BERLIN (dpa) — Licht­spek­ta­kel am Himmel und laute Knaller am Boden gehören für viele zu Silves­ter. An manchen Orten in Großstäd­ten könnte es zu wild herge­hen. Einige Städte wollen deshalb Böller­ver­bots­zo­nen einrichten.

Nach zwei Jahren ohne Raketen- und Böller­ver­kauf wird Silves­ter in diesem Jahr voraus­sicht­lich wieder lauter und bunter. Trotz­dem sind auch am 31. Dezem­ber bestimm­te Berei­che für Feuer­werk tabu, wie eine Umfra­ge der Deutschen Presse-Agentur ergeben hat.

In Berlin soll es wie in den vergan­ge­nen Jahren auf dem Alexan­der­platz eine Böller­ver­bots­zo­ne geben, außer­dem im sogenann­ten Stein­metz­kiez in Schöne­berg nahe der Pallas­stra­ße und in einigen Straßen in Alt-Moabit. Die endgül­ti­ge Entschei­dung falle voraus­sicht­lich im Dezem­ber, teilte die Senats­in­nen­ver­wal­tung mit.

Der Senat hatte 2019 erstmals Böller­ver­bots­zo­nen erlas­sen, Absperr­git­ter aufge­stellt und dort Hunder­te Polizis­ten postiert, die den Zugang kontrol­lier­ten. Zuvor habe es dort immer wieder Verlet­zun­gen und Ausein­an­der­set­zun­gen gegeben. Die Verbo­te hätten sich bewährt.

Silves­ter mit Corona-Einschränkungen

Zum Jahres­wech­sel 2021/22 war wegen der Corona-Pande­mie der Kauf von Feuer­werks­kör­pern in ganz Deutsch­land verbo­ten, zusätz­lich richte­te der Berli­ner Senat 54 Verbots­zo­nen auf großen Plätzen, Straßen und in Parks ein, in denen Feuer­werk und auch der Aufent­halt unter­sagt waren. So ein Verbot sei aber nur möglich bei der Feststel­lung einer epide­mi­schen Lage von natio­na­ler Tragwei­te, erklär­te der Senat.

Die gibt es nun nicht mehr. Ein Verkaufs­ver­bot und ein An- und Versamm­lungs­ver­bot für Silves­ter und Neujahr sind nicht abseh­bar. 2020 und 2021 waren sie zum Jahres­wech­sel verhängt worden, um die Kranken­häu­ser in der Corona-Pande­mie vor Überlas­tung zu schüt­zen — unter anderem, indem Verlet­zun­gen beim Abbren­nen von Feuer­werk in der Silves­ter­nacht verhin­dert werden. Die Entschei­dung über ein Böller­ver­bot zu Silves­ter liegt nun nach Auskunft des Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­ums bei den Städten und Landkreisen.

Böller­ver­bots­zo­nen in Großstädten

In mehre­ren Großstäd­ten Nordrhein-Westfa­lens soll es an Silves­ter aus Sicher­heits­grün­den eine Böller­ver­bots­zo­ne geben. Von den zehn größten Städten des bevöl­ke­rungs­reichs­ten Bundes­lan­des haben dies Köln, Düssel­dorf und Biele­feld vor, wie eine dpa-Umfra­ge ergab. So werde es etwa in Düssel­dorf auch in diesem Jahr zum Jahres­wech­sel ein Mitführ- und Abbrenn­ver­bot für Feuer­werks­kör­per in der Altstadt geben, sagte eine Spreche­rin der Landeshauptstadt.

In München soll am 31. Dezem­ber inner­halb des Mittle­ren Rings wieder das Böllern verbo­ten sein, in Nürnberg bleiben die bishe­ri­gen Verbots­zo­nen im Bereich um den Haupt­markt und die Kaiser­burg nach Angaben der Stadt «zur Sicher­heit der dort befind­li­chen Menschen­men­gen und von gesetz­lich geschütz­ten Gebäu­den» ebenfalls bestehen.

In Regens­burg soll es in der Silves­ter­nacht ein Böller­ver­bot für die Altstadt geben. Eine Spreche­rin der Stadt erklär­te, man wolle dadurch Denkmä­ler wie den Dom und sensi­ble Einrich­tun­gen wie Alten­hei­me schüt­zen sowie der «Gefahr der Spreng­stof­fe bei Menschen­an­samm­lun­gen in der engen Altstadt» entge­gen­wir­ken. Auch in Bremen und Hanno­ver soll in bestimm­ten Berei­chen wieder Böllern verbo­ten sein.

