Eine Muh, eine Mäh, eine Täterä­tä­tä? Ganz so einfach sind die Wünsche nicht mehr, die das Christ­kind bekommt. Zudem ergeht es ihm im Corona-Jahr ähnlich wie anderen Arbeit­neh­mern: Homeof­fice, Video-Schal­ten, Maske. Ein Besuch in der Weihnachtspostfiliale.

ENGELSKIRCHEN (dpa) — Das Christ­kind hat eine Video-Schal­te nach Engels­kir­chen-Schnel­len­bach. «Habt ihr denn schon Plätz­chen gebacken?», fragt es in die Kamera «Noch nicht?» Auf einem Monitor neben ihm sind Kinder zu sehen, die gerade in einem etwas entfern­ten Kinder­gar­ten sitzen. Wenn es noch eine Szene gebraucht hat, um das Corona-Jahr 2020 zu illus­trie­ren: Hier ist sie.

Unter norma­len Umstän­den wäre das Christ­kind — eine Darstel­le­rin im weißen Kleid — zur Eröff­nung seiner sogenann­ten Weihnachts­post­fi­lia­le am Freitag in Engels­kir­chen von Kindern mit Wunsch­zet­teln in der Hand umwuselt worden. Diesmal ist alles anders. Die Schreib­stu­be selbst gibt es bereits seit 1985. Einge­rich­tet wurde sie, weil bei der Post Briefe auftauch­ten, die «An das Christ­kind bei den Engeln» adres­siert waren. Um die Absen­der nicht zu enttäu­schen, werden Jahr für Jahr Tausen­de Zuschrif­ten beantwortet.

Am Freitag, am ersten Arbeits­tag des Christ­kin­des, sind schon wieder rund 10 000 Briefe einge­tru­delt. Eine erste Sichtung ergibt: Auch darin spielt Corona eine Rolle. «Mach das Virus weg», wünscht sich etwa Noah, dessen Oma den Text geschrie­ben hat. Ein weite­rer Noah hofft, «dass wir trotz Corona mit der Familie feiern dürfen». Ein Samuel ist ganz abgeklärt: «Ich weiß, dass auch dieses Jahr viel zu tun hast, beson­ders 2020. Wegen dem Corona-Virus schrei­be ich Dir jetzt schon.»

Alle Briefe, die bis zum 21. Dezem­ber geschickt werden, werden auch beant­wor­tet. Dafür trägt das Christ­kind gemein­sam mit 16 Helfe­rin­nen Sorge. «Wir freuen uns wirklich das ganze Jahr darauf, wenn es los geht», sagte eine von ihnen, Steffi Renner. Sie macht den Job schon 16 Jahre lang. «Es ist schon irgend­wo immer wieder neu.» Zum Teil arbei­tet das Team nun im Homeof­fice. Alle Briefe werden geöff­net, gelesen und beant­wor­tet. Dafür gibt es einen vorfor­mu­lier­ten Brief, aber auch die Möglich­keit, indivi­du­el­le Zeilen zu schreiben.

Konkret auf die Corona-Pande­mie einge­hen wird das Christ­kind gleich­wohl nicht. «Wir gehen auf diese tages­ak­tu­el­len Dinge nicht ein», erklärt eine Spreche­rin der Post. «Wir halten das bewusst relativ allge­mein. Das ist dann doch die Sache der Eltern.» Das Christ­kind werde danken, von sich und den Engeln erzäh­len. Es kann in mehre­ren Sprachen antwor­ten, da auch Briefe aus dem Ausland kommen.

In den Wunsch­zet­teln geht es aber natür­lich nicht nur um Corona. Vielmehr finden sich auch ganz klassi­sche Wünsche: Ein Puppen­stuhl, ein Rätsel­buch, ein großer Teddy oder Reitun­ter­richt. Hier und da wird es auch recht eigen­wil­lig, etwa bei Michel­le, die sich eine Nagel­lack­ma­schi­ne wünscht. Oder bei Adrija­na, die «ein echtes Pony» möchte. «Das kann man aus dem Inter­net kaufen.» Sie bietet zudem an, ihr ganzes Taschen­geld zuzuschie­ßen. Auf einem Wunsch­zet­tel ist von einer «Makita VC 2512L» zu lesen, wobei es sich nach Recher­chen der Post um einen Nass-Trocken­sau­ger handeln soll. Nach dem ersten Eindruck fallen die Wünsche in diesem Jahr aller­dings durch­aus beschei­den aus.

Engels­kir­chen ist eine von mehre­ren sogenann­ten Weihnachts­post­fi­lia­len in Deutsch­land. Weite­re gibt es etwa in Himmel­stadt oder Himmel­pfor­ten — Orte, deren Name einen guten Draht nach oben nahelegen.