BERLIN (dpa) — Mitten in der vierten Corona-Welle lässt die Ausbrei­tung einer neuen Virus­va­ri­an­te die Alarm­glo­cken schril­len. In München sind bereits zwei Fälle bestä­tigt. Doch wie anste­ckend ist Omikron?

Die im südli­chen Afrika entdeck­te Omikron-Varian­te des Corona­vi­rus hat Deutsch­land erreicht.

In München wurde die als besorg­nis­er­re­gend einge­stuf­te Varian­te nach Angaben des Max-von-Petten­ko­fer-Insti­tuts bei zwei Reisen­den nachge­wie­sen, die am 24. Novem­ber mit einem Flug aus Südafri­ka einge­trof­fen waren. Die Behör­den in Hessen unter­su­chen den Fall eines weite­ren Reise­rück­keh­rers aus Südafri­ka, bei dem laut Sozial­mi­nis­te­ri­um ein «hochgra­di­ger Verdacht» vorliegt.

Die Virus­va­ri­an­te breitet sich offen­bar schnell aus, aus vielen Ländern werden inzwi­schen Fälle gemel­det, darun­ter Großbri­tan­ni­en, Belgi­en, Tsche­chi­en und Itali­en. Israel schließt daher seine Grenzen für Auslän­der. Derzeit ist hier ein Omikron-Fall bestä­tigt, sieben werden unter­sucht. In Großbri­tan­ni­en, wo zwei Fälle bekannt sind, müssen nun alle Ankom­men­den am zweiten Tag nach ihrer Einrei­se einen PCR-Test machen und bis zum Erhalt eines negati­ven Resul­tats in Quaran­tä­ne gehen, wie der briti­sche Premier Boris Johnson mitteilte.

Einrei­se aus vielen Ländern eingeschränkt

Die Bundes­re­gie­rung schränkt aus Sorge vor einer weite­ren Ausbrei­tung die Einrei­se aus acht Ländern im südli­chen Afrika drastisch ein. Südafri­ka, Namibia, Simbab­we, Botsu­a­na, Mosam­bik, Eswati­ni, Malawi und Lesotho sind seit Mitter­nacht als Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­te einge­stuft. Flugge­sell­schaf­ten dürfen nun im Wesent­li­chen nur noch deutsche Staats­bür­ger oder in Deutsch­land leben­de Perso­nen von dort nach Deutsch­land beför­dern. Für Einrei­sen­de gilt eine zweiwö­chi­ge Quaran­tä­ne­pflicht — auch für Geimpf­te und Genese­ne. Sie kann auch nicht durch negati­ve Tests verkürzt werden.

Die Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) hatte die Varian­te B.1.1.529 am Freitag als «besorg­nis­er­re­gend» einge­stuft. Die EU-Gesund­heits­be­hör­de ECDC spricht von ernst­haf­ten Sorgen, dass die Varian­te die Wirksam­keit der Corona-Impfstof­fe erheb­lich verrin­gern und das Risiko von Reinfek­tio­nen erhöhen könnte. Welche genau­en Auswir­kun­gen die Varian­te hat, ist aber noch offen.

Bei den beiden Fällen in München steht nach Angaben des Virolo­gen Oliver Keppler eine Genom­se­quen­zie­rung noch aus. Aber es sei «zweifels­frei bewie­sen, dass es sich um diese Varian­te handelt», sagte der Leiter des Max-von-Petten­ko­fer-Insti­tuts auf Anfra­ge. Die Kombi­na­ti­on aus einem mutati­ons­spe­zi­fi­schen PCR-Test und der Reise­ana­mne­se lasse keinen Zweifel zu.

Infizier­te aus Südafrika

Die beiden Reisen­den seien am 24. Novem­ber mit einem Flug aus Südafri­ka einge­trof­fen, sagte Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek (CSU). Die Betrof­fe­nen hätten selbst voraus­schau­end eine Unter­su­chung auf die Virus­va­ri­an­te veran­lasst, nachdem sie aus den Medien von der Gefahr erfah­ren hätten.

Das bayeri­sche Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um appel­lier­te an alle Fluggäs­te, die mit demsel­ben Flug aus Südafri­ka gekom­men sind, sich umgehend bei ihrem zustän­di­gen Gesund­heits­amt zu melden. Alle Perso­nen, die in den vergan­ge­nen 14 Tagen aus Südafri­ka einge­reist seien, sollten sofort ihre Kontak­te reduzie­ren, einen PCR-Test unter Angabe ihrer Reise­ge­schich­te machen und umgehend das Gesund­heits­amt kontaktieren.

Verdachts­fall in Hessen

Einen weite­ren Verdachts­fall machte am Samstag Hessens Sozial­mi­nis­ter Kai Klose (Grüne) bekannt. Bei einem Reise­rück­keh­rer aus Südafri­ka wurden demnach mehre­re für diese Varian­te typische Mutatio­nen gefun­den. Die vollstän­dig geimpf­te Person war den Angaben zufol­ge am 21. Novem­ber über den Frank­fur­ter Flugha­fen einge­reist und hatte im Laufe der Woche Sympto­me entwi­ckelt. Ein genau­es Ergeb­nis wird in diesem Fall am Montag erwartet.

Einen Sonder­fall stellen die Passa­gie­re dar, die am Freitag­abend in einer weite­ren Maschi­ne aus Südafri­ka in München lande­ten. Es war der letzte planmä­ßi­ge Flug, der vor Inkraft­tre­ten der neuen Regelun­gen in München eintraf. Bayerns Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um ordne­te stren­ge Test- und Quaran­tä­ne-Bestim­mun­gen an. Bei zwei Passa­gie­ren waren die PCR-Tests positiv. Ob auch sie die neue Omikron-Virus­va­ri­an­te tragen, war zunächst unklar. An Bord waren rund 300 Passagiere.

Stein­mei­er ruft zur Kontakt­be­schrän­kung auf

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er rief die Bürger in Deutsch­land eindring­lich dazu auf, einen Lockdown durch freiwil­li­ge Kontakt­be­schrän­kun­gen zu verhin­dern. «Wichtig ist, dass wir jetzt alle gemein­sam handeln», schrieb Stein­mei­er in einem Gastbei­trag für die «Bild am Sonntag». «Halten wir uns an die Regeln, reduzie­ren wir noch einmal unsere Kontak­te. Tun wir es, damit Schulen und Kitas nicht wieder schlie­ßen, damit wir das öffent­li­che Leben nicht wieder vollstän­dig herun­ter­fah­ren müssen.»

Die amtie­ren­de Bundes­for­schungs­mi­nis­te­rin Anja Karlic­zek forder­te die Politik auf, die Empfeh­lun­gen der wissen­schaft­li­chen Akade­mie Leopol­di­na wie Kontakt­be­schrän­kun­gen auch für Corona-Geimpf­te sofort umzuset­zen. «Die Politik sollte dem Rat der Wissen­schaft ohne Zögern folgen. Wir dürfen keine weite­re Zeit mehr verlie­ren», sagte die CDU-Politi­ke­rin der Deutschen Presse-Agentur.

Am Samstag hatte die Natio­na­le Akade­mie der Wissen­schaf­ten Leopol­di­na vorge­schla­gen, rasch mehrwö­chi­ge Kontakt­sper­ren auch für Geimpf­te zu verhän­gen, um die starke vierte Corona-Welle zu brechen. Außer­dem müssten bis Jahres­en­de 30 Millio­nen Menschen in Deutsch­land eine Booster-Impfung erhal­ten. Eine Impfpflicht, zumin­dest für Bediens­te­te im Gesund­heits­we­sen, sei notwendig.