KOPENHAGEN (dpa) — 30 Jahre lang hat sich Dänemark aus EU-Vertei­di­gungs­an­ge­le­gen­hei­ten heraus­ge­hal­ten. Nun entschei­det das dänische Volk, den sogenann­ten Vertei­di­gungs­vor­be­halt loswer­den zu wollen.

Dänemark lässt unter dem Eindruck des Krieges in der Ukrai­ne eine seit knapp 30 Jahren bestehen­de Sonder­re­gel zur Vertei­di­gungs­po­li­tik in der EU hinter sich.

Eine breite Mehrheit der Dänin­nen und Dänen sprach sich bei einer Volks­ab­stim­mung am Mittwoch dafür aus, den Sonder­sta­tus zur Vertei­di­gungs­zu­sam­men­ar­beit abzuschaf­fen. Damit kann sich Deutsch­lands Nachbar im Norden künftig unter anderem an militä­ri­schen Missio­nen der EU beteiligen.

Bisher bedeu­te­te die EU-weit einzig­ar­ti­ge Sonder­re­ge­lung, dass sich das Land zwar an zivilen, nicht aber an militä­ri­schen EU-Missio­nen und auch nicht an der gemein­sa­men Entwick­lung etwa von Waffen­sys­te­men betei­li­gen konnte. Dänemark ist wegen des Vorbe­halts bislang nicht Teil der Koope­ra­ti­ons­platt­form Pesco, über die gemein­sa­me Militär­pro­jek­te von EU-Staaten organi­siert werden.

«Zusam­men­halt in Europa ist die beste Antwort»

«Die Dänen haben gespro­chen. Wir können nun vollstän­dig an der europäi­schen Zusam­men­ar­beit im Bereich Sicher­heit und Vertei­di­gung teilneh­men», erklär­te Außen­mi­nis­ter Jeppe Kofod. Damit könne das Land eine größe­re Verant­wor­tung für die Sicher­heit in seiner eigenen Nachbar­schaft überneh­men. Angesichts des russi­schen Angriffs­kriegs in der Ukrai­ne ergänz­te er: «Zusam­men­halt in Europa ist die beste Antwort, die wir in der Situa­ti­on geben können, in der wir uns befinden.»

Dem vorläu­fi­gen Endergeb­nis zufol­ge stimm­ten 66,9 Prozent mit Ja und somit für die Teilnah­me an der EU-Vertei­di­gungs­zu­sam­men­ar­beit. Mit Nein votier­ten demnach 33,1 Prozent. Das ist das deutlichs­te Ergeb­nis einer dänischen EU-Abstim­mung jemals. Die Wahlbe­tei­li­gung lag bei 65,8 Prozent.

Das klare Ergeb­nis ist ein weite­res Signal dafür, dass der russi­sche Angriffs­krieg in der Ukrai­ne in verschie­de­nen EU-Ländern zur Neuaus­rich­tung der jewei­li­gen Vertei­di­gungs­po­li­tik geführt hat. Das zeigt sich auch in Dänemarks direk­ter Nachbar­schaft: In Deutsch­land hat Kanzler Olaf Scholz vor gut drei Monaten eine Zeiten­wen­de ausge­ru­fen, Schwe­den und Finnland haben sich dazu entschlos­sen, sich von ihrer jahrzehn­te­lan­gen militä­ri­schen Bündnis­frei­heit zu verab­schie­den und die Mitglied­schaft in der Nato zu beantragen.

Noch einige Formalitäten

Bis zur letzt­li­chen Abschaf­fung des dänischen Vertei­di­gungs­vor­be­halts müssen nun noch einige Forma­li­tä­ten und prakti­sche Fragen geklärt werden. Gültig ist sie ab dem Tag, an dem das dänische Außen­mi­nis­te­ri­um die anderen EU-Länder davon schrift­lich in Kennt­nis gesetzt hat. Wie das Minis­te­ri­um am Donners­tag mitteil­te, wird damit gerech­net, dass Dänemark bereits am 1. Juli in die europäi­sche Sicher­heits- und Vertei­di­gungs­zu­sam­men­ar­beit eintre­ten kann.

Im Anschluss wird das dänische Parla­ment in Kopen­ha­gen dann Stellung zu verschie­de­nen Teilen der EU-Vertei­di­gungs­zu­sam­men­ar­beit bezie­hen — etwa dazu, welchen Militär­ein­sät­zen sich Dänemark letzt­lich anschlie­ßen möchte. Die militä­ri­sche Zusam­men­ar­beit in der EU fokus­siert sich vor allem auf Friedens­mis­sio­nen, Stabi­li­tät und die Ausbil­dung von Solda­ten anderer Staaten.