Berlin, Eintracht Frank­furt) und Enttäu­schun­gen (Werder Bremen, 1. FC Köln, Hertha BSC). Immer wieder wurden einzel­ne Clubs durch den Ausfall von mit dem Corona­vi­rus infizier­ten Spielern geschwächt, schwe­re Verläu­fe sind nicht bekannt. Dass im Gegen­satz zu anderen Profi­li­gen kaum ein Spiel abgebro­chen werden musste, ist dem erfolg­rei­chen Corona-Konzept zuzuord­nen — und den Entschei­dun­gen der jewei­li­gen Gesundheitsämter.

Hertha BSC schaff­te es, nach einer angeord­ne­ten Quaran­tä­ne den Klassen­er­halt zu sichern. Der FSV Mainz 05 vollbrach­te das histo­ri­sche Kunst­stück, nach sieben Punkten am 17. Spiel­tag den Kampf gegen den Abstieg vorzei­tig zu gewin­nen. Feiern mussten das Mannschaft und Fans getrennt.

DIE ZUSCHAUER

«Als Bürger, Famili­en­va­ter und sozia­les Wesen wünsche ich mir, dass das Schlimms­te jetzt wirklich überwun­den ist. Was den Profi­fuß­ball und Zuschau­er angeht, wünsche ich mir sehr — das gilt aber für alle Sport­ar­ten, für Kinos, Theater, Konzer­te und andere Veran­stal­tun­gen -, dass sie bald wieder zugelas­sen werden», sagte DFL-Geschäfts­füh­rer Chris­ti­an Seifert jüngst dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND). Die vergan­ge­nen Monate waren hart für die Fans, die schein­ba­re Nähe zu den Idolen durch Bilder und kurze Videos in den sozia­len Netzwer­ken ist längst zur Norma­li­tät geworden.

Zu Saison­be­ginn waren in mehre­ren Stadi­en noch Zuschau­er zugelas­sen, Ende Oktober war schon wieder Schluss. «Uns fehlen die Fans», sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rumme­nig­ge zuletzt im ZDF-«Sportstudio».
Eine Aussa­ge mit guten Aussich­ten auf den meist gesag­ten Satz der Saison 2020/21. Für den abschlie­ßen­den Spiel­tag am kommen­den Wochen­en­de werden angesichts der sinken­den Inzidenz­zah­len erste Versu­che für die Wieder­zu­las­sung zumin­dest einiger Tausend Menschen unter­nom­men, was als gutes Zeichen für den Start der Saison 2021/22 gewer­tet werden kann. Wenn der Trend anhält.

«Als wir am 16. Mai 2020 erstmals wieder gespielt haben, waren wir die erste große Profi­li­ga der Welt, die starten durfte», sagte Seifert. «Der Restart war damals — auch in der weltwei­ten Wahrneh­mung — ein Gradmes­ser dafür, dass Deutsch­land diese Krise bis dahin besser gemeis­tert hatte als andere. Ein Jahr später sind andere schon deutlich weiter, wenn es darum geht, wieder Zuschau­er zulas­sen zu dürfen.» Die EM im Sommer (11. Juni bis 11. Juli) soll — auch in München — ausschließ­lich in Stadi­on mit zum Teil gefüll­ten Rängen ausge­rich­tet werden.

DIE ZUKUNFT

Unter dem Eindruck einer vermeint­li­chen Demut in der Corona-Krise hatte die Deutsche Fußball Liga im vergan­ge­nen Jahr die Taskforce «Zukunft Profi­fuß­ball» ins Leben gerufen. Die im Febru­ar vorge­stell­ten Ergeb­nis­se liefer­ten kluge Ansät­ze und Ziele bis ins Jahr 2030, deren Umset­zung von Teilen der Fans weiter­hin sehr kritisch beglei­tet werden. Im großen Ganzen wird sich der Profi­fuß­ball zudem kaum selbst regulie­ren können.

Der Eklat um die Gründung einer Super League verdeut­lich­te zuletzt die Großmanns­sucht der Spitzen­clubs des Konti­nents, deutsche Verei­ne waren immer­hin nicht dabei. «Deutsch­land stand nie zur Debat­te», sagte Seifert. «Insbe­son­de­re einige italie­ni­sche und spani­sche Topclubs werden weiter damit liebäu­geln, da das fast schon epocha­le Missma­nage­ment dort zu katastro­pha­len finan­zi­el­len Situa­tio­nen geführt hat, die wohl nur durch so eine einma­li­ge Geldschwem­me zu beheben wären.»

Die Bundes­li­ga-Verei­ne müssen laut mehrfa­cher Beteue­rung im kommen­den Trans­fer­som­mer deutlich sparsa­mer haushal­ten. «Die Bundes­li­ga wird in Relati­on zur letzten Saison vor der Pande­mie voraus­sicht­lich etwa ein Viertel weniger Umsatz machen», sagte Seifert. Ob aber tatsäch­lich tiefgrei­fen­de Lehren aus der Krise gezogen werden? Die neue Saison beginnt am 13. August.

Von Jan Mies, dpa