In Hamburg und Frank­furt ist die Entschei­dung noch nicht gefal­len. Und Chemnitz sieht keine Grund­la­ge für ein Verbot. Für die Feinstaub­be­las­tung gelte im Tages­mit­tel ein Grenz­wert von 50 Mikro­gramm pro Kubik­me­ter, der bis zu 35 Mal pro Jahr überschrit­ten werden dürfe, teilte die Stadt mit. Eine Überschrei­tung in der Silves­ter­nacht wäre zuläs­sig, weil es in diesem Jahr bisher keine Grenz­wert­über­schrei­tun­gen gegeben habe.

Unabhän­gig davon gilt in ganz Deutsch­land: In unmit­tel­ba­rer Nähe von Kirchen, Kranken­häu­sern, Kinder- und Alters­hei­men sowie beson­ders brand­emp­find­li­chen Gebäu­den darf keine Pyrotech­nik abgebrannt werden, also nicht geböl­lert oder Raketen gezün­det werden.

Manchen geht das nicht weit genug. Die Deutsche Umwelt­hil­fe setzt sich für ein Ende des priva­ten Silves­ter­feu­er­werks ein und argumen­tiert unter anderem mit der hohen Feinstaub­be­las­tung durch Silves­ter­knal­ler und ‑raketen, dem Müllauf­kom­men und der Belas­tung für Tiere.

Verbot priva­ter Feuer­wer­ke gefordert

Auch die Gewerk­schaft der Polizei (GdP) spricht sich für ein generel­les Verbot des priva­ten Abbren­nens von Silves­ter­feu­er­werk aus. Schon allein aufgrund der enormen und völlig unnöti­gen Schad­stoff­pro­duk­ti­on sowie der Müllber­ge auf den Straßen am Neujahrs­mor­gen sei dies eine für viele vielleicht schmerz­haf­te, aber sinnvol­le Maßnah­me, teilte der GdP-Bundes­vor­sit­zen­de Jochen Kopel­ke mit.

Dies gelte erst recht mit Blick auf das hohe Unfall­ri­si­ko — vor allem unter Alkohol­ein­fluss -, Böller- und Raketen-Angrif­fe auf Polizei, Feuer­wehr und Rettungs­sa­ni­tä­ter, Sachbe­schä­di­gun­gen und die Belas­tun­gen vieler Menschen und Tiere durch Feuerwerk.

Kopel­ke forder­te die Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz sowie Bundes­in­nen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser auf, sich diesem Thema zeitnah zu widmen. Es sei sicher­lich möglich, mit einer Novel­le des Spreng­stoff­ge­set­zes die Voraus­set­zun­gen für ein umfas­sen­des Verbot des Abbren­nens priva­ten Feuer­werks zu schaf­fen. Womög­lich müsse jedoch auch dort erst ein Umden­ken einsetzen.

Der Bundes­ver­band Pyrotech­nik, ein Zusam­men­schluss von Profi- und Hobby-Feuer­wer­kern, argumen­tiert dagegen, ein Verbot von Klein­feu­er­werk vor der eigenen Haustür oder im Garten entlas­te kaum die Kranken­häu­ser. Der größte Teil der Verlet­zun­gen in den Notauf­nah­men sei auf Alkohol­kon­sum und entspre­chen­de Konflik­te zurück­zu­füh­ren. Laut dem Verband der pyrotech­ni­schen Indus­trie (VPI) wurden 2019 rund 130 Millio­nen Euro Umsatz erzielt.

1500 Tonnen Feinstaub in der Silvesternacht

Durch das Abbren­nen von Feuer­werks­kör­pern werden nach Angaben des Umwelt­bun­des­amts jährlich rund 2050 Tonnen Feinstaub freige­setzt, 1500 Tonnen davon in der Silves­ter­nacht. Die Menge entspricht demnach etwa einem Prozent der insge­samt in Deutsch­land freige­setz­ten Feinstaub­men­ge pro Jahr.

Von Ann-Kristin Wenzel, dpa