Die beiden Unter­neh­men Curevac und Bayer wollen gemein­sam bei der Entwick­lung eines Corona-Impfstoffs schnel­ler voran­kom­men. Die Bundes­re­gie­rung setzt Hoffnung auf die Allianz — und wehrt sich weiter gegen Kritik.

Der Pharma­kon­zern Bayer und das Tübin­ger Biotech-Unter­neh­men Curevac ziehen bei einem Corona-Impfstoff an einem Strang.

Die beiden Unter­neh­men schlos­sen einen Koope­ra­ti­ons- und Service­ver­trag, wie sie am Donners­tag mitteil­ten. Unter­des­sen klingt die Kritik am Impfstart nicht ab. Die SPD warf Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) abermals vor, zu zöger­lich bei der Bestel­lung gewesen zu sein.

Curevac sitzt schon seit länge­rem an der Entwick­lung eines Impfstof­fes, dessen Markt­zu­las­sung aber noch nicht abseh­bar ist. Bayer soll nun bei aufwen­di­gen Arbei­ten für die Zulas­sung und für die dafür nötige Studie mitma­chen und zudem die Liefer­ket­ten im Blick haben. Dass Bayer auch die Produk­ti­on übernimmt, ist im Vertrag nicht enthal­ten. Zuvor hatte das Nachrich­ten­por­tal «The Pioneer» über die Allianz berichtet.

Im Dezem­ber hatte Curevac grünes Licht für den Start seiner zulas­sungs­re­le­van­ten klini­schen Phase-III-Studie für den Corona-Impfstoff «CVnCoV» erhal­ten. In dieser Phase geht es darum, die Sicher­heit und Wirksam­keit bei Erwach­se­nen an Stand­or­ten in Europa und Latein­ame­ri­ka zu prüfen. Auch der Impfstoff CVnCoV basiert auf mRNA — wie die bereits in der EU zugelas­se­nen Produk­te von Biontech/Pfizer und Moderna.

Mit ersten Ergeb­nis­sen rechnet Curevac Ende des ersten Quartals 2021. Für den Fall einer Zulas­sung hat sich die EU-Kommis­si­on für die EU-Staaten 405 Millio­nen Dosen gesichert. NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet (CDU) begrüß­te die Nachrich­ten. «Ein weite­rer Licht­blick am Horizont. Gut, dass wir starke Pharma­un­ter­neh­men im Land haben», schrieb er beim Kurznach­rich­ten­dienst Twitter.

Curevac-Chef Franz-Werner Haas zeigte sich erfreut über «einen weite­ren starken Partner an unserer Seite». Sein Unter­neh­men hat nach eigenen Angaben gut 500 Mitar­bei­ter, Mehrheits­ei­gen­tü­mer ist der SAP-Gründer Dietmar Hopp. Knapp ein Viertel (23 Prozent) gehört seit vergan­ge­nem Sommer der staat­li­chen Förder­bank KfW und damit indirekt dem Bund. Mit dem Einstieg wollte Berlin das Unter­neh­men gegen eine mögli­che Übernah­me aus dem Ausland absichern. Curevac bliebe den Angaben zufol­ge Inhaber der Markt­zu­las­sung. Bayer hätte aber die Option, Inhaber der Zulas­sung in bestimm­ten Märkten außer­halb Europas zu werden.

Für die Bundes­re­gie­rung ist die Koope­ra­ti­on von Curevac und Bayer ein weite­res Stand­bein, um bis zum Sommer die Impfung aller Bundes­bür­ger zu ermög­li­chen, die dazu bereit sind. Die derzeit noch knappen Impfka­pa­zi­tä­ten könnten sich auch wegen der Allianz Curevac/Bayer in einigen Monaten deutlich erhöhen.

Der bishe­ri­ge Impfstart ist aus Sicht der SPD zu schlep­pend verlau­fen. SPD-Bundes­vi­ze Kevin Kühnert kriti­sier­te die bishe­ri­ge Impfstoff­be­schaf­fung in der «Rheini­schen Post» und dem «General-Anzei­ger» (Donners­tag). «Es ist doch so: Wenn ich die Nadel im Heuhau­fen noch nicht finden kann, sie aber dringend brauche, dann kaufe ich doch erstmal zur Sicher­heit den Heuhau­fen, und zwar komplett.» Er bezog sich dabei darauf, dass lange nicht klar war, welche Impfstoff-Entwick­lun­gen erfolg­reich sein würden.

Spahn wehrte sich gegen Kritik. Im ZDF bekräf­tig­te er am Mittwoch­abend: «Es ist am Anfang jetzt knapp. Das war klar, und das ist auch so.» Der neu zugelas­se­ne Moder­na-Impfstoff werde in den ersten Wochen ebenfalls knapp sein, sagte Spahn. «Und dann ab dem zweiten Quartal wird es Zug um Zug besser.» Die CDU-Vorsit­zen­de Annegret Kramp-Karren­bau­er vertei­dig­te die Entschei­dung für eine europä­isch abgestimm­te Beschaf­fung von Impfstof­fen. «Der Kampf gegen Corona sei «immer nur so gut, wie wir es europä­isch hinbe­kom­men», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Während die Politik über den Impfstart disku­tiert, wollen sich offen­bar ausge­rech­net von den Pflege­kräf­ten weniger impfen lassen als erwar­tet. Aus Sicht des Vorsit­zen­den der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on (Stiko), Thomas Mertens, liegt das vor allem an fehlen­den Infor­ma­tio­nen und Falsch­in­for­ma­tio­nen. «Sie dürfen nicht davon ausge­hen, dass die Vorkennt­nis­se hinsicht­lich eines mRNA-Impfstof­fes beim medizi­ni­schen Perso­nal im Durch­schnitt so sehr viel besser sind als in der übrigen Bevöl­ke­rung», sagte Mertens der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Pflicht zur Impfung im Kampf gegen die Pande­mie soll es in Deutsch­land nicht geben. Diese wird von einer Mehrheit der Deutschen auch abgelehnt, wie eine Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tut YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Demnach sprachen sich 56 Prozent gegen eine zwingen­de Immuni­sie­rung gegen das gefähr­li­che Virus aus. 33 Prozent befür­wor­te­ten einen solchen Schritt dagegen. 11 Prozent machten keine Angaben.

Wie das Robert Koch-Insti­tut (RKI) am Donners­tag bekannt gab, melde­ten die Gesund­heits­äm­ter in Deutsch­land 26 391 Corona-Neuin­fek­tio­nen binnen eines Tages. Außer­dem wurden 1070 neue Todes­fäl­le inner­halb von 24 Stunden verzeich­net. Eine Inter­pre­ta­ti­on der Daten bleibt schwie­rig, weil um Weihnach­ten und den Jahres­wech­sel Corona-Fälle laut RKI verzö­gert entdeckt, erfasst und übermit­telt wurden.